Inka Parei - © Foto: APA / Gert Eggenberge

Bachmannpreis: Inka Parei - Blick auf die Umbrüche der Seele

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2003 erhielt Inka Parei den Bachmann-Preis. Teil 6 einer Serie mit Preisträger(innen)-Porträts anlässlich der 45. Tage der deutschsprachigen Literatur, die im Juni 2021 stattfinden werden.

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2003 erhielt Inka Parei den Bachmann-Preis. Teil 6 einer Serie mit Preisträger(innen)-Porträts anlässlich der 45. Tage der deutschsprachigen Literatur, die im Juni 2021 stattfinden werden.

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Wirft man einen Blick auf das Jahr 2003, als Inka Parei mit dem Ingeborg-Bachmann-Preis ausgezeichnet wurde, fallen einem ein paar Seltsamkeiten auf. Oswald Egger war damals einer der Kandidaten ebenso wie Olga Flor. Beide spielten am Schluss in der Diskussion um die zu vergebenden Preise keine Rolle. Das überrascht, zumal im Abstand von vielen Jahren deren beiden Texte noch von unvergleichlicher Kraft zeugen.

Das spricht nicht zwingend gegen Inka Parei, die den Hauptpreis tatsächlich abräumen durfte, als Phänomen des deutschen Literaturbetriebs ist sie jedenfalls einzigartig. Wird der Preis als Starthilfe für weitgehend Unbekannte verstanden, hat Parei alles falsch gemacht. Vier Jahre zuvor hatte sie Aufmerksamkeit erregt mit dem Roman „Die Schattenboxerin“, war eine Debütantin, die einem schnell klar machte, dass man sie im Auge behalten sollte. Es folgte der große Auftritt in Klagenfurt, sie erhielt größtmögliche mediale Aufmerksamkeit, und dann – nichts.

Es dauerte zwei Jahre, bis der Roman „Was Dunkelheit war“, aus dem sie einen Auszug in Klagenfurt vorgetragen hatte, tatsächlich erschien. Eigentlich ein tödlicher Abstand in einem Literaturbetrieb, der schnell fallen lässt, was nicht regelmäßig für Nachschub sorgt. Aber manchen Beobachtern war Pareis Text doch so deutlich in Erinnerung geblieben, dass sie es auch später noch genauer wissen wollten.

Es kam noch schlimmer. Erst im Jahr 2011 erschien der Roman „Die Kältezentrale“, ihr bislang letztes Buch. Heute ist Inka Parei nur Lesern mit Langzeitgedächtnis ein Begriff, die aber halten fest zu ihr. Diese gedehnte Publikationsgeschichte ist ja nicht der Verlegenheit geschuldet, sondern Ergebnis eines sprachlichen und formalen Perfektionsbedürfnisses.

Das Besondere an „Was Dunkelheit war“ ist die Rückbindung persönlicher, privater Ungereimtheiten an die Zeitverhältnisse, denen einer entwachsen ist. Ein Mann liegt im Sterben, Erinnerungen suchen ihn heim. Im Zweiten Weltkrieg hat er deutlich Schuld auf sich geladen, er war Teil einer Gewaltgeschichte, die ihn jetzt, da er ans Bett gefesselt liegt, nicht mehr loslässt. Das ereignet sich im Jahr 1977, als eine andere Gewaltgeschichte die Bundesrepublik heimsucht, nämlich die Morde der RAF und die Jagdsaison gegen deren Mitglieder.

Das verlangt eine in hohem Maße reflektierte Sprache, die sich nicht auf Empathie allein verlassen darf und auf Geduld angewiesen ist, um der Detailgenauigkeit, die Zeitkolorit schafft, gewachsen zu sein. Dahinter steht eine Ästhetik des Wachträumens, in der das letzte Wort nicht gesagt wird. Inka Parei ist eine penible Spracharbeiterin, von der man ganz gut wieder einmal ein neues Buch vertragen könnte.

Die 45. Tage der deutschsprachigen Literatur mit der Verleihung des Ingeborg-Bachmann-Preises werden vom 16. bis 20. Juni 2021 im ORF-Theater im ORF-Landesstudio in Klagenfurt stattfinden und auf 3sat live übertragen. Jury: Mara Delius, Vea Kaiser, Klaus Kastberger, FURCHE-Feuilletonchefin Brigitte Schwens-Harrant, Philipp Tingler, Michael Wiederstein, Insa Wilke (Vorsitz).

In dieser Serie stellt Anton Thuswaldner Preisträgerinnen und Preisträger aus 44 Jahren vor.

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