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Die Koalition hat sich mit der in letzter Parlamentsminute geschafften Einigung auf die Mindestsicherung eine Atempause verschafft, mehr nicht. Die politischen Querelen, die tief sitzenden Konflikte um die Transparenzdatenbank und um die Budgetsanierung kommen ab Herbst stückweise auf den Tisch. Die zu lösen, wird hart.

Noch wird ja gerätselt, ob und wie es denn um die wirtschaftliche Lage wirklich bestellt sei. Manche versuchen, sich die Krise schönzureden und halten sie für schon fast beendet. Die Datenlage und die Auskünfte der Zuständigen zeichnen ein anderes Bild, denn die Folgen der Krise stellen sich ein.

Die Einnahmen des Bundes aus Steuern et cetera betrugen von Jänner bis Mai nur 22 Milliarden Euro. Geplant und gerechnet hatte man mit 28 Milliarden. Staatssekretär Lopatka konnte denn im Budgetausschuss dieser Woche nur einräumen, diese Zahlen seien Spiegelbild des wahren Ausmaßes der Krise. Alle Beteiligten – Bund, Länder und Gemeinden – hätten jetzt die dringend notwendige Reformen vorzunehmen. Das sieht sein Chef auch so.

Die Krise ist noch nicht vorbei

In einer kompakten und klaren Rede vor dem Europa-Forum Wachau konfrontierte Finanzminister Josef Pröll seine internationale Zuhörerschar mit dem, was wohl die Wirklichkeit ist: Nach der Krise der Finanz- und der Realwirtschaft folge jetzt eine der Volkswirtschaften ganzer Staaten. Diese sei nicht gelöst, sei nicht vorbei. Wer meint, der Euro sei bereits gerettet, täusche sich, donnerte Pröll geradezu auf Stift Göttweig.

Stimmt schon, denn in Österreich ist nicht einmal das nächste Budget in trockenen Tüchern. Ganz im Gegenteil. Es fehlen nicht nur Milliarden an Einnahmen, sondern es fließen auch Ausgaben in einem ungeheuren Ausmaß in Kanäle und Wege, die trockenzulegen sind. Das fordert, einmal mehr, eine weitere internationale Expertise, jene des Währungsfonds. Massiv drängt der Internationale Währungsfonds Österreich in seinem Staatswesen und in seiner Gebarung zu Reformen. Die Bundesländer sollten eine Steuerhoheit erhalten, um damit für Einnahmen und Ausgaben selbst verantwortlich zu sein. Den Ländern sollte Grenzen ihrer Ausgaben und ihrer Verschuldung vorgeschrieben werden. Doch die politische Realität spottet auch dieser Tage über jeglichen guten Rat: Die Mindestsicherung ist beschlossen, die Transparenzdatenbank soll folgen. Das zeigt die Unfähigkeit der Politik, zu einer sachlich insgesamt ausgewogenen Beschlusslage zu kommen.

Übersichtlichkeit im Sozialstaat

Einiges mag dafür sprechen, den gut 270.000 Beziehern von Sozial- oder von Notstandshilfe diese bedarfsorientierte Mindestsicherung von 750 Euro pro Person monatlich zu gewähren. Dies ist ohnedies an die Bedingungen des Willens und der Fähigkeit zu Arbeit geknüpft. Aber sogar linke, deklariert für den Sozial- und Versorgungsstaat eintretende Fachleute fordern, im gesamten Sozialwesen endlich Übersichtlichkeit und geordnete Zuständigkeiten herzustellen. Doch genau das hat sich die Koalition mit der Vertagung der Entscheidung über die Transparenz erspart.

Ein Blick auf die Argumente der Gegner der Transparenzdatenbank macht die bevorstehende Debatte über die Vermögenssteuer ja besonders spannend. Denn schon jetzt muss jeder, der Mindestsicherung beziehen will, ein nicht beruflich notwendiges Auto verkaufen, ein Sparguthaben bis zur Untergrenze von 3700 verbrauchen. Diese Bloßstellungen und weitere Offenbarungen über Sozialleistungen wollten einige den Beziehern ersparen. Doch wie, bitte, soll dann die Einhebung der Vermögenssteuer gelingen? Denn dafür müsste alles, was vermögenswert, gegenüber den Behörden offengelegt werden. Das wird es nicht spielen. Daher wird es im Herbst wegen fehlender Staatseinnahmen und neuer Steuern zu harten Konfrontationen kommen.

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