Politik mit richtigem Instinkt

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Dank Finanzminister Josef Pröll hat Wiens Bürgermeister Michael Häupl eine Sorge weniger. Wie das?

Pröll hat, keineswegs überraschend, ein Paket gegen Steuer- und Sozialbetrug vorgelegt. Und er hat damit Häupls Gegner HC Strache in dessen aggressiver Kampftechnik die schon unter Vorgänger Jörg Haider wirksamste Waffe aus der Hand geschlagen: den ständigen Verweis auf die Faulen, die Schmarotzer und die Abkassierer. Gegen deren Unverfrorenheit, so die FPÖ, könnten sich die Fleißigen und Redlichen nur mehr mit einem Votum für die Freiheitlichen zur Wehr setzen.

Dieser plumpe Prügel kullert vor Straches Füßen am Theaterboden herum. Der FPÖ-Chef ist trotz Frühstarts in den Wahlkampf um Wien etwas schweigsam, man ist versucht, zu sagen: schmähstad.

Der Vorgang macht Bürgermeister Häupl das Wahlkampfleben etwas leichter, doch die Beweggründe für Prölls Strategie haben wenig mit Wien zu tun. Sie wurzeln tiefer als in einem flotten Konter auf flachen Populismus.

Was, bitte, wird eigentlich gespart?

Spanien tut es, in England wurde es angekündigt, in Italien gar beschlossen: Sparen. In Griechenland ist es ohnedies Gebot der Stunde, jetzt auch in Österreich. Es wird gespart. Da drängt sich die Frage auf: Was, bitte sehr, wird gespart? Welche Beträge, welche Kosten? Für welches Sparziel kommen dann die Beträge auf die hohe Kante? Wie hoch sind die Zinsen?

Fragen über Fragen, die ohne Antwort bleiben und aufzeigen, dass eine alte Lüge mit einer neuen behoben werden soll. Wir sparen nichts, wir können kein Geld sparen, das wir nicht haben. Kein einziger Euro wird angelegt.

Was sich als Sparen darstellt, ist die klare Festlegung der Bundesregierung, Geld, das sie nicht hat, nicht auszugeben. Es werden Projekte gestrichen, Förderungen gekürzt, Zuwendungen eingefroren, Zuwächse abgesagt, Leistungen gekürzt. Das ist der Sparkurs.

Wie ein Blick in die Unterlagen zum Bundesfinanzrahmen 2011–2014 zeigt, ist das noch immer teuer: Selbst bei striktem Einfrieren der Ausgabendynamik in den meisten Bereichen wird die öffentliche Verschuldung Österreichs – gemessen am Bruttoinlandsprodukt – von derzeit 66,5 Prozent bis zum Jahr 2014 auf 74,2 Prozent ansteigen. Zur Erinnerung: Als der Euro eingeführt und zu dessen Stabilität die Maastricht-Kriterien beschlossen wurden, einigte man sich auf eine Verschuldungsgrenze von 60 Prozent. Diese Marke hat Europa hinter sich gelassen.

Vertrauen wiederherstellten

Soll der Pröll’sche Plan zur Sanierung der Staatsfinanzen, gegossen in die Paragrafen des Bundesfinanzrahmengesetzes, gelingen, muss Pröll zuerst sein Paket gegen Steuer- und Sozialbetrug zustellen, sprich: wirksam werden lassen. Denn nur dieser erste Schritt ergibt, was für den Sparkurs die Voraussetzung ist: das Vertrauen der Steuerzahler in eine korrekte Führung der Staatskasse.

Das hat ja stark gelitten. Um ein Beispiel anhand der Causa Meischberger zu geben: Alleine der Umstand, dass eine in Österreich ansässige Immobilienfirma einem in Österreich ansässigen Geschäftsmann für ein in Österreich getätigtes Geschäft das Honorar in Millionenhöhe auf eine Bank in Zypern überweist, ist atemberaubend. Ist geeignet, das Vertrauen in die Integrität und Korrektheit dieser Geschäftsleute und aller Beteiligen, von Juristen bis zu Behörden, tief zu erschüttern. Es ging nur um eines: Steuern hinterziehen.

Wer dafür die Gesetze geschaffen, wer daran mitgewirkt, wer dies zugelassen hat, der braucht niemandem über irgendein Fehlverhalten einen Vorwurf zu machen. An dieser Bruchstelle des Vertrauens hat Pröll sein Paket – auch dabei politisch instinktsicher – zugestellt. Es muss wirken. Es ist die Voraussetzung für jene Maßnahmen, die zur Sanierung der strapazierten staatlichen Finanzen nötig sind. Denn auf diese kommen, siehe etwa die Pflegethematik, neue Probleme zu.

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