Einfacher steuern - Einfach-Steuer

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Nein zu einem Steuersystem, in dem sich nur mehr Profis zurechtfinden. Ja zu einem einheitlichen Steuersatz.

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Nein zu einem Steuersystem, in dem sich nur mehr Profis zurechtfinden. Ja zu einem einheitlichen Steuersatz.

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Vom derzeitigen Steuersystem profitieren diejenigen, die sich's richten können, die "Steuerprofis". Große Konzerne - oder "die Reichen" - nützen die legalen, aber schwer aufzufindenden Schlupflöcher des Systems und zahlen immer weniger Steuern. "Die Kleinen" haben diese Möglichkeiten nicht.

Die Berechnungen der Lohn- und Einkommensteuer sind so kompliziert geworden, daß sie die Wirtschaft und die Bürger jährlich Milliarden kosten. Schattenwirtschaft, Pfusch und Steuerhinterziehung nehmen - nicht zuletzt auch deshalb - rapid zu. Insbesondere der Mittelstand, die Gewerbetreibenden und die Konsumenten machen immer öfter von diesen illegalen Notwehraktionen Gebrauch. Aber auch die mit polizeistaatlichen Methoden durchgeführten Razzien der Finanz - wie etwa beim Bier - sind Symptome eines kranken Systems, das sich auch in Zahlen niederschlägt: 1997 haben die Österreicher 44,8 Prozent des von ihnen erwirtschafteten Bruttoinlandsproduktes (BIP) gleich wieder in Form von Steuern, Abgaben und Sozialbeiträgen abgeführt. Das ist der höchste Beitrag in der Zweiten Republik. Die Staatsquote ist noch höher, sie liegt inzwischen bereits bei 52 Prozent!

Aber: Steuer- und Abgabenhöhe sind im internationalen Standortwettbewerb für Investitionen und somit für die Entwicklung der Arbeitsmärkte ein wichtiger Wettbewerbsfaktor. Hohe Steuern und Abgaben vernichten Arbeitsplätze. Die steuerlichen Anreize sind neben der Infrastruktur, dem Bildungswesen bzw. qualifizierten Arbeitskräften das wichtigste wirtschaftspolitische Instrumentarium zur erfolgreichen Standort- und Arbeitsmarktpolitik.

Daher habe ich bereits im Frühsommer dieses Jahres ein radikales Umdenken auf Bundesebene vorgeschlagen: Ein Einfach-Steuer-Modell, das jedoch im wesentlichen den Prinzipien der Flat tax entspricht. Warum dann ein eigener Begriff? Um der inzwischen auch ideologisch, populistisch und polemisch besetzten Diskussion um die Flat tax zu entgehen, und um in einem sachlichen Klima auch mitteleuropäische bzw. österreichische Adaptierungen an dieser Idee vornehmen zu können. Um als Wahlkampfthema mißbraucht zu werden - wie es mancherorts passiert -, ist mir dieses Thema offen gestanden zu wertvoll und zu wichtig.

Der Kern ist jedenfalls klar: * ein einheitlicher Steuersatz zwischen 19 und 24 Prozent für alle Einkommen, egal ob aus selbständiger oder unselbständiger Tätigkeit; * keine Steuerabsetzbeträge mehr, sodaß die Steuererklärung von Unternehmen, aber auch von jedem einzelnen Staatsbürger auf einem A4-Blatt Platz hat; * für sozial Benachteiligte werden großzügige Freibeträge eingeführt. Auch die Frage des Mindesteinkommens sollte dabei mitgelöst werden.

Das mögliche Berechnungsbeispiel für Arbeitnehmer: Jahreseinkommen (aus Löhnen, Gehältern) plus Arbeitgeberanteil für Pensionseinzahlungen minus Anteil an Wohnungskosten (maximal rund S 60.000,- im Jahr) minus Freibetrag (für Familie mit zwei Kindern etwa S 300.000,- im Jahr). Der Betrag darüber wird mit einem einheitlichen Steuersatz zwischen 19 und 24 Prozent besteuert.

Das mögliche Berechnungsbeispiel für Unternehmungen: Jahresumsatz (Erlöse) minus "erlaubte" Kosten (Personalkosten, Investitionskosten) = Basis der Steuerberechnung des Unternehmens.

