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Partnerschaft…

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… ist wie jedes Schlagwort Ausdruck eines Zuges seiner Zeit — unserer Zeit, in der die industrielle Revolution ihrem Höhepunkt entgegeneilt und sich anschickt, die Beziehungen der im industriellen Produktionsprozeß miteinander verbundenen Menschen neu zu gestalten. Welches ist der feste Kern dieses so verlockend und gefährlich schillernden Wortes?

Es bringt zunächst ganz allgemein die Tatsache zum Ausdruck, daß der Unter- hehmer, oder allgemeiner gesagt: das Management und seine Mitarbeiter eine Gemeinschaft mit einer sehr weitgehenden Identität der Interessen sind. Der gesicherte Bestand des Betriebes, das Wohlergehen aller Betriebsangehörigen, Produktivität, Ordnung und Kooperation liegen im gemeinsamen Interesse aller Betriebsangehörigen. In einem einzigen Punkt scheint eine gewisse Gegensätzlichkeit zu bestehen: der Unternehmer hat die Aufgabe, das gemeinsame Interesse an einem gesunden und möglichst expansiven Fortbestand des Betriebes und das ebenfalls gemeinsame Interesse an möglichst hohen Einkommen der Betriebsangehörigen gegeneinander abzuwägen Er hat die Pflicht, für den gesunden Bestand des Betriebes zu sorgen. Die Belegschaft kann hohen Löhnen den Vorrang geben. Es liegt hier aber kein echter Interessengegensatz vor, und je mehr sich die Belegschaften unternehmerisches Denken zu eigen machen und je tieferes Verständnis das Unternehmertum für die geistig-seelische Situation des einzelnen Mitarbeiters beweist, um so mehr gleichen sich, wie die Erfahrung zeigt, die beiderseitigen Standpunkte auch in dieser zentralen Frage an.

Die Vergiftung, die heute noch vielfach von ihr ausgeht, rührt daher, daß s o- ziale Funktionen als private Interessen getarnt sind. Der Unternehmer hat die Pflicht, für Gewinn, Investitionen, Rücklagen usw. zu sorgen. Tut er das nicht, dann muß der Betrieb, die Existenzgrundlage auch aller seiner Mitarbeiter, unaufhaltsam verkümmern. Zweifellos wird die Erfüllung dieser sozialen Pflicht des Unternehmers durch ein gleichlaufendes persönliches Interesse gefördert. Wenn aber das private Interesse und das persönliche Recht des Unternehmers die einzige oder die beherrschende Begründung seiner Stellung sind, dann kommt diese auf der zu engen Grundlage unvermeidlich ins Wanken. Die Klassenkampffront läuft deshalb heute noch durch unsere Betriebe, weil das Unternehmertum lange Zeit hindurch seinen Standort in der Sozialordnung falsch gewählt hat. Unternehmer sein ist Dienst an der Gemeinschaft.

über den allgemeinen Sinn des Wortes hinaus öffnet der Begriff Partnerschaft den Ausblick auf den mannigfaltigen Fragenkomplex, der mit den Worten Mitbestimmung und Gewinnbeteiligung (Miteigentum ist eine Kombination vonbeiden) in die sozialpolitische Diskussion Eingang gefunden hat. Das Verlangen nach Mitbestimmung tritt in zweifacher Form in Erscheinung. Mitbestimmung von außen oder Mitbestimmung über den Betrieb ist die Verlagerung von Unternehmerfunktionen in betriebsferne staatliche oder gewerkschaftliche Büros. Sie dient der Zentralisierung und Machtkonzentration. Sie hebt das Selbstverwaltungsrecht der Betriebe auf, schwächt die unternehmerische Funktion und damit die Betriebe und die Leistungsfähigkeit der Wirtschaft. Die menschlichen und technischen Schwächen der kommunistischen Wirtschaft haben eben darin ihre Wurzel, daß sie noch nicht aus einem Zustand bürokratisch - zentraler Wirtschaftsverwaltung zu einer neuen Form weitgehender betrieblicher Selbstverwaltung gefunden hat. Die Schwächen zentraler Wirtschaftsverwaltung lassen die Mitbestimmung im Betrieb, das ist die Teilnahme der Belegschaft an der Betriebsführung mehr und mehr in den Vordergrund treten. Auch die Auflösung der Unternehmerfunktion von innen, die Sozialisierung der Verantwortung schwächt jedoch genau jene Stelle im Betrieb, von deren Können, Initiative und Verantwortungsbewußtsein — wie auch der Arbeiter sehr genau weiß — der Bestand des Betriebes in erster Linie abhängig ist. An einer klaren Abgrenzung der Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten im Betrieb sollte deshalb nicht gerüttelt werden. Mit b e s t i m- m u n g ist eine Utopie. Mit Wirkung ist eine reale Möglichkeit.

