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Statt der Katholischen Universität entstand das Forschungszentrum

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Das geistige Leben der Kirche von Salzburg ist mit wenigstens zwei akademischen Einrichtungen untrennbar verbunden, deren Bedeutung die Grenzen der Stadt und des Landes weit überstrahlt: die Salzburger Hochschulwochen und das Internationale Forschungszentrum für Grundfragen der Wissenschaften.

Die Entstehung beider Institutionen hängt aufs engste mit den Bestrebungen zur Errichtung einer gesamtdeutschen Katholischen Universität in Salzburg zusammen. Diese reichen bis in die Mitte des vergangenen Jahrhunderts zurück. Der 1884 gegründete „Verein zur Gründung und Erhaltung einer freien katholischen Universität in Salzburg“, kurz „Katholischer Universitätsverein“ genannt, war dann durch fast ein Jahrhundert hindurch Träger jener Bestrebungen.

Bundeskanzler Dr. Ignaz Seipel hatte 1923 erneut zur Gründung einer katholischen Universität in Salzburg aufgerufen. Nach Beendigung eines eindrucksvollen Universitätstages 1928 entschloß man sich, die diesbezüglichen Pläne so bald wie möglich zu verwirklichen. Diesem Zweck diente zunächst die Durchführung von Hochschulwochen in Salzburg. So fanden denn 1931 die ersten Salzburger Hochschulwochen statt. Sie waren von ihren Gründern konzipiert als eine „uni-versitas in nuce“, als Kernbereich einer späteren Vier-Fakultäten-Universität. Mit Unterbrechung während der Wirren des Nationalsozialismus bestehen diese Salzburger Hochschulwochen bis heute in ununterbrochener geistiger Lebenskraft Was wollen sie?

Als die drei entscheidenden Aufgaben dieser Hochschulwochen wurden damals festgelegt:

• Die Salzburger Hochschulwochen wollen den Teilnehmern einen möglichst umfassenden und zusammenhängenden Einblick in die Grundtatsachen und Grundwahrheiten katholischen Wissens und Forschens bieten.

• Die Hochschulwochen richten sich an alle Kreise der Gebildeten, die ihr Wissen und ihre Bildung nach katholischen Grundsätzen in streng wissenschaftlicher Methode erweitern und vertiefen wollen.

• Die Hochschulwochen wenden sich aber auch an das gesamte Ausland. Sie wollen der geistigen Verständigung und Zusammenarbeit dienen, deren Wirksamkeit auf dem Boden gemeinsamer katholischer Weltanschauung angebahnt werden kann.

Jedem Ghettodenken abhold, von höchsten österreichischen politischen und kirchlichen Stellen als ein ausgezeichnetes Arbeitsinstrument für die Realisierung der angesprochenen Zielvorstellungen anerkannt und mit dem Angebot wissenschaftlicher Veranstaltungen von hohem Niveau, stel-

len die Salzburger Hochschulwochen eine kirchliche akademische Einrichtung dar. Diese ist als eine Arbeitsgemeinschaft kanonisch-rechtlich errichtet und genießt auch im staatlichen Bereich den Charakter einer Rechtspersönlichkeit. Ihr gehören als Mitglieder die Theologische Fakultät der Universität Salzburg, der Katholische Akademikerverband Deutschlands, das Katholische Hochschulwerk Salzburg (ehemals „Katholischer Universitätsverein“), die Salzburger Äbtekonferenz (das ist der Zusammenschluß aller regierenden Äbte und Prioren von Benediktinerklöstern deutscher Zunge), die Görresgesellschaft zur Pflege der Wissenschaft sowie der Katholische Akademikerverband Österreichs an. Die Vorsitzenden oder Präsidenten dieser Verbände bilden das Präsidium der Arbeitsgemeinschaft. Dem Direktorium der Arbeitsgemeinschaft obliegt die Festlegung des Programms der jährlichen Hochschulwochen in thematischer und personeller Hinsicht. Es setzt sich aus je zwei von den Trägerverbänden bestellten Personen zusammen und wird von einem Obmann geleitet.

