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Universität: Benediktinisches Erbe und moderne Raumnot

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Mit dem Aufhebungsdekret vom 25. November 1810 ging die 188jährige Geschichte der alten Salzburger Universität zu Ende. 1622 von Erzbischof Paris Lodron gegründet, wurde die Alma Mater Paridiana neben der staatlichen Subvention materiell und vor allem geistig von einer Konföderation aller süddeutschen, einschließlich der österreichischen und schweizerischen Benediktinerklöster getragen. Nach der Aufhebung der Selbständigkeit des Erzstiftes (1803), dem kurzlebigen Kurfürstentum (1803-1805), der ersten österreichischen Okkupation (1805-1810) bedeutete die Abtretung des Landes an Bayern (1810) auch das Ende der Universität. Vom stark zentralisierten Wittelsbacherstaat war keine Rücksichtnahme auf die eigenständige Entwicklung Salzburgs zu erwarten, sondern im Gegenteil eine kompromißlose Nivellierung und Eingliederung als „Salzachkreis“. Dementsprechend hatte Bayern weder das Geld noch die Absicht, sich eine periphere Universität zu leisten, die möglicherweise zu einem Sammelpunkt des Widerstandes hätte werden können. Die bayrische Verwaltung besaß genügend Ironie, das Dekret der Aufhebung der Universität Salzburg - gleichsam als Weihnachtsgeschenk - am 24. Dezember 1810 zu verkünden und damit in Kraft zu setzen.

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Mit dem Aufhebungsdekret vom 25. November 1810 ging die 188jährige Geschichte der alten Salzburger Universität zu Ende. 1622 von Erzbischof Paris Lodron gegründet, wurde die Alma Mater Paridiana neben der staatlichen Subvention materiell und vor allem geistig von einer Konföderation aller süddeutschen, einschließlich der österreichischen und schweizerischen Benediktinerklöster getragen. Nach der Aufhebung der Selbständigkeit des Erzstiftes (1803), dem kurzlebigen Kurfürstentum (1803-1805), der ersten österreichischen Okkupation (1805-1810) bedeutete die Abtretung des Landes an Bayern (1810) auch das Ende der Universität. Vom stark zentralisierten Wittelsbacherstaat war keine Rücksichtnahme auf die eigenständige Entwicklung Salzburgs zu erwarten, sondern im Gegenteil eine kompromißlose Nivellierung und Eingliederung als „Salzachkreis“. Dementsprechend hatte Bayern weder das Geld noch die Absicht, sich eine periphere Universität zu leisten, die möglicherweise zu einem Sammelpunkt des Widerstandes hätte werden können. Die bayrische Verwaltung besaß genügend Ironie, das Dekret der Aufhebung der Universität Salzburg - gleichsam als Weihnachtsgeschenk - am 24. Dezember 1810 zu verkünden und damit in Kraft zu setzen.

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An die Stelle der Universität trat ein Lyzeum. Daran änderte sich auch mit dem endgültigen Ubergang des Landes Salzburg an Österreich (1816) nichts, doch wurde von Kaiser Franz 1818 dem Lyzeum Salzburg als Nachfolgeeinrichtung einer Universität wenigstens das Recht zur Verleihung des theologischen und des philosophischen Doktorgrades zugestandes.

Die umwälzenden Ereignisse des Jahres 1848 bedeuteten das Ende der Lyzeen in ihrer alten Form. Für Salzburg kam weder eine ersatzlose Aufhebung des Lyzeums noch eine Umgestaltung zur Volluniversität in Frage. Durch die Eigenschaft Salzburgs als Sitz eines Metropoliten bot sich die Erhebung des schon bisher lebendigsten Teiles des Lyzeums, der theologischen Studienabteilung, zu einer Theologischen Fakultät als Kompromiß an. 1850 wurde die selbständige k. k. Theologische Fakultät Salzburg geschaffen. Die von den interessierten Salzburger Kreisen in diese Fakultät gesetzte Hoffnung, sie könnte zum Kristallisationspunkt einer neuen Volluniversität werden, wurden allerdings nicht erfüllt. An Plänen dazu fehlte es nicht. Der Vorstellung einer nichtkonfessionellen staatlichen Universität wurde die Idee einer katholischen Universität Salzburg gegenübergestellt Vorübergehend tauchte nach 1938 sogar der Gedanke an eine elitäre nationalsozialistische Hochschule auf. Uber Vorstufen gelangten alle diese Pläne nicht hinaus. Als 340 Jahre nach der Erstgründung durch Paris Lodron die Universität Salzburg 1962 wiedererrichtet wurde, erfolgte dies unter gänzlich anderen Vorzeichen.

