Budget: Milliarden ohne Rückzahlplan

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Angesichts der Krise entgleisen die Staatsfinanzen. Doch nicht die tiefroten Zahlen sind die Überraschung der ersten Budgetrede Josef Prölls. Vielmehr, dass die Pläne der Regierung für die notwendigen Einsparungen fehlen. Die geplanten Kürzungen im Beamtenbereich haben jedenfalls geringe Erfolgsaussichten. Daran scheiterten schon viele Regierungen.

Jeder Krise ihre Dramatik: "Angesichts der schwersten Wirtschaftskrise seit den 50er Jahren", sagte Wolfgang Schüssel (ÖVP), "wird die EG-Mitgliedschaft Österreichs zur Überlebensfrage". Das war 1993. An die Krise von damals kann sich heute kaum noch jemand erinnern. Doch die Zahlen beeindrucken. 1994 erreichte die Neuverschuldung Österreichs 4,8 Prozent des BIP, 1995 5,8 Prozent.

Am Dienstag saß Wolfgang Schüssel als Abgeordneter im Parlament und hörte andächtig 1993er-Vokabular aus dem Mund seines Parteichefs: "Angesichts der schwersten Wirtschaftskrise seit 80 Jahren", rief Finanzminister Josef Pröll ins Plenum des Nationalrates, "schlägt die Stunde der Wahrheit". So begann der im Vorfeld zur "Blut Schweiß und Tränen"-Rede aufgebaute Budget-Vortrag des Josef Pröll.

Es werde eine dramatisch höhere Arbeitslosigkeit geben, weniger Steuereinnahmen, mehr Ausgaben, eine Neuverschuldung von 4,7 Prozent in den drei kommenden Jahren und eine explodierende Gesamtstaatsverschuldung bis zu 78 Prozent des BIP. Die Einhaltung der EURO-Stabilitätskriterien ist bis nach 2013 ausgeschlossen.

Angesichts solcher Daten hatten Experten drastische Einsparungsmaßnahmen in der Staatsverwaltung und den Ministerienbudgets erwartet. Doch stattdessen spricht der Finanzminister viel und ausführlich über das Ausgeben von Milliarden Euro. "Blut, Schweiß und Tränen" rinnen da nicht. Bezeichnend: In dem 39 Seiten umfassenden Text findet sich 37-mal das Wort "mehr", aber nur fünfmal das Wort "weniger". So ist es auch: Ein einziges Ressort, das Verteidigungsministerium, muss mit rund 60 Millionen Euro weniger auskommen. Alle anderen bekommen mehr Geld als 2008.

Entsprechend beunruhigt sind Experten über das Vorgetragene. Bernhard Felderer, Chef des IHS und des Staatsschuldenausschusses, und Ex-Staatssekretär Johannes Ditz fordern unisono rigorose Defizitbekämpfung ab 2011.

Braucht die Republik dazu wirklich keine neuen Steuern, wie Pröll verspricht - vor allem keine neuen Steuern für Vermögende, wie großen Teile der SPÖ, die Katholische Aktion Österreichs und die Volkshilfe fordern? Pröll sagt nein: "Die entscheidende Frage ist nicht:, Wer zahlt für die Krise?', sondern:, Wie können wir die Krise schnell überwinden?'" WKÖ-Präsident Christoph Leitl beharrt allerdings auch nach Prölls Auftritt auf seiner Forderung nach einer Aktien-Transaktionssteuer: "Ich bleibe bei meinem Vorschlag."

Wackelnde Einsparungen

Der Finanzminister setzt dagegen ausschließlich auf Einsparungen im Verwaltungsbereich; "wenn, wann nicht jetzt", wie er meint - insgesamt 1.820 Planstellen weniger sollen es werden. Ausgenommen davon sind Polizisten und Lehrer. Der Wermutstropfen: An ähnlichen Plänen scheiterten Regierungen seit den frühen 90er Jahren. Warum also sollte es Pröll schaffen? Das vor allem angesichts einer Einigung über das Bildungsbudget, das wenig mehr gebracht hat, als Teile des Schuldenlochs um ein Jahr zu verschieben.

"Wenn so auch die nächsten Einsparungen aussehen, dann wird er es schwer haben, seine Pläne zu halten", sagt der Politologe Thomas Hofer. Dass der Weg zur Verwaltungseinsparung steinig wird, zeigen auch schon die ersten Reaktionen von Beamtenseite.

Gerade die Polizeigewerkschaft, die sich laut Budget über 1.000 neue Dienststellen freuen sollte, protestierte als erste. "Dieses Budget wird sicher nicht reichen", protestiert Hermann Greylinger, Chef der Polizeigewerkschaft. Mit den vorgesehenen 108 Millionen ließen sich die neuen Dienstposten nicht finanzieren.

Die ebenfalls betroffenen Richter sind mit dem Vorschlag zum Justizbudget extrem unzufrieden: Werner Zinkl, Chef der Richtervereinigung, sieht höhere Verfahrensgebühren und für die Richter mehr Arbeit und damit längere Wartezeiten.

Die tobende Opposition

Angesichts der ersten Reaktionen aus der Verwaltung ergänzte das Wirtschaftsforschungsinstitut sein grundsätzliches Lob für das Budget noch durch die Hoffnung, die Krise möge zu "mehr Reformbereitschaft führen".

Zumindest auf politische Eintracht in der Krise - darauf braucht die Regierung nicht zu hoffen. Seit der Budgetrede überschlagen sich die Oppositionsparteien förmlich in ihrer Kritik, von "Mogelpackung" (Grüne) bis "budgetärer Blindflug" (BZÖ) reichen die Abqualifizierungen.

Tatsächlich ist es um die Verlässlichkeit von Budgetzahlen oft schlecht bestellt. Sollte die Arbeitslosigkeit etwa höher ausfallen als erwartet, würde das die Staatsausgaben automatisch sprengen. Es wäre nicht der erste Fall: Nach den "Krisenjahren" 1992/1993 überzogen die Regierungen bis 1996 das in den Budgetreden präsentierten Schuldenziel um mindestens 20 Prozent.

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