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Noch keine eigene Identität

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Einen/kurzen Uberblick über die Medienlandschaft in Südtirol zu geben, ist wegen ihres komplexen Charakters ohne Vergröberung und Vereinfachung nicht möglich. Quantitative und qualitative Aussagen über das Medienwesen und dessen Rezeption sind ein abenteuerliches Unterfangen, weil keine wissenschaftlichen Untersuchungen über diese Fragen vorliegen.

Uber den Daumen gepeilt kann man sagen, daß die Medienlandschaft in ihrem Charakter provinziell ist, ohne ausländische Hilfestellung nicht auskommen kann und (noch) keine eigene Identität gefunden hat, die zeitgemäßen politischen, sozialen und kulturellen Realitäten und Tendenzen grundsätzlich gerecht wird.

In Südtirol leben drei Volksgruppen (260.000 Deutsche, 138.000 Italiener und 15.000 Ladiner), die eigene Bedürfnisse und Ansprüche auf Information, Unterhaltung und Bildung durch die Medien haben. Während die Deutschen und die Italiener in Südtirol eigene Informationsträger und -quellen besitzen, sind die Ladiner fast ausschließlich aufs Angebot der Medien der zwei großen Volksgruppen angewiesen.

Das Pressewesen: Aus der ehemaligen deutschösterreichischen Tageszeitung „Der Tiroler“ ist die deutschsprachige Tageszeitung „Dolomiten“ (Auflage: 25.000 bis 30.000), ein der Südtiroler Volkspartei nahes, christlich-konservatives Organ, hervorgegangen. Bereiche und Themen, die dieses Blatt ungenügend oder überhaupt nicht abdeckt - vor allem linksoppositionelle Aktivitäten -versucht mit wechselhaftem Glück und unterschiedlichen Strategien der „Alto Adige“ (Auflage: 10.000 bis 15.000), die italienischsprachige Tageszeitung, auf seinem „Blatt für deutsche Leser“ wahrzunehmen.

Die Parteizeitung der SVP ist der „Volksbote“ (Auflage: 10.000) und erscheint einmal in der Woche. Eine beachtliche weltanschauliche Öffnung hat in den letzten Jahren die Kirchenzeitung „Das katholische Sonntagsblatt“ erfahren, das die hauptsächlichste Informationsquelle der ländlichen Bevölkerung ist.

Seit April 1978 erscheint die „Südtiroler Volkszeitung“ (zweimal im

Monat), in der sich die politisch und weltanschaulich engagierte Linksopposition zu Worte meldet. Mehr ein Schattendasein führen das „Südtiroler Panorama“ (kommunistisch), die „Südtiroler Zeitung“ (sozialdemokratisch) und „Der Pfeil“ (unabhängig)-

Regelmäßig erscheinen Kulturzeitschriften: „Der Schiern“ (monatlich, landeskundlich), „Arunda“ (zwei- bis dreimal jährlich) und die „Südtiroler Volkskultur“ (monatlich), die seit 1979 als gesamttiroli-sche Schrift redigiert wird.

Die Südtiroler Hochschülerschaft gibt den „Skolast“ heraus, ein Organ, das in den letzten Jahren den Akzent immer stärker auf linksideologisches Engagement gesetzt hat. Die Monatszeitschrift „Die Brücke“ (1967-1970) erregte großes Aufsehen auf Grund ihrer aktuellen, qualitätsvollen und ungeschminkten Beiträge.

Seit 1971 gibt es in Bozen auch eine Redaktion der „Tiroler Tageszeitung“ (Innsbruck).

Der Hörfunk: Mussolini hat 1929 in Bozen einen Rundfunksender errichten lassen, um die Italianisierung des Landes wirkungsvoller vorantreiben zu können. Ab 1945 strahlte dieses Studio Sendungen in deutscher Sprache aus. Durch den massiven Druck der Südtiroler Volkspartei wurde das Rundfunkwesen umstrukturiert und ausgebaut: die Sendezeiten in deutscher Sprache stiegen werktags von 4 auf 9 und sonntags von 5 auf 11 Stunden.

Die italienisch und ladinischspra-chigen Programme wurden ebenfalls erweitert. Seit 1973 wird die deutsche Redaktion des Senders Bozen unabhängig von der italienischen geführt. 1974 errichtete der ORF^n Bozen ein Büro.

Das Fernsehen: Im Zweiten Kanal des Italienischen Fernsehens wird seit 1966 ein lokales deutschsprachiges Programm (Tagesschaü,' Aktuelles und viele importierte Filme) ausgestrahlt. Ein Vertrag zwischen RAS, ORF und ZDF regelt den freien Empfang der ausländischen Programme. In grenznahen Gebieten können auch ARD und SGR empfangen werden. Einige kleine lokale TV-Sender bieten vor allem Werbung und Unterhaltung.

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