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LEOPOLD ROSENMAYR / MIT GANZ NEUEN METHODEN

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Einiges Interesse erregte in den letzten Wochen eine Untersuchung über „Familienbeziehungen und Freizeitverhalten jugendlicher Arbeiter“, verfaßt von dem Wiener Soziologen Leopold Ro-senmayr. Die umfangreiche, überaus genaue Untersuchung ist das Ergebnis der im Frühjahr abgehaltenen Tagung „Jugend in Not“. Rosenmayr, der bereits auf diesem Gebiet zu arbeiten begonnen hatte, verfaßte diese Untersuchung über Auftrag des Unterrichtsministeriums.

Professor Rosenmayr ist Wiener. Am 3. Februar 1925 geboren, inskribierte er nach Absolvierung des humanistischen Gymnasiums an der Wiener Universität. Zum Studium kam es freilich zunächst nicht: der Student wurde Soldat. Der Promotion zum Dr. phil. im Jahre 1949 folgte ein Studienaufenthalt in Paris, der von der französischen Regierung ermöglicht worden war. Ausgedehnte Studienreisen in alle Teile Europas schlössen sich an.

Nach kurzer Tätigkeit in Österreich — darunter ein halbes Jahr manueller Arbeit, die der Professor als bestes Lehrmittel jedem Soziologen empfiehlt — folgte ein neuerlicher Auslandsaufenthalt: Die Rockefeller-Stiftung ermöglichte dem jungen Soziologen SpezialStudien auf den Gebieten der Wissenssoziologie und der Sozialforschung in den Vereinigten Staaten. Für das Studienjahr 1952/53 wurde Rosenmayr als Gastdozent an die Fordham-Universität nach New York verpflichtet. Über seine Arbeit sagt er selbst: „Ich gab das ganze Jahr hindurch eine vierstündige Vorlesung Einführung in die Soziologie' mit besonderer Berücksichtigung spezieller amerikanischer Sozialfragen. In der Graduate School der gleichen Universität hielt ich im Wintersemester 1952/53 eine Vorlesung .Wissenssoziologie' und im Sommersemester 1953 eine über das Thema ,Religionssoziologie'.“

Bald nach der Rückkehr Rosenmayrs nach Wien gelang es, eine sozialwissenschaftliche Forschungsstelle — mit Unterstützung des kürzlich verstorbenen Professors Knoll und mit kräftiger materieller Hilfe der Ford-Stiftung — an der Universität einzurichten und soziologische Untersuchungen über Wohnverhältnisse und Wohnkultur zu beginnen. Die Ergebnisse wurden in der Publikation „Wohnen in Wien“ zusammengefaßt, die einen fesselnden Querschnitt durch das Leben in den Bienenwaben der Bundeshauptstadt bietet. Im Rahmen demographischer Fachstudien erfolgten schließlich Untersuchungen über die Wiener Familie der Gegenwart, über die Probleme der berufstätigen Frau und Mutter sowie über die Sozialprobleme alter Menschen.

1955 wurde der „wissenschaftlichen Hilfskraft“ Dr. Leopold Rosenmayr die venia docendi von der philosophischen Fakultät, 1959 auch von der rechts- und staatswissenschaftlichen Fakultät der Wiener Universität übertragen. Immer größer wurde seither der Aufgabenkreis für den Wiener Soziologen: Forschungstätigkeit für die Abteilung Stadtplanung des Wiener Magistrates, Mitarbeit bei der Steuerungskommission der OECD für sozialwissenschaftliche Fragen, Vorsitzender des Internationalen Seminars für Familienforschung in Rahmen der UNESCO...

Eine umfangreiche Bibliographie, eine Anzahl von Artikeln und mehrere Bücher umfassend, ist das Ergebnis von Rosenmayrs Arbeit, dessen Ziel eine möglichst enge Verbindung vor Forschung und Lehre ist. So ist beispielsweise ein Ergebnis des Amerikaaufenthaltes die Übersetzung eines der wichtigsten Werke über amerikanische Soziologie — übrigens zusammen mit seiner Frau und Mitarbeiterin verfaßt.

Die Zähl der Hörer Rosenmayrs — der seit 1961 außerordentlicher, seit 1963 ordentlicher Professor ist— wächst ständig. Ein großer Teil der Studenten, die sich im Hörsaal drängen, kommt von der philosophischen Fakultät. Die für Österreich neuen, ungewohnten Forschungs- und Lehrmethoden, nach denen im Institut für Sozialkunde gearbeitet wird, erlauben den Studenten kein Bummelstudium. Diese Methoden hat der Professor in den USA kennengelernt; ihre Einführung drückt deutlich das Nachdrängen einer jungen Generation akademischer Lehrer aus.

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