Die Dinge wiederholen sich

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Nach den Landtagswahlen ist vor den Landtagswahlen -aber eigentlich geht es gar nicht um Landtagswahlen, sondern um die Zukunft des politischen Systems.

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Nach den Landtagswahlen ist vor den Landtagswahlen -aber eigentlich geht es gar nicht um Landtagswahlen, sondern um die Zukunft des politischen Systems.

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Also sprach Werner Faymann: "Reformen, die das Land braucht, sind durchzuführen." Der Kanzler als Staatsmann, der, gelegen oder ungelegen, mit klarem Blick und sicherer Hand das Notwendige umsetzt. Lacht da wer? Der Vorsitzende jener Partei, die zumindest seit zwei Jahrzehnten unter "Reform" nur noch Machterhalt mittels "Brot &Spiele" versteht, wirft sich angesichts verheerender Wahlniederlagen in zwei Bundesländern in Pose und markiert den unerschrockenen Reformer.

Kaum besser Reinhold Mitterlehner: "Bessere Einbindung (gemeint wohl des Wahlvolks; Anm.), bessere Kommunikation" seien jetzt gefordert, so der Vizekanzler. Lacht da wer? Die gebotene Politik sei von den Inhalten her schon richtig, aber man müsse sie künftig besser erklären, vermitteln So hat es seit den Siebzigerjahren noch nach jeder Wahlniederlage der ÖVP -völlig folgenlos - getönt.

Nun, so richtig Grund zum Lachen hat nur die FPÖ. Bei allen anderen, selbst bei abgebrühten Politbeobachtern, dürfte das Lachen etwas Verzweifeltes an sich haben. Zum Verzweifeln ist insbesondere die Kritik-und Veränderungsresistenz des Systems und der dieses tragenden Repräsentanten.

Wollen sie alle nur spielen?

Ob Werner Faymann nun bald sein Büro räumen wird müssen oder der "Django-Effekt" in der ÖVP schon wieder nachlässt, bevor er noch so richtig zum Tragen gekommen ist (jedenfalls außerhalb der politmedialen Blase), sind Fragen für Aficionados. Die entscheidende Frage ist, ob hier noch jemand Politik machen will und kann, die auch mehrheitsfähig ist. Um gleich auf die vordergründig nächstliegende Antwort einzugehen: Die Erfahrungen der jüngeren Geschichte legen die Vermutung nahe, dass auch die FPÖ nur spielen will. Vielleicht nicht alle, aber die treibenden Kräfte.

Zum Gefüge der Republik gehört auch ein Teil der Medien mit dem ORF an der Spitze. Wenn TV-Chefredakteur Fritz Dittlbacher allen Ernstes in der Errichtung von "Zeltstädten" für Migranten einen Grund für die freiheitlichen Gewinne sieht, so verwechselt er Symptome und Ursachen. Da nicht anzunehmen ist, dass er es nicht besser weiß, muss man ihm wohl ideologisch fundierte Absicht unterstellen. Nicht die sogenannten "Zeltstädte" ("wo es um acht 12er-Planen ging", wie Hubert Patterer zurecht in der Presse am Sonntag relativierte) sind das Problem, sondern die Migrationsbewegungen aus den Kriegsund Elendsregionen dieser Welt Richtung Europa.

"Wahltag ist Zahltag" gilt mehr denn je

Man kann diese Bewegungen nicht, wie es oft geschieht, mit den Ereignissen von 1956/Ungarn und 1968/Tschechoslowakei vergleichen -nicht vom kulturellen und sozialen Aspekt her, und auch nicht vom quantitativen (wobei es ja nicht nur um die aktuellen Zahlen geht, sondern vor allem darum, dass es keinerlei Perspektiven für eine Trendumkehr gibt -Experten nehmen im Gegenteil eine dramatische Zunahme der Migration an).

Hat natürlich mit den Landtagswahlen nichts zu tun -aber die Menschen unterscheiden nur sehr bedingt zwischen den einzelnen politischen Ebenen. Mehr denn je stimmt: Wahltag ist Zahltag. Man kann annehmen, dass dies nicht nur für das Unbehagen an der Asyl-und Zuwanderungspolitik, sondern auch für andere Bereiche gilt. Zumal die ÖVP dürfte hier ein gröberes Problem haben: Die Flanke, welche die "Mitterlehner-ÖVP" in Richtung NEOS geschlossen hat, wie ihr (nicht nur wohlmeinende) Kommentatoren und Beobachter bescheinigen, ist mit Sicherheit um einiges kleiner, als jene, welche sich in Richtung FPÖ öffnet (wovon freilich kaum jemand spricht).

Wir stehen ungefähr wieder dort, wo wir 1999 waren. Aber mit Karl Marx wissen wir, dass sich die Ereignisse "das andre Mal als lumpige Farce" wiederholen.

rudolf.mitloehner@furche.at

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