Zu der durch die ungewöhnlich kräftige Rüge durch den Rat der europäischen Finanzminister (Ecofin) ausgelösten Debatte über die Budgets 2001 und folgende einige Feststellungen: 1. Die Rüge erfolgte zu Recht. Österreich ist bezüglich Budgetdefizit zum Schlusslicht innerhalb der 15 EU-Staaten geworden. Länder wie Portugal, Italien und Griechenland, mit denen wir noch bis vor kurzem marode Staatsfinanzen assoziierten, haben mittlerweile ein geringeres Budgetdefizit als Österreich. Mit einem Nettodefizit von (geplanten) 1,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP, also der Wertschöpfung unserer Wirtschaft) für heuer liegt Österreich signifikant über dem EU-Durchschnitt von 0,4 Prozent. Dabei sind 1,7 Prozent, gemessen an gewohnten österreichischen Defizitwerten (bis zu 5 Prozent), ohnehin eine gewaltige Verbesserung. Ohne den Druck der Maastricht-Kriterien wären wir mit Sicherheit nicht einmal bei 1,7 angelangt.
2. Mit einem harten Sparkurs und zusätzlichen Einnahmen (sei es durch Verkauf von Staatsvermögen, sei es durch Abgabenerhöhungen) erscheinen die EU-Vorgaben beim Budget erreichbar. Kaum erreichbar erscheint die gleichfalls energisch geforderte Absenkung der Staatsschulden von derzeit etwas über 64 Prozent des BIP auf 60 Prozent.
3. Diese rund 1.700 Milliarden Schilling an Staatsschulden sind nachvollziehbar nicht von heute auf morgen entstanden. Sie sind - und das relativiert die da und dort durchaus berechtigte Kritik der SPÖ an der Ausgewogenheit der Budgetsanierungmaßnahmen - letzlich Ausfluß der über Jahrzehnte geltenden sozialdemokratischen Budgetdoktrin "Schulden schaffen Arbeitplätze".
Von dieser Doktrin haben sich die europäischen Sozialdemokraten längst verabschiedet. In Schweden, den Niederlanden und Großbritannien beweisen sozialdemokratisch geführte Regierungen seit Jahren, dass erhebliche Budgetüberschüsse kein Hindernis für soziale Gerechtigkeit und Vollbeschäftigung sind. Im Gegenteil. Österreichs Sozialdemokratie, die seit 1970 Bundeskanzler und Finanzminister stellte, hat sich zwar offiziell auch schon vor Jahren von dieser Legende verabschiedet (um sich innerhalb der EU nicht lächerlich zu machen), nicht aber innerlich. Entsprechend halbherzig fiel der Paradigmenwechsel in der praktischen Budgetpolitik dann auch aus.
Der Autor ist Generalsekretär des ÖAMTC und Wirtschaftspublizist.
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