6942546-1983_32_15.jpg
Digital In Arbeit

Phase 3

Werbung
Werbung
Werbung

Wie’s im Moment aussieht, dürften Heirats-, Geburten- und Kinderbeihilfe zwar nicht gestrichen, aber von der Höhe des Einkommens abhängig gemacht werden. Dabei stehen drei Varianten zur Diskussion: Die Gewährung der Beihilfen grundsätzlich nur bis zu einer gewissen Einkommenshöhe, mit steigendem Einkommen fallende Beihilfen oder Einbeziehung der Beihilfen in die Lohn- bzw. Einkommensteuer, durch deren progressiven Tarif es bei den Beihilfen automatisch zu einer degressiven (mit dem Einkommen abnehmenden) Gestaltung käme.

Nimmt die Regierung bei der konkreten Ausgestaltung darauf Bedacht, daß es für die Mehrheit der Bevölke- runa keine Schlechterstel-

lung gibt, wird sie keine Angst vor den Reaktionen haben müssen. Im Gegenteil, jeder dieser Vorschläge hat sogar einen Hauch von Popularität: Es wird endlich gespart, und das bei voller Rücksichtnahme auf die sozialen Verhältnisse. Daß bei dem gegenwärtigen Gießkannenprinzip auch ein Millionenverdiener ein staatliches Almosen für seine Hochzeit bzw. seine Kinder bekommt, schien ja immer schon unsinnig.

Die Kehrseite dieser Medaille, die gerne übersehen wird, ist, daß durch jede dieser Varianten ohne viel Aufhebens wieder einmal die Progression der Lohn- und Einkommensteuer ver schärft wird: Wer überdurchschnittlich verdient, wird nicht nur — wie schon bisher — überproportional viel in den gemeinsamen Topf hineinzahlen müssen, sondern künftig auch unterproportional wenig herausbekommen.

Womit wir die Phase drei des österreichischen Weges erreicht hätten, die der Phase eins des schwedischen Weges verdammt ähnlich sieht: Zuerst waren Beihilfen, Prämien und dergleichen mehr ebenfalls vom Einkommen abhängig, freilich in die andere Richtung: Sie verringerten die Steuerbemessungsgrundlage und brachten damit dem den größeren Nutzen, der mehr verdiente (und deshalb auch mehr Steuer zahlte).

Mit dem Schlachtruf , Jedes Kind muß gleichviel wert sein!u stürzte man sich in die Phase zwei, stoppte die Abhängigkeit von der Einkommenshöhe und setzte fixe Beträge fest. Jetzt findet man auch das wieder ungerecht und bastelt an Phase drei — siehe oben.

Eine ähnliähe Konstruktion ließe sich — siehe Schweden — im Prinzip für alle staatlichen Leistungen finden: Für die Schulbücher, die Schule überhaupt, die Justiz (nach der Einkommenshöhe gestaffelte Gerichtsmarken) und das Trinkwasser.

Daß dabei just jene Partei als kreativer Systemkonstrukteur in Erscheinung tritt, die noch vor den Wahlen piit dem Slogan: ,JDamit sich Leistung wieder lohnt", angetreten war, ist nur für ungelernte Österreicher zu komisch um wahr zu sein.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung