Schwacher Westen: Russland schaut zu

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Das fehlende entschlossene Handeln des Westens zeigt Schwäche gegenüber Wladimir Putin.

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Das fehlende entschlossene Handeln des Westens zeigt Schwäche gegenüber Wladimir Putin.

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Was Russland beim Blick auf den Westen sieht, ist ermutigend: eine ziemlich lahme Partie. Schließlich befinden wir uns in einer Epoche, in der Waffen, Militär und Gewalt wieder zu den entscheidenden Jokern auf dem internationalen Parkett geworden sind. Die Ressourcen müssen freilich unterfüttert werden durch Entschlusskraft und Koordination. Aber der Westen, insbesondere Europa, hat sich bei vielen Krisen als Papiertiger gezeigt. Am Schicksal der Nachbarregionen Russlands war man nicht interessiert. Syrien hat man aufgegeben, ebenso Afghanistan. Alles verlorene Partien. In der Migrationspolitik hat man nichts weitergebracht, in der Ökologiepolitik hat man sich auf Versprechungen beschränkt, bei der Epidemiepolitik war Europa weitgehend abgemeldet. Die Trumpoiden tun ihr Bestes, Amerika und den Gesamtwesten zu schwächen.

Aus russischer Sicht waren die Signale klar: Der Westen bringt nichts auf die Reihe. Wenn man Fakten setzt, weicht er zurück. Da mag man selbst eine Fehlkalkulation wie in der Ukraine verschmerzen, wenn sich das Problem auf Dauer ausbügeln lässt. Europäische Ukrainepolitik bietet schon auch Hilfe, aber vor allem viel Geschwätz. Jedenfalls bringt der reiche, dynamische und flexible Westen es nicht einmal zustande, hinreichend Munition zu produzieren, geschweige denn eine effiziente Waffenproduktion in die Gänge zu bringen. Dabei bräuchte er in der aktuellen Lage noch nicht einmal Personalressourcen einzusetzen, das machen die Ukrainer selbst. Denn die Mehrheit der Bevölkerung Westeuropas würde sich, empirischen Umfragen zufolge, ohnehin nicht mit der Waffe in der Hand wehren, sondern sich Putin gleich unterwerfen.

Europa ist, im schlechten Sinn, „einladend.“ Russland beobachtet das mit Vergnügen.

Der Autor ist Professor für Soziologie an der Universität Graz.

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