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Das teure Erbe

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Die Bundesregierung übernimmt ein schweres budgetpolitisches Erbe“, stellte am 27. Aprü 1970 der eben zum Kanzler gewählte Bruno Kreisky in seiner ersten Regierungserklärung fest. Sein Finanzminister Hannes Androsch konkretisierte ein halbes Jahr später in seiner ersten Budgetrede dieses Erbe:

Ein Haushaltsdefizit von neun Milliarden Schilling und Staatsschulden von 48 Milliarden, die für Zinsen und Rückzahlung Budgetausgaben von rund 8 Milliarden erforderten (alle Zahlen aus dem letzten ÖVP-Budget). Kreisky damals: „Es wird daher vordringliche Aufgabe sein, den Bundeshaushalt etappenweise zu konsolidieren.“

Das Erbe, das die Regierung Bruno Kreisky (möglicherweise sich selbst) hinterläßt, wurde ebenfalls von Hannes Androsch dargestellt - in seiner neunten und vermutlich letzten Budgetrede:

Ein Haushaltsdefizit von 50 Milliarden (nach allen bisherigen Erfahrungen werden es im

Rechnungsabschluß wohl noch einige Müliarden mehr sein) und Staatsschulden von 232 Milliarden.

In den vom Vizekanzler in seiner Budgetrede selbst verwendeten Verhältniszahlen ausgedrückt: In Relation zu den Staatsausgaben verfünffachte sich das Nettodefizit (der Maßstab für die Neuverschuldung) seit 1970, für die Abdeckung der Staatsschulden wäre 1979 bereits ein Viertel der Wertschöpfung unserer Volkswirtschaft (des Brutto-nationalprodukts) erforderlich, wogegen 1970 dafür noch ein Achtel ausgereicht hätte.

Daß in diesen Zahlen auch der Konjunktureinbruch der letzten Jahre und die dadurch notwendig gewordene expansive Budgetpolitik zum Ausdruck kommt, sei unbestritten. Es kommt in ihnen allerdings auch die Leicht(fer)tig-keit der ersten fetten Jahre dieser Regierung zum Ausdruck, mit der man im Uberschwang sozialistischer Gefühle das Füllhorn ziemlich undifferenziert über Arm und Reich goß.

Unter dem Druck oder zumindest Eindruck warnender Budgetstudien (des Beirats für Wirtschafts- und Sozialfragen wie des Leiters des Wirtschaftsforschungsinstituts) und von der eigenen Sachkenntnis geleitet, hat sich Androsch heuer sicherlich redlich bemüht sein Budgeterbe zu ordnen. Tendenziell richtige Maßnahmen wie die Reduzierung der Sparförderung und der Subventionen, Einsparungen bei den Schulbüchern und den Schulfreifahrten (warum erst jetzt?), die Erhöhung der Mineralölsteuer und der Post- und Bahntarife können indes nicht verdecken, daß in einem Wahljahrbudget kein Platz für Blut und Tränen ist.

Ebensowenig wie die immer wieder herausgestrichene günstige Position Österreichs die nächste Regierung der Notwendigkeit enthebt, sich zur Begrüßung mit einer echten Sanierung des Budgets unbeliebt zu machen. HANS PETER HALOUSKA

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