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Möchtegern-Staatsstreich

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Drei Tote und ungezählte Verletzte im Zeitraum von nur 32 Stunden in Mailand, Florenz und Rom — die Vermutung liegt auf der Hand, daß dieser erneute Übergriff des Terrorismus während der vergangenen Woche in Italien das Ergebnis eines abgekarteten Spiels war. Zahlreiche politische Bewegungen ziehen Nutzen aus dem Terrorismus oder hoffen wenigstens, daß er sich bereits bei den Regionalwahlen vom 15. Juli bezahlt machen könnte.

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Drei Tote und ungezählte Verletzte im Zeitraum von nur 32 Stunden in Mailand, Florenz und Rom — die Vermutung liegt auf der Hand, daß dieser erneute Übergriff des Terrorismus während der vergangenen Woche in Italien das Ergebnis eines abgekarteten Spiels war. Zahlreiche politische Bewegungen ziehen Nutzen aus dem Terrorismus oder hoffen wenigstens, daß er sich bereits bei den Regionalwahlen vom 15. Juli bezahlt machen könnte.

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Den Rechtsextremisten faschistischer Prägung kommt der neue Terrorismius zweifellos gelegen. In dem Maße, in dem die Behörden des demokratischen Staates außerstande sind, die Täter zu stellen oder auch nur zu ermitteln, Täter, die auf der ganzen Appenninenhalbinsel eine Panikstimmung sondergleichen verbreiten, verkauft sich bestens die These, daß nur ein starker Mann mit einem harten Regime Ruhe und Ordnung wieder herstellen und die Möchtegem-Staatsstreichler erfolgreich entmutigen könne. Wenige bezweifeln die großen Mängel der Staatsführung, das ungeheure Ausmaß der Korruption, die gelegentliche Willkür des polizeilichen und sogar des richterlichen Zugriffs, und so findet der Ruf nach einer Änderung gerne Gehör. Für viele ist etwas schon besser, nur weil es anders ist, auch wenn die bestehenden Verhältnisse, bei Lichte betrachtet, die kleineren Übel sind.

Der KPI wiederum dient das Aufflackern des Terrorismus dazu, die öffentliche Meinung und die Vertreter der Regierungsparteien von der Notwendigkeit einer neuen Vereinigung sämtlicher demokratischer Kräfte zu überzeugen. Kommunistenführer Berlinguer schwebt der Schulterschluß aller jener politischen Bewegungen vor, die bereits zwischen 1943 und 1945, ungeachtet ihrer sonstigen ideologischen Unterschiede, im Partisanenkrieg gegen die Faschisten und Nationalsozial-

sten zusammengestanden sind und die im Windschatten, gelegentlich auch als Vorhut der alliierten Truppen, Italien von Mussolini und Hitler befreit haben. Damals wie heute hätten die demokratischen Kräfte aus einer Notwehrsituation heraus den Schlußstrich unter die faschistische Gewaltherrschaft gesetzt, heißt es in kommunistischen Kreisen.

Amintore Fanfani, Generalsekretär der Democrazia Cristiana, meint, daß die jetzige Regierungskoalition zwischen Christdemokraten, Republikanern, Linkssozialisten und Sozialdemokraten nach wie vor keineswegs, der Hilfe der Linksextremen bedürfe, um giie Rechtsextemen in Schach zu halTen. So erbaulich (oder heroisch?) sich seine „Wir-sdnd-uns-seibst-genug“-Argurnente anhören, so wenig verfangen sie bei den breiten Massen. Auch im Regierungslager sind viele (Linkssozialisten, aber auch linksstehende Christdemokraten) davon überzeugt, daß früher oder später, ja eher früher als später, das Pendel nach links ausschlagen müsse, um Ordnung und Sicherheit an Italien gewährleisten zu können. Auf der andern Seite liebäugeln nicht wenige rechtsstehende Christdemokraten und Sozialdemokraten mit dem Gedanken an eine Konizessionsbereitschaft nach rechts, an Militär-und Pölizeieinheiten, die sich nicht mehr alles bieten lassen und Italien zu einer besseren Weltgeltung verhelfen.

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