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Katholische Universitäten im Fernen Osten

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Vizercklor der katholischen Universität „Fu-Jen“ in Peking

In China wandte die katholische Mission dem Hochschulwesen ziemlich spät ihre Aufmerksamkeit zu, so daß die Geschichte der drei katholischen Universitäten Chinas verhältnismäßig jung ist: 1903 gründeten Jesuiten der Pariser Provinz die „Aurora“-Universität in Schanghai; 20 Jahre später errichteten die Jesuiten der Champagne in Tientsin eine Hochschule für Handel und Industrie, die einen raschen Aufstieg nahm und anläßlich ihres 25iährigen Bestehens von der Regierung den Titel einer Universität (,,Tsinku“-University) erhielt; die dritte Gründung, die „Fu-Jen“-Universität in Peking, wurde von amerikanischen Benediktinern 1925 eröffnet und 1933 der Gesellschaft des Göttlichen Wortes übergeben. Die aufschlußreichen Mitteilungen des Vizerektors der Pekinger „Fu-Jen“-Universitat lagen dem kürzlich in Wien abgehaltenen Internationalen akademischen Missionskongreß vor.

Der Ausbruch des chinesisch-japanischen Krieges bedeutete für die nordchinesischen Universitäten einen schweren Schlag, aber die zwei katholischen Universitäten „Tsinku“ und „Fu-Jen“ waren unter den ersten Hochschuleinrichtungen, die bereits im Herbst 1937 ihren Studienbetrieb wieder aufnahmen und sich während des ganzen Krieges erfolgreich behaupteten. Der Lehrkörper von „Fu-Jen“, der sich aus Vertretern von zehn Nationen zusammensetzte, bot während des Krieges ein schönes Beispiel übernationaler katholischer Solidarität, aus deren Mitte die Japaner die Angehörigen der alliierten Mächte 1943 durch deren Internierung herausrissen.

Der gute Ruf, die Sympathien der chinesischen Öffentlichkeit, erworben in erster Linie durch die Verteidigung der akademischen Freiheiten japanischen Behörden gegenüber, vor allem aber die Einführung des Frauenstudiums, brachten den drei katholischen Universitäten Chinas einen ungeahnten Aufschwung. So stieg die Hörerzahl an der „Fu-Jen“ während des Krieges von 800 auf 2600, eine iür die Hochschulen Chinas bedeutende Zahl, und hielt sich auch nach dem Kriege um 2500; ein gutes Drittel davon waren Frauen. An der „Aurora“ waren 1947/48 rund 900 Hörer und 500 Hörerinnen inskribiert. Die Tsinku-Universität, die 1938 nur 195 Schüler hatte, zählte 1947/48 bereits 550 Studenten und 280 Studentinnen. Alle zusammen beherbergen etwa 7 Prozent aller chinesischen Hochschüler. Die neuen Verhältnisse haben die Zahl der Studierenden allgemein verringert, auf der „Fu-Jen“ zum Beispiel studieren zur Zeit nur 1200 Studenten,

Das Anwachsen der Hörerzahl während des Krieges brachte für die Universitäten, die nach amerikanischem Muster aufgebaut sind, auch eine teilweise Erweiterung des Studienbetriebes, das heißt einen Ausbau der „graduate school“: so genehmigte zum Beispiel das Unterrichtsministerium 1937, knapp vor Kriegsausbruch, für „Fu-Jen“ die Eröffnung einer „graduate division“ für Geschichte und Physik, nach dem Kriege auch für Chemie, Biologie und Ethnologie. Der Mangel an finanziellen Mitteln erschwert wohl auf einzelnen Teilgebieten eine ausgedehnte Forschungsarbeit, doch sind die katholischen Universitäten doch vollwertig in den wissenschaftlichen Austauschdienst des staatlichen Hochschulwesens eingegliedert und besitzen bekannte wissenschaftliche Institutionen: das Musee Heude der „Aurora“ verfügt über die reichste naturgeschicht1iche Sammlung des Fernen Ostens, die Tsinku-Universität die großen geologischen, paläontologischen, prähistorischen und biologischen Sammlungen des Huangho-Paiho. Die „Fu-Jen“ baut zur Zeit ein Museum für orientalische Ethnologie auf, dessen Begründer der Österreicher P. M. E d e r ist. Besonderes Ansehen genießt die medizinische Fakultät der „Aurora“. „Fu-Jen“ obliegt die bedeutungsvolle Aufgabe der Veröffentlichung einer katholischen Enzyklopädie für China, für die vom Verlag Herder während des Krieges bereits wichtige Vorarbeiten geleistet wurden. Die Übertragung der vorliegenden Arbeiten ins Chinesische soll jetzt in die Wege geleitet werden.

Ohne unmittelbar an eine katholische Universität angeschlossen zu sein, arbeitet in Schanghai das Oberservatorium der Jesuiten mit vier wissenschaftlichen Abteilungen: Seismologie und Meteorologie in Zi-ka-wei, Astronomie in ZosK Magnetismus in Löh-ka-pang. Seit 1882 sendet es regelmäßig seine wertvollen Wetterberichte für die ost-asiatische Schiffahrt aus. Hier sei auch der fruchtbaren Übersetzungsarbeit des Bibelinstituts der Franziskaner in Hongkong gedacht, die zum erstenmal auf katholischer Seite eine vollständige Ausgabe der Hl. Schrift in chinesischer Sprache erstehen läßt. Kardinal T'ien, der Erzbischof von Peking, errichtete in seiner Residenz das St.-Thomas-Institut, dessen Aufgabe es ist, hervorragende katholische Werke des Westens ins Chinesische zu übersetzen.

