Rauris - © Foto: Brigitte Schwens-Harrant

Rauris: Die Literatur kam aufs Land

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Die Pandemie verhinderte eine große Jubiläumsfeier, heuer streamte man aus dem Ort. Seit über 50 Jahren gibt es die Rauriser Literaturtage. Eine Erinnerung an die Anfänge.

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Die Pandemie verhinderte eine große Jubiläumsfeier, heuer streamte man aus dem Ort. Seit über 50 Jahren gibt es die Rauriser Literaturtage. Eine Erinnerung an die Anfänge.

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Sie waren alle da, wenn der Berg rief. Im Schatten des Sonnblicks in Rauris finden seit dem Jahr 1971 Literaturtage statt. Damals stand der demokratische Gedanke derart hoch im Kurs, dass Kulturpolitiker mit dem Gedanken Ernst machten, Kunst unter das Volk zu bringen. Literatur auf dem Land war neu, dementsprechend überrascht waren die Rauriser auch, als sie erste Begegnungen mit den maßgebenden Autorinnen und Autoren machten. Die Skepsis war groß, Ablehnung war zu spüren, doch allmählich wurden die Literaten geschätzt.

Wenn H. C. Artmann aufkochte und Ilse Aichinger beim Eisstockschießen dabei war, dann blieben die kritischen Geister aus den Städten nicht länger Exoten, sondern verhielten sich wie die Einheimischen auch. Erwin Gimmelsberger, Redakteur der APA, war für das Programm zuständig, und Rudolf Bayr, damals Leiter des Literaturressorts im ORF­Landesstudio, sorgte für die größere mediale Verbreitung. So war das auch eine geschickte PR­-Aktion, um Rauris als Urlaubsort Bekanntheit zu verschaffen. Die Teilnahme an den Eröffnungsabenden ließen sich die Rauriser nicht nehmen, um Dichter zu schauen. Zu den Lesungen der Folgetage reiste das kulturell nicht sehr verwöhnte Publikum aus den näheren Pinzgauer Orten an.

Thomas Bernhard und Peter Handke waren in ihren jungen Jahren noch zugänglich und traten ebenso auf wie Uwe Johnson und Günter Eich. Schon im zweiten Jahr wurden der Rauriser Literaturpreis für ein Prosadebüt und ein Förderpreis vergeben. Aus der Liste der Ausgezeichneten lässt sich eine kleine Literaturgeschichte rekonstruieren mit all ihren dem Zeitgeist geschuldeten Verirrungen. Fassungslos liest man heute Karin Strucks Roman „Klassenliebe“, der 1974 als ernsthafte Literatur durchging. Juroren waren immerhin Alfred Kolleritsch, der sehr strenge Salzburger Germanistikprofessor Walter Weiss, Reinhard Urbach und Rudolf Bayr, den selbst auch immer wieder eigene Schriftstellerambitionen plagten.

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