Die Belegschaft jedes Betriebes hat ein Recht auf verstehendes Miterleben des technischen und wirtschaftlichen Betriebsgeschehens. Dieses Recht ist nach Ansicht des Verfassers ein sehr weitgehendes. Das technische Betriebsgeschehen vollzieht sich sichtbar, greifbar vor den Augen und unter den Händen des einzelnen Mitarbeiters; das wirtschaftliche ist in den Büchern verborgen und, selbst wenn diese geöffnet sind, nur mittels eines gewissen Mindestmaßes an wirtschaftstheoretischer Schulung faßbar. Es genügt deshalb nicht, der Belegschaft irgendwelche Zahlen mitzuteilen, sondern es ist Pflicht und Aufgabe des Unternehmers, seine Mitarbeiter an wirkliches Verstehen der wirtschaftlichen Betriebsvorgänge heranzuführen, ihr be- triebs- und volkswirtschaftliches Verständnis zu fördern, ihnen den Inhalt der Bücher in einer für sie faßbaren Form zu vermitteln und mit ihnen zu besprechen.

Das Verlangen nach Mitbestimmung entspringt einem Mangel an Vertrauen. Vertrauen wird nicht aus Mißtrauen geboren. Es kann deshalb auch nicht aus einer Klassenkampfposition heraus geschaffen werden. Zahllose Belegschaften sind bereit, bewiesenem Vertrauen mit Vertrauen entgegenzukommen. Es muß aber einmal bewiesen werden; dadurch, daß den Mitarbeitern die Möglichkeit gegeben wird, Freud und Leid des Betriebes. Erfolg und Sorgen wissend, verstehend mitzuerleben; dadurch auch, daß sie zur Mitwirkung an der Führung des Betriebes herangezogen werden. Die soziale Frage ist in d e'n B e- trieben entstanden. Sie wird in den Betrieben gelöst.

Mitwirkung kann aber nicht durch generelle Regelungen, sondern nur in einer dem einzelnen Fall angepaßten Form und im Geiste echter Betriebsgemeinschaft verwirklicht werden. Auf diesen Geist vertrauensvoller Zusammenarbeit kommt es an — auch in der Frage der Beteiligung der Belegschaft am Gewinn. Die Lösung dieser Frage hängt unmittelbar mit der Mitwirkung der Belegschaft an der Führung des Betriebes zusammen; denn auch das Verlangen nach Gewinnbeteiligung entspringt einem Mangel an Vertrauen. Die Belegschaften vermuten, daß ihnen etwas vorenthalten wird. Zu lange Zeit hindurch ist die Sorge des Unternehmers für den Betrieb nur als eine persönliche, private Angelegenheit des Unternehmers (neuerdings als Machtstellung staatlicher Managet) verstanden worden. Sie ist es nicht. Sie geht alle an. Man kann von keinem Mitarbeiter unternehmerisches Denken und Verhalten verlangen, wenn man ihn nicht die Sorgen und Entscheidungen des Unternehmers miterleben, mitdenken läßt. Er hat ein Recht darauf, ein schlichtes, menschliches Recht als Mitglied einer Gemeinschaft. Von allem Anfang an ging das Ringen der Arbeiterschaft ja darum, vollwertig, gleichberechtigt mit in der Gemeinschaft zu sein — im Staat und im Betrieb.

Nicht Mitarbeiter, sondern nur Lieferant Von Arbeitskraft zu sein, ist eine unmenschliche Situation, die zwangsläufig Entartungen des Denkens und der Psyche zur Folge haben mußte. An den Mauern des Fremdseins, der Abschließung, am Mangel an Pflege des rein Menschlichen im Betrieb haben sich die Leidenschaften entzündet. Hier bietet sich dem Unternehmer von heute ein Feld der Tätigkeit von ungeahnter Fruchtbarkeit. Wie jede Heilung psychischer Leiden muß auch diese innerlich ehrlich und überzeugend in Angriff genommen werden. Nur so wird es gelingen, wirkliche, Betriebsgemeinschaften zu schaffen, in denen die Frage der Verteilung des Ertrages der gemeinsamen Arbeit auf die Sicherung, Erhaltung und Vermehrung der Mittel der gemeinsamen Arbeit und auf das dem einzelnen Mitarbeiter zu seiner persönlichen Verfügung übertragene Einkommen ohne ernste Reibungen und ohne Schaden für den Betrieb und die Gesamtwirtschaft in der dem einzelnen Fall entsprechenden Weise entschieden werden kann. Allgemeine, gesetzliche oder (überbetriebliche) kollektivvertragliche Regelungen können auch hier nur mehr schaden als nützen. Die Wiederherstellung des sozialen Friedens ist eine menschlich-sittliche Aufgabe, die sich gesetzlicher Einwirkung in hohem Maße entzieht.

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