Ein Impresario der Wiener Kunstszene

19451960198020002020

Die Österreichische Galerie im Wiener Belvedere präsentiert eine Hommage an den Maler Carl Moll (1861-1945).

19451960198020002020

Die Österreichische Galerie im Wiener Belvedere präsentiert eine Hommage an den Maler Carl Moll (1861-1945).

Werbung
Werbung
Werbung

Der Maler Carl Moll (1861-1945) war Schüler des Stimmungsimpressionisten Jakob Emil Schindler, von dem er sich zeitlebens nicht loslösen konnte. Nach Schindlers Tod heiratete er dessen Witwe und wurde damit zum ungeliebten Stiefvater der Salondame Alma (Mahler/Gropius/Werfel). Als unermüdlicher Organisator, Gastgeber, Talenteförderer und Kunstexperte war Moll eine Drehscheibe in der damaligen Wiener Kunstszene. Sein Kommunikationstalent machte ihn zum Mitbegründer der Wiener Secession - für die Österreichische Galerie Belvedere Anlaß, das 100- jährige Bestehen des Gebäudes (Eröffnung 12. November 1898) mit einer Hommage an Moll zu feiern.

Er, der es verstand die "Wiener das Wort Secession aussprechen" zu lehren, organisierte internationale Ausstellungen, brachte Werke von Böcklin, Hodler, Khnopff und der modernen Franzosen in das "Krauthappl". Die Secessionisten waren es auch, die ein Museum moderner Kunst forderten. 1903 wurde die "Moderne Galerie" im Unteren Belvedere eröffnet. Daraus ging später die Österreichische Galerie Belvedere hervor, wo jetzt die Ausstellung über Carl Moll gezeigt wird.

Neben seinen Arbeiten sind auch 20 Werke, die auf seine Vermittlung hin ins Belvedere kamen, ausgestellt sowie Kataloge der Galerie Miethke in der Dorotheergasse (heute Jüdisches Museum), deren künstlerischer Leiter er zwischen 1904 und 1912 war. Unter seiner Führung wurde dort moderne Kunst ausgestellt. Die umfassenden Ausstellungen von van Gogh, Gauguin, Toulouse-Lautrec beeinflußten Maler wie Klimt, Schiele oder Kokoschka. Später wird er diese Zeit in der Galerie als "Entgleisung" abtun und sich wieder mehr der Malerei zuwenden.

Die Bilder Molls vermitteln uns heute die Atmosphäre des Wiener Lebens des Fin de siecle mit Ansichten wie jene vom Naschmarkt (damals noch auf dem Karlsplatz), jene der Elisabethbrücke über die Wien oder aus der Vorstadt (Heiligenstadt, Grinzing oder Schönbrunn). Seine Interieurs lassen den Blick des Betrachters in fremde Wohnbereiche eindringen, als gehöre er zur Familie. So sind uns der Garten und das Innere seines Jugendstilhauses von Josef Hoffmann auf der Hohen Warte ebenso vertraut, wie sein früheres Atelier in der Theresianumgasse. Mit ihm blicken wir durchs Fenster auf die Kirche St. Michael und hinüber zum Nußberg. Er öffnet uns auch jene großbürgerlichen Wohnräume, die im Geschmack der Zeit eingerichtet sind, allerdings nicht im avantgardistischen Jugendstil.

Carl Moll war ein von Selbstzweifel gepeinigter Maler. Weil er einmal von der Qualität eines Bildes nicht überzeugt war, lieh er es sich vom Besitzer, um es zerschnitten in einer Schachtel zurückzuerstatten.

Wie ein roter Faden ziehen sich durch die übersichtlich gestaltete Ausstellung im Oberen Belvedere die "Kasteln" an den weißen Ausstellungswänden und die blau-weiß bemalten Blumenkisterln mit Farnkraut und roten Geranien - Elemente, die sich auf den Bildern wiederfinden.

Ganz im Sinne Molls dürfte das Rahmenprogramm im Oberen Belvedere sein. Im Oktober finden drei Konzerte von Komponisten aus seinem Umkreis statt, im November folgen zwei Lesungen.

Bis 22. November.

Carl Moll, Österreichische Galerie Belvedere, 1030 Wien, Prinz Eugen-Straße 27. Information: (01)79557-261.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung