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Gern gelesen, oft gesehen und viel gehört

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Senior musical" - ein Pendant zur „Jeunesse Musical", dem Jugendveranstalter im klassischen Musikbereich, fehlt. Die Bundestheater haben nicht eruiert, welche Vorlieben Ältere haben, welche Beginnzeiten sie sich wünschen, was sie vom Theaterbesuch erwarten. Erst eine Untersuchung des Gallup-Instituts anläßlich der Schließzeit in der Wiener Staatsoper 1994 brachte wenige Daten in das Dämmerlicht des Zuschauerraums. In der Altersverteilung des Publikums führen die Dreißig- bis Fünfzigjährigen, knapp gefolgt von jenen über fünzig Jahren. Bei dieser Besucherschicht geben 42,4 Prozent an, sie würden gern in die Oper gehen, aber nur dreißig Prozent kommen. Doch niemand fragt, was sie vermissen. Wo doch das Interesse an Oper im Fernsehen bei den Sehern über sechzig am höchsten is! Auch die Veranstaltungen des Vereins der Freunde der Wiener Staatsoper sind überwiegend von älteren und natürlich Damen frequentiert. Wenn auch nicht ausschließlich für sie gedacht, erweisen sich die Nachmittagskonzerte im Musikverein als Hit für Senioren, weil sie die Heimkehr am frühen Abend ermöglichen.

Der statistische Bericht „Kultur und Freizeit 1995" erfaßte Alterskorrelationen. Zum Beispiel zum Leseverhalten: Nur ausgesprochene Vielleser erhöhen im Alter ihren Literaturkonsum. Von der Zeit der Berufstätigkeit und jener der Pension gibt es kaum Steigerungen. Erst mit siebzig Jahren nimmt die statistisch erfaßbare Lesezeit ab, dennoch steigt -bei Männern - das Interesse an klassischer Literatur. Frauen lesen mehr als Männer. Bevorzugt wird Trivialliteratur vor Kriminalromanen, Reisebüchern und Sachbüchern.

Der Radiokonsum steigt bis zum Alter von siebzig Jahren, bei Männern noch mehr als bei Frauen. Das Interesse an Hörspielen, an Wissenschaft, Religion, Nachrichten wie auch an Kunst und Kultur nimmt zu. Bei Frauen schlägt sich in der Radiostatistik die religiöse Sehnsucht nieder, bei Männern der Wunsch, über die Welt informiert zu sein. Unfaßbar: das Interesse an Sportsendungen nimmt bei Männern ab sechzig ab. Seniorenhits sind Wunschkonzerte, „Autofahrer unterwegs" und Sendungen über Volkskultur. Am liebsten informiert man sich als Senior im Mittagsjournal, das - laut ORF-Media-Research - einen Hörerdurchschnitt von 58,2 Jahren aufweist. Fernsehhits unter Senioren sind - laut einer Gfk-Unter-suchung - „Zeit im Bild" und Lotto 6 aus 45, Serien wie „Anna Maria" oder das „Traumschiff".

Manche Museen lotsen mit Seniorenangeboten diese Zielgruppe in ihr Haus: Das Museum des 20. Jahrhunderts etwa bietet an jedem letzten Mittwoch im Monat eine Seniorenführung an.

Die künstlerische Produktivität in der Freizeit nimmt zwischen sechzig und siebzig Jahren zu: Handarbeiten kunsthandwerkliche Tätigkeiten und Zeichnen sind sehr beliebt. Die Seniorenakademien der Wiener Volkshochschulen nützen die Lust am Werken und Lernen und bieten Sprachkurse, Gedächtnis-, Sehtraining, Kurse für gutes Aussehen und Seidenmalerei an. Für trotzdem noch Unzufriedene gibt es Inserate: „Welcher Pensionist kann zum Hausgebrauch Zither spielen?", lautete eine Anzeige in einem Magazin für Pensionisten.."

Geistige Aktivität ist Mittel auf dem Weg zu einem „guten Alter", wie Anton Neumayr sagte. Wer geistig aktiv bleibt, kann der genetischen Vorbestimmung des Lebensalters ein Schnippchen schlagen.

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