7083594-1994_08_01.jpg
Digital In Arbeit

Die Moslems brauchen mehr Schutz

19451960198020002020

Rußland rät von Air strikes gegen Serben ab. Die USA sind erfreut über die Diplomatie der Russen und den „Rückzug" der Serben bei Sarajewo.

19451960198020002020

Rußland rät von Air strikes gegen Serben ab. Die USA sind erfreut über die Diplomatie der Russen und den „Rückzug" der Serben bei Sarajewo.

Werbung
Werbung
Werbung

Sarajewo bleibt vorläufig vor Terroranschlägen aus den umliegenden Bergen verschont. So weit hat das NATO-Ultimatum gegriffen. Einen gerechten Frieden gibts noch lange nicht.

Die Gesellschaft für bedrohte Völker in Göttingen hat an die NATO und die westlichen Regierungen appelliert, nach der Befriedung Sarajewos zur Rettung der Bevölkerung in den fünf anderen Schutzzonen Bosnien-Herzegowinas - Tuzla, Bihad Srebrenica, Goražde und Zepa - der serbischen Armee auch dort mihtärische Maßnahmen anzudrohen.

Die Kämpfe im Nordwesten, in der moslemischen Enklave um Bihac gehen weiter. Wie der österreichische Bos-niake Smail Balic der FURCHE berichtete, stoßen Serben aus Banja Luka und Lika mit 60 Panzern sowie Kampf- und Transporthubschraubern ge-;en Bihac vor: Kämpfe ent-; der Bahnlinie und am ten Una-Ufer. Ziel ist die Beherrschung der Transportwege, die Einnahme einer TV-Station am Berg Pljesevi-ca sowie des Flughafens von Bihac mit den noch von Tito angelegten unterirdischen Start- und Landebahnen.

Im mittelbosnischen Tuzla - so Balic - müssen etwa 150.000 Menschen, darunter viele Binnenflüchtlinge, seit Monaten schwere Kämpfe aushalten. Zepa ist heute „fast ausradiert" und „vegetiert vor sich hin". In Srebrenica hat sich der Bevölkerungsanteil durch Flüchtlinge verdoppelt.

Moslems leisten dort noch Widerstand. In der Enklave Goražde haben viele Binnenflüchtlinge aus Foca und So-kolac unsichere Zuflucht gefunden.

Die noch selbstbewußte bosnische Intelligenz und die Armee stellen sich vehement gegen die Teilung des Landes, betont Balic. Er verweist auf das Fehlen von Waffen zur

Verteidigung und meint, daß es die bosnische Armee nicht zulassen werde, daß die Pläne von Vance, Owen und Stoltenberg, „die allesamt keine Ahnung haben", verwirklicht werden.

Die Teilungspläne sind für Bosniaken unhaltbar. „Jetzt muß die Menschlichkeit zum Handeln rufen", meint Smail Balic und verweist auf das

„mittelalterliche Denken der Serben". „Wenn man dieses Denken unterstützt, dann hat man damit Vorboten der künftigen Entwicklung. Das wäre kein gutes Omen für die Zukunft Europas", schreibt Balic jenen ins Stammbuch, die die Moslems auf dem Balkan als „nichteuropäisch" abschreiben wollen. Eine Gefahr sieht er in jenen 400 aus

Kroatien abgezogenen russischen UNO-Soldaten und weiteren 400 aus Rußland einzufliegenden, die in Bosnien die Blauhelme aufstocken sollen. „Die Russen stehen in engem Kontakt zu Tschetniks, viele sind Mafiosi und glauben, daß es die Moslems waren, die den ganzen Konflikt angezettelt haben."

(Kommentar auf Seite 8)

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung