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Pröll will freie Mehrheiten im Parlament

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Nach dem politischen Erdbeben des Wahlsonntags hat nun das Tauziehen um die Regierungsbildung begonnen.

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Nach dem politischen Erdbeben des Wahlsonntags hat nun das Tauziehen um die Regierungsbildung begonnen.

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Die Würfel sind gefallen, der Wähler hat entschieden (dazu auch Seite 2, 3 und 7). Und während die offizielle Linie von SPÖ wie ÖVP lautet „Große Koalition, aber mit tiefgreifenden Reformen“, wird in den Parteien heftigst um Erneuerungsschritte gerungen. Während sich in der SPÖ ein personeller Umbau der Parteizentrale und der Führung des Parlamentsklubs abzeichnet, prallen in der- Volkspartei die Meinungen aufeinander. Bereits vor der ÖVP-Vorstandssitzung am Dienstag schien klar, daß die Reformdebatte noch einige Zeit andauern wird.

Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll, stellvertretender ÖVP-Bundespar- teiobmann, skizziert im FüR-

CHE-Gespräch seine Vorgaben an eine Neuauflage der Großen Koalition: „Erstens darf es keine Koalition mehr geben, bei der die ÖVP die Zeche für die Reformträgheit der SPÖ bezahlt. Und zweitens muß jede Partei die Chance haben, ein eigenständiges Profil zu zeigen. Sollte es Gesetzesmaterien geben, auf die sich die Regierungspar-’ teien nicht einigen, müßte eine freie Mehrheitsbildung im Parlament möglich sein.“

Grundsätzlich plädiert Pröll für einen absoluten Neuanfang der Koalition in allen Sachbereichen: sämtliche in der vergangenen Legislaturperiode politisch akkordierten, aber noch nicht beschlossenen Reformvorhaben sollten neu verhandelt werden — also etwa auch die Bundesstaatsreform.

Natürlich würde dieser neue „Freiraum“ in der Koalition auch zu mehr Konflik ten beziehungsweise zu Verzögerungen in der Regierungs - arbeit führen, wovon wohl in erster Linie die Oppositionsparteien profitieren könnten, räumt Pröll ein: „Bei der jetzigen Ausgangslage ist die realistische Gefahr vorhanden, daß die FPÖ bei der nächsten Wahl die ÖVP überholt. Aber gerade das sollte für uns die Triebfeder für Erneuerungen sein.“

ÖAAB-Obmann Josef Höchtl wiederum wünscht sich im Gespräch mit der FURCHE - im Gegensatz zu Pröll - möglichst konkrete und definitive Festlegungen in einem etwaigen Koalitionsabkommen mit der SPÖ: „Sonst können wir ja den zögerlichen Bundeskanzler nie dazu zwingen, Reformen zu verwirklichen.“

Höchtl plädiert dafür, daß die ÖVP zunächst inhaltliche Reformen diskutieren sollte - allerdings müßte klar sein, daß zu einem späteren Zeitpunkt eine personelle Erneuerung folgen müßte: „Das ist wohl eine Binsenweisheit in der Politik, daß neue Inhalte nur durch enstprechend neue Personen glaubhaft repräsentiert werden können!“

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