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Zahlen reden laut

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Man spricht und verhandelt über das Problem Südtirol in Rom, in Wien, in Innsbruck und nicht zuletzt in Bozen. Das Ergebnis ist bekannt.

Indessen gehen die Dinge weiter, und da muß man schon die Statistik hernehmen, um die Entwicklung Südtirols ganz zu verstehen und den Ernst der Lage zu begreifen. Es sind vor allem zwei Dinge, die die Lage der Südtiroler deutschsprachigen und ladinischen Bevölkerung kennzeichnen:

Erstens die Entwicklung der Arbeitsverhältnisse sowohl in der Landwirtschaft als auch im Handel und in der Industrie. Nach einer Aufstellung, die der Assesor der Bozener Landesregierung, Doktor Brugger, in der Nummer 6 der „Südtiroler Nachrichten“ des Jahrganges 1967 bringt, stellt er fest: Im Jahre 1961 wurden in Südtirol rund 160.000 Erwerbstätige gezählt, davon waren 54.900 Italiener, 99.700 Deutsche und 5400 Ladiner. Das sind ungefähr (nach den Daten von 1951) 42,61 Prozent in der Landwirtschaft, 23,26 Prozent in der Industrie und im Handwerk und 34,13 Prozent in den Dienstleistungen (also Nichtselbständige). Im Jahre 1961 gab es 211.600 Nichterwerbstätige; davon waren 72.300 Italiener, 132.200 Deutsche und 7100 Ladiner. Die weitere Aufteilung ergab: Im Jahre 1961 waren in der Landwirtschaft tätig 2300 Italiener, in Industrie und Handwerk 22.300 und in sonstigen Dienstleistungen 30.300, während in derselben Zeit in der Landwirtschaft 46.800 Deutsche und Ladiner, 22.600 Italiener und in sonstigen Dienstleistungen 35.700 tätig waren.

Nimmt man noch einige statistische Daten bezüglich der Besetzung der öffentlichen Ämter, so kann man feststellen, daß in den staatlichen und anderen öffentlichen Stellen beschäftigt sind: bei den Staatsbahnen 9,3 Prozent Deutsche, 90,7 Prozent Italiener (wovon im Gebiete der Staatsbahndirektion Bozen allein 93,5 Prozent Italiener und nur 6,5 Prozent Deutsche sind), bei der Post- und Telegraphendirektion 21,1 Prozent Deutsche und 78,9 Prozent Italiener, bei den Arbeitsämtern 3,1 Prozent Deutsche und 86,9 Prozent Italiener, im Justizwesen 12,9 Prozent Deutsche und 87,1 Prozent Italiener, bei den Finanzbehörden 1,4 Prozent Deutsche, aber 98,6 Prozent Italiener und in der Regionalverwaltung 102 Deutsche gegen 620 Italiener, in der Provinzialverwaltiung

94 Deutsche und 12 Ladiner gegen 174 Italiener —, nur um einige der markantesten Zahlen zu nennen.

Verarmung und Auswanderung

Die zweite äußerst wichtige Ursache der heutigen Lage in Südtirol ist die, daß die Deutschen und Ladiner Zusehens ärmer werden. Das Einkommen je Beschäftigten und Jahr betrug 1961 bei den Italienern

913.0 Lire, bei den Deutschen

703.0 und bei den Ladinern 733.000. Das Einkommen der Deutschen ist sogar geringer als das der Ladiner.

Was ist die zwingende Folge von dieser Umschichtung des Einkommens? Die deutschen Südtiroler müssen sich im steigenden Maße einen Erwerb im Auslande suchen. Während im Jahre 1951 nur 2585 Südtiroler im Auslande ihren Verdienst suchten, waren es im Jahre 1961 8527 Personen, also um 5942 Personen mehr. Das ist für ein kleines Land wie Südtirol alarmierend.

Redende Zahlen aus Bozen

Laut den im Jahre 1964 herausgegebenen offiziellen Zahlen der Zählung von 1961 (übrigens zum ersten Male, daß die Bevölkerung auch nach Nationalität gezählt wurde), betrug die Bevölkerung der Proviz Bozen insgesamt 373.843 Personen, davon 232.717 Deutsche (113.402 Männer und 119.315 Frauen), 128.271 Italiener (wovon 66.211 Männer und 62.060 Frauen waren) und 12.594 Ladiner (6.278 Männer und 6316 Frauen). Andere Nationen waren 261 Seelen. Aus dieser Statistik ergibt sich einwandfrei, daß die Italiener um 4151 mehr Männer in der Provinz Bozen haben, während beim deutschen Bevölkerungsanteil um 5913 mehr Frauen sind.

Umschichtung?

Man versucht in den letzten Jahren zwar eine Umschichtung der bäuerlichen Bevölkerung auf die Industrie und den Handel. Aber die Entwicklung spricht immer gegen die Deutschen.

Noch schlimmer sind die Verhältnisse auf dem Schulsektor. Die deutsche Bevölkerung hat zwar mehr Volksschüler zu verzeichnen, während die italienische Bevölkerung hingegen einen bedeutend größeren Überschuß an Mittelschüler aufweist.

Das alles zeigt wohl deutlich genug, wie die Lage in Südtirol sich von Jahr zu Jahr entwickelt.

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