Mit Bundesgesetz vom 6. Juli 1962 wurde der Theologischen eine Philosophische Fakultät beigestellt und beide zur Universität Salzburg zusammengeschlossen. Eine Juridische

und eine Medizinische Fakultät sollten folgen. Zunächst erfolgte der Ausbau der geisteswissenschaftlichen Studieneinrichtungen der Philosophischen Fakultät. Neben der Ausarbeitung längerfristiger Pläne hinsichtlich des Studienangebotes und des räumlichen Ausbaues, war die Unterbringung der neuen Institute durch Anmietungen und provisorische Adaptierungen die dringendste Aufgabe. Immer im Hinblick auf die in Kürze zu errichtenden Neubauten, durch die die > Provisorien abgelöst werden sollten, wurden auch ausgesprochene Verlegenheitslösungen akzeptiert.

Für alle, die sich um den Ausbau der Universität Salzburg bemühten, mußte es eine Ermutigung sein, daß mit Bundesgesetz vom 30. Juni 1965 als dritte eine Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät errichtet wurde. Niemand konnte voraussehen, daß damit auf lange Zeit der letzte große Erfolg erreicht worden war. Die Neubauten für die rasch wachsende Philosophische Fakultät sollten in Leo-poldskron errichtet und mit einem Fußgängertunnel unter dem Mönchsberg mit der Altstadt verbunden werden, in der die anderen Fakultäten und die zentralen Einrichtungen unterzubringen waren. 1967 kam das Projekt aus verschiedenen Gründen endgültig zu Fall. Als Hoffnung blieb, daß alle maßgeblichen Stellen als Alternative eine Situierung der Neubauten in Freisaal anboten. Die notwendigen Gründe wurden von der öffentlichen Hand angekauft, ein Architektenwettbewerb ausgeschrieben. Während des halben Jahrzehnts, das darüber verging, wurden nie Einwendungen gegen den Standort Freisaal laut. Als das Projekt 1975 vorgestellt wurde, formierte sich eine Bürgerinitiative und konnte den Bau in seiner ursprünglichen Form verhindern. Als 1967 das Leopoldskron-Projekt zu Fall kam,

waren an der Universität Salzburg 1197 Hörer inskribiert. Im vergangenen Wintersemester waren es 7417. Sie studieren zum größten Teil an Instituten, die schon unzulänglich waren, als die jüngeren Studenten noch nicht einmal mit dem Gymnasium begonnen hatten.

16 Jahre nach der Wiedererrichtung der Universität Salzburg ist die Situation so, daß nur noch die Theologische Fakultät im alten Studiengebäude geschlossen und endgültig untergebracht werden kann. Da knapp die Hälfte ihrer Ordinarien dem Benediktinerorden angehören, kann gesagt werden, daß hier die Tradition der alten Universität fortgeführt wird. Die Rechtswissenschaftliche Fakultät -derzeit in einem adaptierten Fabriksgebäude - soll in den Toskanatrakt der Residenz übersiedeln, doch muß dafür der Neubau der Bundespolizeidirektion Salzburg abgewartet werden, für den sich kein Termin abzeichnet. Die Institute der Geisteswissenschaftlichen als der größten Fakultät werden zum Teü in der Altstadt, zum Teil an der Akademiestraße untergebracht werden. Hinsichtlich der Akademiestraße muß die Übersiedlung der Naturwissenschaftlichen Fakultät aus diesen Gebäuden in jenen Neubau abgewartet werden, der als Rest des ursprünglichen Freisaalprojektes errichtet werden soll.

Das alles wird noch eine Menge Zeit erfordern. Doch Geduld lernt man als akademischer Funktionär in Salzburg schnell und ausgiebig. Als Rektor der Universität Salzburg bin ich trotzdem davon überzeugt, daß die Alma Mater Paridiana schließlich sowohl dem Auftrag nachkommen wird, der ihr bei ihrer Erstgründung 1622 gestellt wurde, als auch die Hoffnungen erfüllen wird, die bei ihrer Wiedererrichtung 1962 an sie geknüpft wurden.

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