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Heute modernes Forschungszentrum

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Das Jubiläum der Wiener Theologischen Fakultät ist Anlaß genug, die wichtigen Wendepunkte in der Geschichte dieser bedeutenden Institution kurz zu skizzieren.

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Das Jubiläum der Wiener Theologischen Fakultät ist Anlaß genug, die wichtigen Wendepunkte in der Geschichte dieser bedeutenden Institution kurz zu skizzieren.

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Am 21. Februar 1384 bewilligte Papst Urban VI. in Neapel die Errichtung der Wiener Theologischen Fakultät. Sie war bei der Gründung der Alma Mater Rudolfina im Jahr 1365 nicht gewährt worden. Nun hatten das Abendländische Schisma, das Aufflammen des tschechischen Nationalismus und Konflikte an der Pariser Theologischen Fakultät die Gründung der Wiener Fakultät bewirkt und der Gesamtuniversitat zu Wachstum und Ansehen verholfen. Heinrich Heimbuche von Langenstein, ein Vertreter konziliarer Theorien, mußte Paris verlassen, er konnte von Herzog Albrecht III. für Wien gewonnen werden und wurde nicht nur Organisator der Wiener Universität, sondern auch Begründer der Wiener Astronomisch-Mathematischen Schule, die im 16. Jahrhundert ihre Hochblüte erreichte.

Als der Verfall der Universität nach dem Einbruch der Reformation in den habsburgischen Erbländern beängstigende Formen annahm, gelang es Ferdinand I., den Fortbestand der Universität mit der Berufung der Jesuiten nach Wien zu sichern. Päpstliche Privilegien ermöglichten vorzüglich ausgebildeten Jesuitenprofessoren, die Lehrtätigkeit an der Theologischen Fakultät aufzunehmen. Schließlich wurde 1623 das Wiener Jesuitenkolleg in die Universität integriert, mit Patres aus der Gesellschaft Jesu der Großteil der theologischen und philosophischen Lehrstühle besetzt. Sie bewahrten den „katholischen Charakter" der Universität.

Im Zuge der Bildungsreformen des 18. Jahrhunderts verlieh Maria Theresia den Bischöfen größere Aufsichtsrechte über die Gesamtuniversität. Als die Jesuitenprofessoren 1774 ihre Lehrstühle an der Theologischen Fakultät verloren, setzte auch der Umformungsprozeß der Universität als freie Corporation in eine landesfürstliche Bildungsanstalt ein. Obwohl Kaiser Leopold II. 1792 den Bischöfen ihre Aufsichtsrechte über die Theologischen Fakultäten zurückgab, konnten die Päpste erst wieder im Vormärz

Einfluß auf die theologischen Studien ausüben.

Das Konkordat von 1855 gewährte den österreichischen Bischöfen die weitestgehenden Aufsichtsrechte über die Theologischen Fakultäten innerhalb des gesamten deutschen Sprachraums. In Umkehrung zur landesfürstlichen Theologischen Fakultät unter Joseph II. wurde unter Franz Joseph I. die bischöfliche Theologische Fakultät organisiert. Sie geriet vor und nach dem Ersten Vatikanum in die große Konfrontation mit den weltlichen Disziplinen, die sich rasch entfalteten und die Theologie als Wissenschaft in Frage stellten.

Mit dem Gesetz von 1874 wurde der „katholische Charakter" der Universität auf die Theologische Fakultät eingeengt. Der Propst des Metropolitankapitels von St. Stephan in Wien, seit 1365 Kanzler der Universität, blieb Kanzler der Theologischen Fakultät, für deren Grade er bis heute die Lizenz erteilt.

Der Zusammenbruch der Habsburgermonarchie veränderte Zusammensetzung und Zahl der Wiener Theologiestudenten. Er verursachte auch den Abgang prominenter Professoren aus Wien und veranlaßte profilierte junge Theologen wie Ignaz Seipel und Theodor Innitzer, ihre Kräfte dem Aufbau der Ersten Republik zur Verfügung zu stellen. 1922 wurde die Evangelisch-Theologische Fakultät in den Wiener Universitätsverband einbezogen.

Damals wünschte Rom eine Vereinheitlichung und Normierung des Katholischen Theologiestudiums für die ganze Welt. Bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges bemühte man sich ständig, die Wünsche des Papstes mit der historischen Eigenart der Wiener Studien und den wirtschaftlichen Möglichkeiten der Republik zu verbinden. Als einzige Theologische Fakultät in Österreich konnte die Wiener Fakultät ihre Existenz in der Nationalsozialistischen Ära bewahren.

Nach 1945 fand sie zu ihrer ursprünglichen Aufgabe zurück: von der bischöflichen Priesterbildungsanstalt unter römischer Aufsicht wurde sie wieder zum theologisch-wissenschaftlichen Forschungszentrum, das seine Strukturen differenzierte. Semi-narien wurden zu Instituten erweitert, neue Fächer eingefügt, alte Fächer, vor allem die Pastoraltheologie, ausgefaltet. Obwohl die bischöflichen Aufsichtsrechte über die Fakultät entsprechend den Konkordaten von 1855 und 1933/34 fortbestehen, wurden durch ihre Handhabung im Geist des Zweiten Vatikanums die theologische Forschung in Wien gefördert und ihre Freiheit im Verband der modernen Universität gesichert.

Die Autorin ist Univ.-Doz. für Neuere Geschichte Österreichs an der Universität Wien.

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