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Neue Bomben

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Wird im Winterpalais des Prinzen Eugen — heute zum Finanzministerium „umfunktioniert“ — eine neue Budgetbombe vorbereitet? Ein Gleichbleiben der Budgetausgaben wäre „Wahnsinn“, kommentierte Androsch dieser Tage seine Budgetpläne. Im Etat gäbe es so viele Automatismen, welche eine Ausdehnung des Ausgabenrahmens um zehn bis zwölf Prozent unerläßlich erscheinen lassen.

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Wird im Winterpalais des Prinzen Eugen — heute zum Finanzministerium „umfunktioniert“ — eine neue Budgetbombe vorbereitet? Ein Gleichbleiben der Budgetausgaben wäre „Wahnsinn“, kommentierte Androsch dieser Tage seine Budgetpläne. Im Etat gäbe es so viele Automatismen, welche eine Ausdehnung des Ausgabenrahmens um zehn bis zwölf Prozent unerläßlich erscheinen lassen.

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Seit Jahren warnen besonnene Nationalökonomen vor dem Einbau immer neuer Automatismen in das Budget. Jetzt es es soweit, daß sie jeden Budgetrahmen sprengen, dem Finanzminister kaum noch Manövriermöglichkeiten lassen.

Wo aber bleiben auf der anderen Seite die Einsparungen, welche der Bundeskanzler vor kurzem bei der Budgetklausur auf dem Kahlenberg so feierlich angekündigt hat? Angesichts des schon vorhandenen enormen Budgetdefizits wären diese doch nur dann der Rede wert, wenn sie wenigstens die automatischen Mehrausgaben paralysierten. Die schon damals von diversen Kommentatoren ventilierten Befürchtungen, daß es sich nur um optische Reduktionen ohne konkrete Bedeutung handeln werde, scheinen sich zu bewahrheiten.

Wie wenig ernst es den einzelnen Ressorts mit dem Sparen ist, zeigt sich daran, daß die Realisierung ihrer kumulierten Budgetwünsche, wie verlautet, eine Steigerung des Budgetdefizits 1977 auf 70 Milliarden Schilling — gegenüber rund 40 Milliarden in diesem und dem vergangenen Jahr — mit sich brächte. Sogar das ohnehin mehr als bescheidene Personaleinsparungsziel Kreiskys von einem Prozent mit Hilfe einer nur teilweisen Ersetzung des natürlichen Abgangs wird ignoriert. Im Gegenteil, viele Mini-

sterien haben noch kräftig aufgestockt.

Allerdings — mit dem einen Prozent Personaleinsparung könnten wir annähernd auch nur ein Prozent des neuen Monsterdefizits einsparen. Für den Rest werden sich Kanzler und Ministerien doch etwas mehr einfallen lassen müssen. Androsch läßt die Muskeln spielen: Er werde das Defizit auf „nur“ 45 Milliarden herunterdrücken. Beobachter zeigen sich skeptisch: wird die „Sanierung“ im Budgetentwurf wieder dadurch erfolgen, daß die Ausgaben kräftig unter-, die Einnahmen kräftig überschätzt werden? Wird der Budgetabschluß dann doch jene „Horrorzahlen“ zutage fördern, welche durch Zahlenkosmetik im Präliminare wegretuschiert worden waren? Wir haben dieses makabre Spiel in den letzten Jahren schon einige Male erlebt.

Doch, gesetzt den Fall, es gelänge, die „Traumgrenze“ von 45 Milliarden Defizit tatsächlich zu erreichen; dann wäre noch lange nicht alles in Ordnung. Das Malheur besteht darin, daß jeweils das „Horrordefizit“ des einen Jahres im nächsten Jahr bereits als durchaus tragbare Norm gilt, deren Einhaltung als Optimum und budgetpolitische Glanzleistung dargestellt wird, und so die Staatsverschuldung im Raketentempo eskaliert, in einem einzigen Jahr nun schon bald das Ausmaß erreicht, wie das kumulierte Defizit eines Vier-

teljahrhunderts vor Installierung der Regierung Kreisky ausmachte.

Ein Gleichbleiben der Budgetausgaben wäre — nach den Worten des Finanzministers — Wahnsinn? Wie soll man dann das Gleichbleiben eines jährlichen Budgetdefizits von 40 bis 50 Milliarden bezeichnen, von

dessen weiterer — leider sehr wahrscheinlicher — Expansion gar nicht zu reden? Was ist das für ein falsches Dogma, daß einmal erreichte Budgetdefizite nicht wieder unterschritten werden dürfen, ganz, als würde es sich hier um soziale Errungenschaften handeln? Ende 1975 wurde das in jenem Jahr — entgegen dem Voranschlag — erwirtschaftete Defizit mit der Rezession und den damit notwendig gewordenen Konjunktursicherungsmaßnahmen entschuldigt, das Ganze als einmalige Extratour hingestellt.

I Nun ist die Rezession überwunden, das Konjunkturbarometer steigt <— vorläufig — wieder. Wann, wenn nicht jetzt, soll denn eingespart, das Budgetdefizit reduziert werden? Aber vom Schuldenabbau ist keine Rede. Wenn es so weitergeht, ist das Budget, in welchem mehr für den Schuldendienst als für alles übrige ausgegeben wird, nicht mehr weit. Will man die Steuern noch weiter erhöhen, obwohl der öffentliche Anteil am Nationalprodukt bald schon 50 Prozent ausmacht? Oder „hofft“ man auf irgendeine Katastrophe, welche die Regierung der weiteren Verantwortung für das Finanzdebakel enthebt?

Solche Warnungen pflegen unsere „Verantwortlichen“ indigniert als „Panikmache“ von sich zu weisen. Die längst überfällige Reparatur der Staatsfinanzen wird abgelehnt. Es wird schon nix passieren. Aber auch bei den Staatsfinanzen sind die „Aussinterungen“ nicht zu übersehen.

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