Auf der Summer Stage

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Bundeskanzler Werner Faymann und seine SPÖ rücken deutlich nach links, die ÖVP weiß offenbar nicht recht, was sie davon halten soll. Die kommenden Landtagswahlen bestimmen die bundespolitische Agenda.

War es Werner Faymann anfangs „genug gestritten“, so postuliert er nunmehr „Zeit für Gerechtigkeit“ – also etwas, über das sich trefflich streiten ließe und über das ernsthaft zu debattieren sich wahrlich lohnte. Im Kern ginge es dabei um die Frage, ob nicht vieles, was landläufig als „sozial gerecht“ gilt, eher unter Besitzstandwahrung der beati possidentes zulasten der Nicht-Privilegierten und – vor allem – der künftigen Generationen zu verbuchen wäre.

Aber darüber wird natürlich nicht geredet. Denn im Prinzip findet auch die ÖVP, dass „genug gestritten“ ist. Sie scheint derzeit nicht fähig oder willens, so etwas wie einen bürgerlich-liberalen Gegenentwurf zur Sozialdemokratie vorzulegen, ein eigenes Konzept von sozialer Gerechtigkeit zu entwickeln, geschweige denn dieses in konkrete Politik zu gießen. Vielmehr dürfte sie sich prächtig in der Großen Koalition arrangiert haben und damit begnügen, in der Rolle des Zweiten dem Ersten das eine oder andere taktische Foul beizubringen. Vielleicht kann man damit ja sogar Wahlen gewinnen – aber dass da jemand Politik machen will, lässt sich nicht ausmachen.

Worthülsen und Duftmarken

Mindestsicherung gegen Transparenzdatenbank, Gesamtschule gegen Studieneingangsphase, ORF-Gebührenrefundierung gegen erweiterte Befugnisse der Medienbehörde: Da werden von beiden Seiten Worthülsen ausgetauscht, Duftmarken für die je eigene Klientel gesetzt.

„Es ist immer dieselbe Attitüde, doch dahinter bleibt das Nichts“, sagte Johannes Voggenhuber dieser Tage gegenüber dem Standard. Sein Befund galt der eigenen Partei, den Grünen, aber er lässt sich problemlos auf die österreichische Innenpolitik als Ganzes übertragen.

Zu konstatieren ist eine Verländerung der Bundespolitik, was die Qualität und Relevanz der politischen Auseinandersetzung betrifft (für jene, die darin einen Ausfluss von Wiener Hochmut gegenüber den Bundesländern zu erkennen vermeinen: Auch Wien zählt zu den Ländern). Dazu passt, dass, natürlich entgegen allen Beteuerungen, die Landtagswahlen dieses Jahres die bundespolitische Agenda dominieren.

Die Aufwärmrunde im Burgenland ist vorbei, die Wahl geschlagen, die SPÖ auch – aber nur ein bisschen, und Werner Faymann hat schon recht, wenn er sagt, es soll ihm nichts Ärgeres passieren, als dass er ein Wahlergebnis von 48 Prozent erklären muss. Das wird ihm nämlich sicher im Herbst, nach den Urnengängen in der Steiermark und in Wien, nicht erspart bleiben.

In der Steiermark droht gar der Verlust der zuletzt durch eine für die SPÖ glückliche Fügung (Küss’ die ’and, Gräfin Herberstein) errungenen Macht. Immerhin hat Faymann Landeshauptmann Voves die Freude gemacht, weitgehend auf dessen sozialpopulistische Linie („aussi mit’n Gel aus die Haar’“) einzuschwenken. Eine Niederlage in der Steiermark kann Faymann – und vor allem Michael Häupl, so knapp vor der Wiener Wahl – brauchen wie einen Kropf. Umgekehrt wäre die Rückeroberung des einstigen schwarzen Kernlandes für die ÖVP von hoher symbolischer Bedeutung.

Faymann, Häupl und die Basis

Im Falle Wiens stellt sich die Frage, welche Vorstellung Werner Faymann mehr schlaflose Nächte bereitet: ein dramatischer Absturz der Wiener SPÖ oder ein durch maßvolle Verluste einigermaßen gestärkter und selbstsicherer Michael Häupl – der gerne erklärt, zwischen ihn und den Bundesparteivorsitzenden passe kein Blatt Papier … Dank eines beispiellosen Mitteleinsatzes und der Befindlichkeit der Oppositionsparteien erscheint das zweite Szenario im Moment als wahrscheinlicher.

Jetzt aber wird erst einmal Werner Faymann als Parteivorsitzender wiedergewählt. Beim Bundesparteitag in Vösendorf an diesem Samstag wird sich der Bundeskanzler kämpferisch geben und von der von seinem Vorgänger so geliebten Basis für seine „Gerechtigkeits“-Kampagne viel Zuspruch erhalten. „Schärferes Profil“ heißt das dann. Das könnten andere auch brauchen …

* rudolf.mitloehner@furche.at

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