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Scharfer Wind in die Betriebe

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Jahre hindurch war in Österreich das Wort „Partnerschaft“ im wirtschafts-und sozialpolitischen Sprachgebrauch ein klar umgrenzter Begriff, nämlich ein Synonym für Sozialpartnerschaft. In der Praxis verstand man damit die Zusammenarbeit und das „Miteinandersprechen“ zwischen Spitzenfunktionären der privatwirtschaftlichen Standesvertretung in Form der Bundeskammer und der Arbeitnehmerorganisation in Form des österreichischen Gewerkschaftsbundes.

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Jahre hindurch war in Österreich das Wort „Partnerschaft“ im wirtschafts-und sozialpolitischen Sprachgebrauch ein klar umgrenzter Begriff, nämlich ein Synonym für Sozialpartnerschaft. In der Praxis verstand man damit die Zusammenarbeit und das „Miteinandersprechen“ zwischen Spitzenfunktionären der privatwirtschaftlichen Standesvertretung in Form der Bundeskammer und der Arbeitnehmerorganisation in Form des österreichischen Gewerkschaftsbundes.

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Ein wesentliches Antriebsmoment für die nun auch in Österreich spürbare Aktualität eines Für und Wider innerbetrieblicher Mitsprache und Mitentscheidung durch Arbeitnehmer ist zweifellos in der Entwicklung in unserem Nachbarland, der Bundesrepublik Deutschland, zu suchen.

In Österreich war lange Zeit hindurch praktisch der gesamte Bereich innerbetrieblicher Partnerschaft, Mitbestimmung oder wie immer man die innerbetrieblichen Beziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nennen will, durch das Be-triebsrätegesetz in einer Weise geregelt, die nicht nur den Arbeitgeber-

organisationen, sondern auch den Arbeitnehmervertretern mehr wie ausreichend erschien. In der Bundesrepublik Deutschland ging man vor allem in der Montanindustrie bei der Mitsprache und Mitentscheidung nach Kriegsende wesentlich weiter. Die Belegschaft sendet im Bereich der Montanindustrie ihre Vertreter nicht nur in die Aufsichtsräte, sondern auch in die Vorstände der Unternehmen. Von dieser Einrichtung ausgehend, entwickelten deutsche Gewerkschaftsfunktionäre, nicht nur Sozialdemokraten, sondern auch Vertreter der CDU-Arbeitnehmerkreise, eine heftige Diskussion mit dem Zael,

die innerbetriebliche Mitsprache und Matentscheidung der Arbeitnehmer auf wesentlich mehr Bereiche, vor allem in der Industrie, auszuweiten.

Beschneidung der Unternehmer?

Die Problematik der ganzen Diskussion, die jetzt immer deutlicher sichtbar auf Österreich übergreift und hier unter dem Schlagwort „Mitbestimmung“ geführt wird, liegt vor allem in einem Umstand: angesichts der immer komplizierter werdenden und steigenden Ansprüche an Kräften, die bei der Führung eines Unternehmens tatsächlich mitsprechen können, führt die „Mitbestimmung“, wie sie zur Zeit der ÖGB forciert, zwangsläufig dazu, daß außerbetriebliche, also sprich vom ÖGB geschulte und dessen Weisungen unterliegende Organe diese „Mitbestimmung“ in der Praxis ausüben. Hier liegt nun zweifellos der klassische Fall einer echten und tiefgreifenden Beschneidung der freien Unternehmerent-scheidung vor, und zwar durch ein

unpersönliches Machtkollektiv, das praktisch sämtlicher Einflußnahme seitens dessen, über den bestimmt wird, nämlich den Unternehmer, entzogen ist. Zweifellos bedeutet eine solche Entwicklung eine Sozialisierung der privaten Wirtschaft über dem Umweg der „Mitbestimmung“, wie sie auch der demokratische Sozialismus westlicher Prägung, zumindest seiner programmatischen Worte nach, nicht zum Ziele hat.