Zwei Bestrebungen charakterisieren die Arbeit der katholischen Missionen auf dem Gebiet des Hochschulwesens: die systematische Einbeziehung von jungen chinesischen Priestern in das Universitätsstudium und die Einflußnahme auf die Studentenwelt der nichtkatholischen Universitäten, Einwirkungen, deren Bedeutung für.den Aufbau einer einheimischen katholischen Geisteswelt nicht hoch genug eingeschätzt werden kann.

Allgemein läßt sich sagen, daß der Einfluß der katholischen Kirche auf das höhere Schulwesen in China so jung es ist, schon in die Tiefe geht. Wenn auch weiterhin der Schultätigkeit eine Aufmerksamkeit geschenkt wird, wie das seit einem Jahrzehnt in steigendem Maße gesdrah, dann wird die katholische Kirche auch in Zukunft spürbar China ihr Gepräge aufdrücken und voraussichtlich mehr als jede andere positive Macht.

Gegenwärtig hat zwar die Vorsehung unseren Schulen eine Periode des Wartens auferlegt. Doch vermögen sie noch an den gewaltigen erzieherischen Aufgaben mitarbeiten, die China zu leisten hat, um im Wettbewerb der Völker bestehen zu können. Es gilt, die noch vorhandenen Möglichkeiten trotz aller Behinderung auszunützen.

Ein völlig anders geartetes Bild bietet uns das Hochschulwesen in Japan. Hier war die Erziehung bis 1945 Staatsmonopol. Auch die dann vollzogene Lockerung und die zahlreichen Neugründungen privater Universitäten vermochten die uneinnehmbare Vormachtstellung der sieben staatlichen Universitäten, der „Großen Sieben“, nicht zu erschüttern. Zur Zeit herrschen auf dem Gebiete des höheren Schulwesens einem Bericht P. Roggendorfs, des Professors an der Sophia-Universität in Tokio zufolge, chaotische Zustände, heraufbeschworen durch großzügige Vergebungen von Lizenzen für Neugründungen und die Entwertung des Begriffs Universität. Die älteste und bis vor kurzem einzige katholische Universität Japans ist die Sophia- (Jochi-) Universität der deutschen Jesuiten in Tokio, die mit den drei protestantischen auch zu den ältesten Privatuniversitäten des Landes gehört. Sie wurde 1913 gegründet und 1928 staatlich anerkannt. Vor dem letzten Kriege betrug die Zahl der Hörer etwa 350. Von den nach 1946 zugelassenen nicht weniger als 100 Privatuniversitäten sind vier katholisch: die Nanzan-Universität der Steyler Patres in Nagoya, zugänglich für Männer und Frauen. Bisher besaß sie nur eine Fakultät für „Arts and Letters“ mit Abteilungen für Englisch, Chinesisch, Deutsch und Französisch. Für dieses Jahr ist die Eröffnung von Abteilungen für Sozialwissenschaft, Pädagogik und Philosophie geplant. Fakultäten für Recht und Naturwissenschaften sollen in den nächsten Jahren folgen. In der Universitätsabteilung, die bis jetzt die vier ersten Semester umfaßt, studieren 525 Studenten und 25 Studentinnen. — Die weiteren drei sind Frauenuniversitäten: eine im vergangenen Jahr gegründete Universität der Schwestern U. L. F. von Namur in Okayama; die kürzlich erst ins Leben gerufene Universität der Dienerin des Heiligsten Herzens in Jokosuka und eine weitere seit drei Jahren bestehende Universität desselben Ordens.;

Beachtung verdient der großangelegte Plan der amerikanischen Protestanten, in Tokio eine christliche Universität zu gründen, die nur „graduate schools“ (Forschungsabteilungen) umfassen soll; die Gründung würde eine Bresche in der Vorherrschaft der Nationaluniversitäten bedeuten. Der Gründungsfonds soll zehn Millionen Dollar betragen. Japaner haben Gelände, ein Gebäude und eine halbe Million Dollar zur Verfügung gestellt. Die Eröffnung der ersten literarischen Fakultät ist für 1951 vorgesehen.

Manila ist der Sitz der ältesten katholischen Universität im Fernen

Osten, die 1605 gegründete, nach europäischem Muster eingerichtete Sankt-Thomas-Universität der spanischen Dominikaner. An ihr unterrichten 500 Professoren, darunter 50 Dominikaner; sie umfaßt heute 13 Fakultäten und hat 16.300 Hörer; 2000 davon sind auf der High-School.

Die zweite katholische Universität auf den Philippinen ist die 1948 gegründete San-Charlos-Universität auf Cebu, die sich aus dem 1595 gegründeten Colegio de San Ildefonso entwickelte. M Laufe seines Bestehens betreuten die Hochschule Dominikaner, Weltpriester und Lazaristen, bis sie 1935 der Erzbischof von Cebu der Steyler Missionsgesellschaft übergab. Nach dem Kriege jedoch erlebte die Hochschule einen ungeahnten Aufstieg. Die Hörerzahl stieg in den sechs Colleges von 130 im Jahre 1945 auf 4000 in diesem Schuljahr (1949/50), in den angeschlossenen Mittelschulen studieren heute bereits 2000 Schüler und Schülerinnen. Menschlich gesprochen, auf den Philippinen ist alles lediglich eine Frage der Kräfte und der finanziellen Mittel, um den katholischen Hochschulen in dem rasch emporstrebenden Schulwesen des Landes die gebührende Stellung auch für die Zukunft zu sichern.

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