In den Ferienmonaten des Sommers werden bei den Hochschulwochen jedes Jahr während der Dauer von 14 Tagen in der Festspielstadt Vorlesungen, Seminare und Arbeitsgemeinschaften veranstaltet, die um ein ak-tualitätsbezogenes Leitthema kreisen. In der Form von Universitätslehrgängen durchgeführt, verfolgen sie den Zweck, den Studierenden an den Universitäten und Hochschulen neben ihrem ordentlichen Studium und den im Beruf stehenden Akademikern Jahr für Jahr eine Möglichkeit zu bieten, ihr Wissen auf den verschiedenen Gebieten der Forschung und Lehre durch das Lehrangebot von Seiten namhafter Wissenschafter aus dem In- und Ausland im Lichte der christlichen Weltanschauung zu erweitern und zu vertiefen.

Dieses Bemühen um eine Form des Studium generale kommt nicht nur dem integrativen Bildungsverlangen heutiger Studenten entgegen, dem in den Lehrplänen an unseren ausbil-dungsorientierten Universitäten kaum noch entsprochen werden kann. Es deckt vor allem auch die Bedürfnisse von heutigen Akademikern ab, deren Selbstbewußtsein nicht mehr so sehr von der privilegierten Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Berufs-

gruppe geprägt wird. Diese verstehen sich vielmehr als Mitglieder einer denkerisch tätigen Schicht in der Gesellschaft, denen die Aufgabe zugefallen ist, Fragen von heute gründlicher und radikaler zu stellen und zu beantworten. Dabei sollen dann spezifische Probleme ihres Berufsbereiches und Fachgebietes in den gesamten Zusammenhang der umfassenden Frage nach dem Sinn des Ganzen und der Welt gestellt werden. Hier liegt auch der Grund für den lebhaften Zuspruch, den die Hochschulwochen gerade bei den akademischen Berufsgruppen der Pädagogen, Mediziner und Juristen finden.

Die prozentuelle Aufteilung der studentischen Teilnehmer an den Salzburger Hochschulwochen nach Fachrichtungen zeigt ein ähnliches Bild, wonach den Pädagogen die Geisteswissenschafter, die Mediziner und Juristen folgen. Außer aus Österreich stammen die Teilnehmer überwiegend aus der Bundesrepublik Deutschland

und aus den übrigen europäischen und außereuropäischen Ländern, wobei sich Salzburg als Stadt eines neutralen Landes als ein idealer Treffpunkt für den grenzüberschreitenden Gesprächskontakt besonders eignet.

Als der zäh verfolgte Plan der Gründung einer katholischen Universität 1962 mit der Errichtung der staatlichen Universität in Salzburg überprüft werden mußte, entschloß sich der Katholische Universitätsverein, welcher seinen Namen in „Katholisches Hochschulwerk“ änderte, zur Gründung eines „Internationalen Forschungszentrums für Grundfragen der Wissenschaften“. Hierbei handelt es sich um eine kirchliche Einrichtung, die in mehrere Institute gegliedert ist. Sie hat in den beiden, oberhalb des Festspielhauses gelegenen Gebäuden auf dem Mönchsberg ein einzigartiges Unterkommen gefunden.

In klarer Orientierung am geistigen Erbe des christlichen Abendlandes soll an dieser Stätte der Forschung an-

gesichts des heutigen kulturellen und wissenschaftlichen Pluralismus ein in-tegratives Studium von Einzelfragen der Wissenschaften betrieben werden. Außer der intensiven Forschungsarbeit von ausgebildeten Fachgelehrten in den vier Instituten (für Wissenschaftstheorie, Religionswissenschaft und Theologie, politische Wissenschaft, kirchliche Zeitgeschichte) und in den angeschlossenen Abteilungen für Kommunikations Wissenschaft und Didaktik der Massenmedien wird begabten Nachwuchskräften als Assistenten und Stipendiaten Gelegenheit geboten, sich in mehrjähriger, von Lehr- und Verwaltungsaufgaben unbelasteter Studientätigkeit für eine wissenschaftliche Laufbahn zu qualifizieren. Die Bedeutung dieser von der Kirche finanziell getragenen Institution außerhalb des Rechtsbereiches der Universität liegt offen zutage.

Der schließliche Hinweis auf das kürzlich vom Heiligen Stuhl in der Stadt Salzburg errichtete Päpstliche Philosophische Institut mit vollen Fakultätsrechten vermag das Bild der Kirche vor dem wissenschaftlichen Pluralismus abzurunden. In diesem Bild stellen die Salzburger Hochschulwochen und das Internationale Forschungszentrum zwei selbständige und zueinander gehörende Formen dar. Ihre Verantwortung vor der Gesellschaft ist offensichtlich.

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