Recht anschaulich zeigte diese Problematik der erst kürzlich in den Nationalrat eingezogene junge So-zialpoliittiker Dr. Kohlmaier (ÖVP) auf, und zwar anläßlich einer Enquete der „Aktion betrieblicher Partnerschaft“ (eine parteipolitisch unabhängige Vereinigung, vor allem privater Unternehmer aus den Bundesländern, die in ihren Betrieben selbst partnerschaftliche Formen der Kooperation zwischen Unternehmer und Mitarbeiter pflegen). Sie startete in letzter Zeit etliche Aktionen, um durch eine steigende Zahl partnerschaftlich geführter Betriebe ihren Einfluß auf die Gesamtwirtschaft wesentlich stärker als bisher werden zu lassen. Die „Aktion betriebliche Partnerschaft“ fördert bewußt nur solche Formen betrieblicher Zusammenarbeit, die sich auch als in der Praxis anwendbar und im Interesse des Betriebes gelegen erwiesen und geht vorbehaltslos von einem freien marktwirtschaftlichen System privater Unternehmungen aus. Sie versucht dabei auch zunehmende Unterstützung der großen Interessensver-bände, sowohl der Arbeitgeber- als der Arbeitnehmerseite, zu finden.

Information als Voraussetzung

Kohlmaier meint, daß man bei jeder Form innerbetrieblicher Partnerschaft, zunächst nicht bloß Details, im Auge haben darf. Man müsse damit einen Beitrag zur Lösung der grundsätzlichen Frage nach der Funktion des Menschen im Geschehen der modernen Wirtschaft bieten und neue Alternativen zu den bisher praktizierten Systemen erschließen, bei denen der Mensch im Mittelpunkt steht. Jede Ausweitung der Beziehung zwischen Arbeitgeber und Mit-

arbeiter in der betrieblichen Sphäre hat echte Information zur Voraussetzung, und zwar sowohl innerbetriebliche als auch nach außenhin wirksam werdende Information; wobei in bezug auf die grundsätzliche Einstellung zur Information gerade in Österreich noch enorm viel nachzuholen ist.

Das Thema „Mitbestimmung“ wird zweifellos nicht so rasch aus der aktuellen wirtschafts- und sozialpolitischen Diskussion ausscheiden. In welche konkrete Formen die zur Zeit zweifellos nicht nur wahltaktisch zu sehenden Bemühungen umgemünzt werden, wird nicht zuletzt davon abhängen, in welchem Verhältnis die pragmatisch ausgerichtete Argumentation vor allem des österreichischen Gewerkschaftsbundes zu ideologischen Intentionen stehen wird, könnten sich doch Ideologen leicht zur Versuchung führen lassen, auf dem Umwege der „Mitbestimmung“ Dämme einbrechen zu versuchen, wie man es auf rein politischem Wege sich wahrscheinlich nicht einmal zu erträumen hoffen würde.

Salzburger Hochschulwochen

Die Salzburger Hochschulwochen, die in diesem Jahr unter dem Leitthema „Auf dem Weg zu einer neuen Gesellschaft“ vom 27. Juli bis 9. August abgehalten, werden, erfreuen sich eines sehr starken Interesses unter Studenten und Altakademikern. Schon jetzt liegen dem Sekretariat der Hochschulwochen mehr als 800 Anmeldungen vor. Die Hochschulwochen werden am 27. Juli mit einem Vortrag über die „Pluralität der Gesellschaft als Aufgabe“ von Prof. Hans Zacher, Saarbrücken, eröffnet. Die Arbeitsgemeinschaften, die wegen der außergewöhnlich großen Beteiligung zu Arbeitskreisen erweitert werden mußten, werden sich mit gesellschaftlichen Utopien, kirchlichen Strukturen, Massenmedien und Neuer Theologie auseinandersetzen.

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