Aus Reichensteuer mach Budgetloch-Steuer

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Die Steuerdebatte, die nun auch zunehmend in der Volkspartei für Unruhe sorgt, trägt weniger Anzeichen von Klassenkampf und Revolte als von der heraufdämmernden Budgetnot der Regierung

Ganze sechs Wochen hat es gedauert, bis das Thema auch unter den Proponenten der politischen Harmonie Österreichs Misstöne auslöste. Am Dienstag war es so weit. Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) und Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) traten nach dem Ministerrat vor die Presse, und siehe da: Faymann, sonst immer im argumentativen Gleichschritt mit seinem VP-Vizekanzler gegen die "Steuer gegen Häuslbauer", vernahm sich plötzlich neu gestimmt: Nach den Worten Faymanns ist die "Steuergerechtigkeit" in Österreich nicht gegeben, die Frage demnach "offen".

Erstaunen auf der Seite des Vizekanzlers, der die Debatte über Steuererhöhungen mittlerweile als "stabilitätsgefährdend" für das Land sieht, sich aber selben Tags in heute zitieren ließ: "Risiko-Geschäfte werden neu besteuert".

Also doch Steuern? Unumstritten scheint innerhalb der Koalition seit Wochen lediglich, was die heimische Politik ohnehin auf die europäische Ebene schieben will: die Besteuerung von Spekulationsgewinnen.

Hoch umstritten ist dagegen die seit Wochen diskutierte Erhöhung der Vermögenssteuer für "Reiche". Trotz hoher Steuerquote liegt gerade die Vermögenssteuer weit unter dem internationalen OECD-Schnitt.

In dieser Debatte mangelt es derzeit vor allem an einer klaren Definition der Zielgruppe - wer ist also gemeint: Häuslbauer und/oder nur schwer reiche Unternehmer, Spekulanten, Bankiers? Für Letztere bringt die Politik jedenfalls deutlich weniger Mitleid auf als für den landläufigen Ziegel schupfenden Familienvater. Mehrere ÖVP-Politiker halten die Allerreichsten durchaus für geeignete Steueropfer. So etwa Oberösterreichs Landeshauptmann Pühringer oder Tirols Günther Platter.

Naturgemäß stößt das alles bei sehr vermögenden Österreichern, die sich auf jeden Fall angesprochen fühlen müssen, auf wenig Gegenliebe. Doch ob der Industrielle Hannes Androsch tatsächlich den von ihm beratenen Bundeskanzler überzeugen kann, ist fraglich.

Dem Vernehmen nach ist die SPÖ-Steuergruppe, die Montag zum ersten Mal zusammentrat, gar nicht der Meinung Androschs, dass Reichtum und Steuerschonung einander bedingen würden. Nein, ein Blick auf die SPÖ-Forderungen zur AK-Wahl reicht, um das Gegenteil zu konstatieren: Da werden allein schon vier bis sechs neue Steuern gefordert. Die schwierigste Position innerhalb der Regierung hat aber zweifellos Josef Pröll inne. Dem Finanzminister müsste eigentlich seit seiner Budgetrede vergangene Woche schwanen, dass das dramatische Defizit nicht nur auf Basis von Einsparungen wieder in Griff zu bekommen sein wird.

Quatsch-Signale

Zumindest Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner scheint das im Standard erkennen zu wollen: "Zur Sanierung des Budgets werden wir auch neue Einnahmen brauchen." Die Reaktion VP-Chefs auf diese und andere Wortspenden war dem Ärger entsprechend rüde. Doch die "Quatsch-Signale" (Pröll) werden sich nicht vertreiben lassen, wenn man schon bei kleineren Problemen keine Lösung weiß: Etwa wie der Bundesimmobiliengesellschaft jene 240 Millionen Euro Miete refinanziert werden sollen, die den Schulen großzügig gestundet wurden.

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