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Die Gespräche fanden nicht statt
Zwei Schriftstellertagungen
Igls: Ein Kurort oberhalb von Innsbruck, in dem jedes zweite Haus ein Hotel oder ine Pension ist. Der schönen Lage am Fuße des Patscherkofels entsprechend die Preise.
Pürgg: Ein Dorf im Ennstal, unter dem mächtigen Grlmming gelegen, mit einer Kirche, die weithin ins Tal blickt, und der Johanneikapelle, die berühmtgewordene romanische Fresken besitzt. Dia Preis sind auch nicht billig.
In Igls fand in diesen Tagen der „1. Internationale deutschsprachige Schriftstellerkongreß“ Statt, veranstaltet von der .Gesellschaft für Literatur und Kunst Turmbund“ in Innsbruck. In Pürgg begann unmittelbar darnach die ..3. Obersteirische Dichterwoche“, veranstaltet und finanziert vom Lande Steiermark. Waren die Schriftsteller größtenteils auf eigene Rechnung in Innsbruck und Igls, so waren sie in Pürgg Gütte des Landes Steiermark. (Einzelne Bundesländer und Städte, allen voran Linz, hatten einige Autoren nach Igls entsendet; Wien bildete — wieder einmal — eine unrühmliche Ausnahme0
Der Innsbrucker Schriftstellerkongreß (der Einfachheit sei er hier so abgekürzt) war eine Arbeitstagung mit einem ziemlich umfangreichen Programm. Die Oberstelrlsche Dichterwoche dagegen wollte ihren Teilnehmern in erster Linie einige Tage der Ruh und Erholung ermöglichte Warn in Innsbruck hauptsächlich dl hut prominenten Vertreter der deutschen, österreichischen und Schweizer Literatur anwesend (Elisabeth Brock, Christine Busta, Helmito von Doderer, Jeannle Ebner, Hermann Frledl, Hermann Hakel, Hans Rudolf Hilty, Walter HölUrer, Karl August Horst, Walter Jens, Hermann Kasack, Karl Krolow, Otto Heinrich Kühner, Christine Lavant, Josef Mühlbergtr, der Verleger Otto Müller, Luise Rinser, Werner Rlemenchmid, Friedrich Schreyvogl, Georg Thürer, Werner Weber), so war in Pürgg neben Vertretern der jungen Generation die Prominenz von gestern, die seltsamerweise geschlossen geladen wurde, versammelt, von Hans Friedrich Blunck und Bruno Brehm bis zu Heinrich Zillich. Eines aber hatten beide Tagungen gemeinsam: Gespräche fanden nicht statt.
In lnnsbruck-Igls hörte man zum Thema „Dichtung — Gehalt und Erscheinung“ kluge Referate von Karl August Horst, Heimito von Doderer, Walter Höl-lerer, Werner Riemerschmid, Otto Heinrich Kühner, Elisabeth Brock und einigen anderen. Allein in den Diskussionen wurde fast nur (wenn auch oft mit Vehemenz) aneinander vorbeigeredet. Und es ist das Ergebnis all dieser Arbeitstagungen, die sich allzu viel vornehmen, daß sie zum Schluß gar kein Ergebnis haben. Zeit für persönliche Gespräche blieb, wie gesagt, bei dem großen Arbeitsprogramm, fast keine. Schade. Auch die Teilung der Veranstaltungen zwischen Igls und Innsbruck, die die Teilnehmet laufend unterwegs sah, erwies sich als unglücklich.
Die Referate von Werner Bergengruen und Rudolf Bayr in Pürgg dagegen hatten nur den Zweck, Gesprächsanregungen für einen Vormittag zu liefern. Die Pürgger Problematik war eine andere: Während in Innsbruck fast durchweg Gleichgesinnte zusammengekommen waren, um miteinander zu sprechen, war das hier ganz anders. Hier waren Vertretet zweier Generationen, geschieden durch Alter, Weltanschauung und literarische Richtung, zusammengekommen, um n i c h t miteinander zu sprechen. Man begegnete, wie es nicht anders zu erwarten war, einander zwar nicht unfreundlich, aber mit größter Reserve, und es ist hauptsächlich dem ausgleichenden Temperament des Organilators der Tage, Doktor Alfred Rainer, zu danken, daß die Atmoiphire durchweg freundlich blieb.
Die Gespräche fanden nicht statt. Es zeigte sich, daß bei aller Höflichkeit, die man gegenseitig zur Schau trug, eine echte Verständigung hinüber und herüber nur in wenigen Einzelfällen möglich war; wie etwa in dem des grjlsen Hans Grimm. Die beiden „Lager“ blieben im allgemeinen unter Ich. Wal lollte man auch mit Menschen sprechen, die in kleiner Runde immer noch der Zeit de Führen und dem verlorenen Krieg nachhingen? Um so schöner waren das Wetter und die Eindrücke von einem Besuch der Admonter Stiftsbibliothek und der Ramsau.
Einer der in Pürgg vertretenen jüngeren Schriftsteller faßte seine Eindrücke am abschließenden heiteren Abend in einer oitpreusiischen Anekdote zusammen: Ein Kaufmann wird von einem flüchtig Bekannten gefragt, wie es ihm gehe. Er antwortet: Gut. Wie es seiner Frau gehe? Gut. Wie es dem Geschäft gehe? Auch gut, danke. Als der Bekannte sich verabschiedet hat, fragt der Freund, der das Gespräch mit angehört hat, warum er immer mit „gut“ geantwortet habe. Er selbst sei doch krank, seine Frau liege ernstlich darnieder, und das Geschäft Stehe vor dem Bankrott. Ja, ja, wehrt der Kaufmann ab, das sei schon richtig. „Aber soll ich mich streiten?“
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