Das abrupte Ende des fleißigen Willi

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Bei einem Parteitag im Dezember bestellt die Volkspartei Josef Pröll zum Nachfolger von Willi Molterer.

Rückblickend scheinen die Ursachen für die Niederlage der Volkspartei klar, ja logisch zu sein. Im Wesentlichen werden zwei Gründe genannt: Wilhelm Molterer hatte insgesamt zu wenig Zeit, um sich nach Vorgänger Wolfgang Schüssel eigenständig zu profilieren. Denn erst gegen Ende des Wahlkampfes sei allen klar geworden, welche bisher unentdeckten Qualitäten im „lieben Willi“, wie er im Parteivorstand gerufen wurde, stecken. Und die Partei ist ihm, zweite Ursache, zu schleppend in den Wahlkampf 2008 gefolgt. Dafür haben die Parteigranden seinen Rücktritt zum Wochenbeginn umgehend angenommen.

„Wir reden nicht mehr vom Wahlsonntag und der Niederlage, wir sprechen von neuen Realitäten“, sagte bereits Montag Vormittag einer der erfahrensten ÖVP-Politiker, der an das Netz hektischer Telefonate angeschlossen ist. Diese hatten bereits am Sonntag Nachmittag, als sich die Niederlage der Volkspartei abzuzeichnen begann, eingesetzt.

Thema der Gespräche via Handy: Was jetzt, wo aus dem angeblichen Kopf-an-Kopf-Rennen Molterer gegen Werner Faymann in Tat und Wahrheit ein veritabler Vorsprung für die SPÖ wurde?

Noch ehe das Innenministerium am Sonntag Abend das vorläufige Ergebnis bekannt gab, hatten Parteigranden sowie mächtige Freunde und Gönner der Volkspartei die Schlinge um Molterer schon zugezogen. Es werde, so machte es die Runde, sechs Rücktritte geben: In der Parteiführung jenen von Molterer und dessen Mentor Wolfgang Schüssel, in der Regierung jene der Minister Martin Bartenstein und Ursula Plassnik, in der Partei die im Generalsekretariat, nämlich von Hannes Misseton und Michaela Mojzis.

Wirklich gewährt wurde Molterer von den Herren des Parteivorstandes nur eine Bitte: Er dürfe die Entscheidung über seinen Rücktritt selbst treffen, die Wahl des Zeitpunktes selbst bestimmen. Womit er keine mehr hatte. Denn eine Regie hinter den Kulissen, bei der etwa Topleute des Wirtschaftsbundes die Fäden zogen, hatte schon längst willfährige Vollstrecker auserkoren, die im Parteivorstand eine Personaldebatte zu entzünden gehabt hätte, wäre Molterer dem nicht zuvor gekommen.

„Nach einer intensiven Diskussion mit mir selbst“ bot Molterer am Montag Abend dem nahezu vollzählig erschienenen, gesamt 42 Mitglieder umfassenden Bundesparteivorstand seinen Rücktritt zugunsten des Kronprinzen Josef Pröll an. Des Lobs und des Dankes, der Anerkennung für den Wahlkampf und sämtlicher Leistungen für die Volkspartei war kaum ein Ende. Bis man sich sehr rasch darauf einigte, Pröll bei einem außerordentlichen Bundesparteitag zum neuen Obmann der Bundespartei zu bestellen.

Der 40 Jahre alte Niederösterreicher Josef Pröll, Bauernbündler, leistete in der Volkspartei zuletzt die unbedankte Arbeit der Perspektivengruppe. Er hat sich stets für eine Öffnung und eine Modernisierung des Parteiprogrammes, insbesondere in gesellschaftspolitischer Hinsicht, ausgesprochen. Und er gilt als überzeugter Großkoalitionär und Verbindungsmann zur SPÖ, namentlich zu deren Kanzlerkandidaten Werner Faymann. Pröll könnte vielleicht eine rot-schwarze Regierung am Arbeiten halten, aber die Probleme in der Partei wären damit noch nicht gelöst.

Das Wahlprogramm war Ausdruck des Versuches der ÖVP, allen Wählerschichten zu entsprechen. Das kann heute kaum gelingen. Die ÖVP wird sich entscheiden müssen, wofür sie programmatisch steht. Das hat sie nach anderen Wahlniederlagen auch schon versucht. Doch die Rufe nach Reform verhallten stets ungehört. Bis zur jeweils nächsten Wahlniederlage.

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