Zum Grundsatz: Die Einfach-Steuer erlaubt keine Steuerfrei-, Absetz- oder Investitionsbeträge irgendwelcher Natur. Es entstehen dadurch keine komplexen Steuererklärungen, keine Kosten für Steuerminimierungskonzepte und keine großen Zeitverluste bei den Berechnungen. Der Unternehmer kann seine Steuererklärung selbst ausfüllen, und diese hat auf einem A4-Blatt Platz. Es gibt auch keine Abschreibungen mehr. Die Investitionskosten werden direkt steuerminimierend wirksam und erlauben dem Unternehmen eine größere Liquiditätswahrheit als beim derzeitigen System.

Die Vorteile der Einfach-Steuer: Einfache Berechnung der Steuerlast. Unternehmungen können wieder selbst ihre Steuererklärung ausfüllen. Große Unternehmen, die in den letzten Jahren große Anstrengungen zur Steuerminimierung unternommen haben, zahlen jetzt wieder mehr Steuer. Ein Beispiel aus Deutschland: Die größten Unternehmungen Deutschlands zahlten 1990 noch 41 Milliarden DM an Steuern, 1996 waren es nur noch sechs Milliarden DM. Steuerfairness: Keine Doppelbesteuerung mehr, Zeitersparnis, wenig Formulare, Mehreinnahmen für den Staat sind möglich. Die Reichsten zahlen auch am meisten. Wegfall von Absetz- und Freibeträgen aller Art.

Nachteile der "Einfach-Steuer": Freisetzung hunderter Finanzbeamter. Steuerberater verzeichnen weniger Aufträge - und können sich wieder mehr auf ihre treuhänderische Tätigkeit konzentrieren.

Ein weiteres Herumdoktern und reine Schönheitskosmetik am aktuellen Steuersystem führen zu nichts und sind auch politisch überaus kontraproduktiv, weil letztlich ziellos.

Wenn die ÖVP auf Bundesebene mittlerweile auch ihre Wirtschaftskompetenz soweit reduziert hat, daß sie in dieser Kategorie hinter die SPÖ zu liegen kommt, würde meines Erachtens auch ein derart radikaler Vorschlag einer Einfach-Steuer zumindest nicht schädlich sein. Außerdem würde ein Innovations- und Reformgeist insbesondere der Bundes-ÖVP ganz gut tun.

In Absprache mit Landeshauptmann Waltraud Klasnic und dem Koordinator des "Modell Steiermark", der Denk- und Zukunftswerkstätte der Steirischen Volkspartei, Landesrat Gerhard Hirschmann, wird in jedem Fall eine Arbeitsgruppe unter Miteinbeziehung namhafter Experten und Persönlichkeiten, wie etwa Prof. Gerhard Lehner (WIFO), Ex-Finanzminister Hannes Androsch und Ex-Wirtschaftsminister Johannes Ditz, bis zum nächsten Jahr ein auch für die österreichischen Verhältnisse adaptiertes und detailliertes Modell vorlegen.

Der Autor ist Landesrat für Wirtschaftspolitik und Telekommunikation in der Landesregierung der Steiermark.

Zum Thema Der Debatte 1. Teil Wir sind in der mißlichen Lage, zur dieswöchigen Debatte nur einen einzigen Beitrag veröffentlichen zu können, während doch zu einer richtigen Debatte immer - mindestens - zwei gehören. So war es auch geplant: dem steirischen Wirtschaftslandesrat Herbert Paierl (ÖVP) sollte der Grünen-Bundessprecher Alexander Van der Bellen gegenüberstehen. Paierl hat sich in der Diskussion um die Steuerreform (entgegen dem mainstream in seiner Partei) für einen niedrigen Einheitssteuersatz (19 bis 24 Prozent) ausgesprochen - die Freiheitlichen haben einen im Kern gleichen Ansatz unter dem Titel "Flat tax" (flache Steuer) ins Spiel gebracht. Van der Bellen war von uns eingeladen, darzulegen, weswegen er eine solche Einheitssteuer für entbehrlich hält. Kurzfristig mußte Van der Bellen aus Termin-Gründen um Dispens ansuchen, er wird seinen Beitrag aber zu einem späteren Zeitpunkt nachreichen. Die Argumentation Paierls haben Sie dann sicher noch im Kopf oder, besser noch, Sie heben die Furche einfach auf und lesen nochmals nach.

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