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(K)ein Rezept gegen Diebe?
Seit dem Fall des Eisernen Vorhanges werden europaweit Autos gestohlen wie nie zuvor. Was macht die Autoindustrie dagegen? Zu wenig, sagen Kritiker. Es wird nicht genug in einbruchsichere Autos investiert.
Seit dem Fall des Eisernen Vorhanges werden europaweit Autos gestohlen wie nie zuvor. Was macht die Autoindustrie dagegen? Zu wenig, sagen Kritiker. Es wird nicht genug in einbruchsichere Autos investiert.
Nicht weniger als 2.584 Autos wurden laut Statistik im Vorjahr in Österreich gestohlen; ein Viertel mehr als ein Jahr zuvor. 1989 gab es laut ÖAMTC gar „nur" 546 Diebstähle.
Innerhalb von fünf Jahren hat sich der finanzielle Schaden durch den Autoklau um das Zehnfache auf 300 Millionen Schilling erhöht. Eine besorgniserregende Steigerung. Die österreichischen Versicherer denken auch bereits laut darüber nach, ob sie die Autofahrer nicht über kräftige Prämiensteigerungen zur Kasse bitten müssen. Zugleich erhoben sie aber die Forderung, auch die Autoindustrie müsse sich mehr anstrengen und endlich bessere Diebstahlsicherungen für die Autos bauen. Derzeit muß sich die Automobilbranche jedenfalls den Vorwurf gefallen lassen, nicht genug Erfindungsgeist in die Entwicklung diebstahlsicherer Autos zu stecken.
Ist dieAutomobilindustrie wirklich nicht interessiert an der Erfindung von wirksamen Schutzvorrichtungen gegen die immer dreister werdenden Autodiebe, wie Kritiker behaupten?
An Erfindungen mangelt es jedenfalls nicht: Warnanlagen, Türverriegelungen, gepanzerte Lenkradschlösser, Infrarot-Innenraumüberwachung,
Bordcomputer... Ganze Sicherheitspakete werden von den Autofirmen bereits angeboten. „Wir haben das Bestmögliche immer schon getan", verteidigt Hans-Jörg Scherer vom Mercedes-Kundendienst in Salzburg die Autofirmen. Aber je raffinierter die Techniken, desto besser würden auch die Gangster arbeiten, beklagt er sein Dilemma im Gespräch mit der FURCHE. Ein Teufelskreis? „Es ist halt noch nichts erfunden worden, damit der Dieb am Auto pickenbleibt", meint Christoph Sieder, Pressemann von Ford in Wien, ironisch-hilflos.
In Österreich war kürzlich auch eine „Wunderwaffe" im Kampf gegen die
Automafia im Gespräch. Es handelt sich dabei um ein jederzeit einbaubares Funksystem. Dieses System muß vom Lenker erst außer Betrieb gesetzt werden, bevor er starten kann. Geschieht das nicht, „piepst" das Auto, wenn es bei einem Zöllner oder Polizisten mit dem entsprechenden Überwachungsgerät vorüberkommt. Wer angehalten wird, und das „Ding" nicht abstellen kann, ist somit verdächtig.
Dieses System wird von ungarischen und österreichischen Zuliefe-
rern angeboten und bereits in Ungarn getestet. Der Generaldirektor für Öffentliche Sicherheit, Michael Sika, will jetzt noch auf die entsprechenden Testergebnisse warten. „Wir sind offen für alles, was die Autodiebstähle vermeiden hilft" bekräftigt er gegenüber der FURCHE. Ob sich die Neuerfindung bewährt, werde man sehen. Die Deutschen, die diesen Versuch auch laufen haben, „denken jedenfalls nicht daran, ihre Exekutive damit auszustatten."
Dabei rauft sich in Deutschland das Bundeskriminalamt (BKA) die Haare angesichts explodierender Autodiebstähle. Allein im ersten Halbjahr dieses Jahres wurden 63.000 Autos gestohlen, mit 100.000 wird bis Jahresende gerechnet (siehe Graphik). Das BKA forderte kürzlich die Autoindustrie ebenfalls massiv auf, mehr Schutzvorkehrungen für die Sicherheit der Autos zu entwicklen. Der Vorschlag der Ordnungshüter: Die gesamte Motorelektronik könne per herausnehmbarer Code-Karte gesichert werden. Ein Dieb ist nicht in der Lage wegzufahren, wenn die entsprechende Code-Nummer nicht eingeben ist.
Aber auch diese Sache ist ein zweischneidiges Schwert, kontert Jürgen Hödel von Mercedes in Stuttgart. „Erfahrungen in Amerika haben gezeigt, daß die Verbrecher dann halt mit vorgehaltener Pistole auf die Besitzer warten. Wem sein Leben lieb ist, der gesteht auch gleich die Code-Nummer." „Car-nappping" heißt diese neue Form des Autodiebstahls, die den Europäern vielleicht auch noch bevorsteht.
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