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Kreisky und die aktuelle Krise

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De mortuis nil nisi bene!? Auch wenn man Bruno Kreisky für einen der - oder den - bedeutendsten österreichischen Politiker der Zweiten Republik hält, muß es aus aktuellem Anlaß erlaubt sein, über seine historische Schuld auf zwei Gebieten zu reden.

Da wäre zunächst das von ihm salonfähig gemachte medienwirksame Abqualifizieren von Gegnern. Wer sich - zu Recht! -über die verbalen Attacken der Haider-Crew empört, sollte sich auch daran erinnern wie Bruno Kreisky mit dem Ehrenmann Simon Wiesenthal umsprang. Und hier wäre auch das zu erwähnen, was von Zeitgenossen als semantische oder dialektische Meisterleistung gepriesen wurde, was aber sehr oft sich am Rande zur politischen Unanständigkeit bewegte. Wie etwa die konsequente Verharmlosung des „Panzerexports" zum „Ketten-fahrzeugexport". Warum sollte in diesem Klima nicht auch der Fall Noricum passieren?

Wirtschaftspolitisch, und das führt uns zum aktuellen Anlaß, hat Bruno Kreisky vor allem durch seine Politik „für" die verstaatlichte Industrie historische Schuld auf sich geladen. Wer - sei es aus wahltaktischen Überlegungen, aus Ideologie oder auch bloß aus Emotion - so verhätschelt wurde, mußte mit der Zeit zwangsläufig glauben, der Nabel der österreichischen Wirtschaft, ergo die unverzichtbare Ebte zu sein.

Dementsprechend hoffnungslos war es in Wahrheit zu seiner Regierungszeit, aber auch noch danach, wirklich grundlegende Veränderungen bei verstaatlichten Unternehmen herbeizuführen. Man wähnte sich auf unsinkbaren Schiffen und widersetzte sich allen (ohnehin recht zaghaften) Versuchen, in noch relativ guten Zeiten die notwendigen Strukturveränderungen und durch weise Selbstbeschränkung der Belegschaften jene Kostenbilder zu schaffen, die auch in konjunkturell schlechten Zeiten das Überleben sichern würden.

Es wäre unfair, ja kindisch, Bruno Kreisky für alle aktuellen Probleme der Staatsbetriebe, beispielsweise der AUA, verantwortlich zu machen. Daß bei der AUA einerseits aber nicht darüber diskutiert werden kann, ob ein Lohnniveau, das zumindest beim fliegenden Personal mehr als doppelt so hoch wie bei der Lauda Air ist, nicht den Bestand eines im internationalen Vergleich kleinen Flugunternehmens bedroht; andererseits aber Versuche des Vorstandes, mit einer Fusion zu einer entsprechenden Unternehmensgröße zu kommen, sofort mit einer Streikdrohung der Belegschaft beantwortet werden, hängt vielleicht doch mit dem von Bruno Kreisky bewirkten Selbstverständnis zusammen. Und welchen Reim soll man sich darauf machen, daß sich für die ebenso traditionsreiche wie konsequent defizitäre DDSG erst dann ein (ausländischer) Käufer fand, nachdem die Belegschaft einer Reduktion der Gehälter auf das Niveau der Rheinschiffahrt (!) zustimmte?

Was hätte man ich da nicht alles durch die rechtzeitige weise Selbstbeschränkung ersparen können!

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