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Kettenreaktionen

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Wütend werfe ich die Reste der zersplitterten Küchenkrepphalterung zum Müll. Verdammtes Plastikglump! Nie paßt was zusammen: eine Rolle zu lang, die nächste zu kurz.

Mein gutmütiger Mann überhört das Gefluche nicht, bastelt etwas aus Holz für alle Größen. Ich strahle.

Nicht lange: Das gediegene Handwerksstück läßt sich nicht mehr so einfach mittels Klebeband an die Wand picken. Das muß geschraubt werden, gedübelt und vergipst!

Als das Verlängerungskabel für die Bohrmaschine angesteckt wird, überhuscht ein erstes Ahnen von Chaos meine voreilige Freude. Denn: Bohren ist gleich Dreck.

Es stellt sich heraus, daß der für die Krepprolle vorgesehene Platz nur nach Abschrauben eines Hän- » gekastens erreichbar ist. Da an besagtem Kasten die Beleuchtung installiert ist, muß diese zuerst abmontiert werden, wobei die Leuchtröhren springen.

Beim ersten Bohransatz dann ein dumpfer Knall, gefolgt von ei nem erfrischend scharfen Wasserstrahl: aus zahllosen möglichen Stellen hatten wir die Wasserleitung „erwählt“. Sprint in den Keller, den Haupthahn drosseln, Installateur anrufen, warten.

Fazit der Generalmobilmachung zum Anschrauben einer simplen Rollenhalterung: Gesamthausputz, zwei neue Leuchtstoffröhren, dreimal Hansaplast und eine gesalzene Installateurrechnung.

Kettenreaktion gibt’s aber auch beim Planen der „schönsten Wochen“ des Jahres: Es wird gerechnet - eine Familie zu erholen, kommt nicht gerade billig. Sohni- mann entdeckt eine Annonce: Zelt preiswert abzugeben. Das Zelt wird preiswert gekauft. Aber dann!

Ich hätte mir nie träumen lassen, was so ein Haushalt auf Stan- gerln alles erfordert. Nach Anschaffung von Campingmöbeln, Kochgeschirr, Gasflasche und so fort kann das Wort „preiswert“ vergessen werden!

Was dann noch fehlt, kaufen wir — entschieden teurer — im Urlaubsland. Alles in allem hätten um dieses Geld ein paar Tage zu zweit im „Ritz“ herausgeschaut. Doch wer wird denn so egoistisch sein, sich ohne die lieben Kleinen erholen zu wollen…

Sogar bei angenehmen weiblichen Pflichten bin ich vor dem „Folgeteufel“ nicht gefeit.

Die Einladung zu einer großen Hochzeit flattert ins Haus. Erster Gedanke: Ich hab’ nichts anzuziehen. Der liebe Mann beruhigt: Kauf dir was Hübsches. Ich erstehe ein Traumkleid. Zu dessen gewissem Rot meine Schuhe nicht passen. Es finden sich Schuhe im geeigneten Farbton, jetzt hapert es mit der Tasche. Zu guter Letzt bringen es noch Lippenstift und Nagellack zustande, sich und mich zu schlagen.

Perfektionswahn, laß nach!

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