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Salzburger Hochschulwochen 1947

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Wie im Vorjahr, werden auch heuer in Salzburg Internationale katholische Hochschulwochen stattfinden *.

Die erste Woche soll dem theologischen Forschen gewidmet sein und will in gleicher Weise den großen Fragen unserer Zeit wie dem an sich zeitlosen theologischen Anliegen dienen. Nun gibt es in unserer Zeit keine Frage, die öfter gestellt und behandelt, ständiger die Herzen und Geister bewegt als die Frage nach dem Menschen. Die christliche Offenbarung aber und damit die christliche Theologie läßt ja gerade am Menschen die göttlichen Geheimnisse aufleuchten, und es gibt darum selbst für die Theologie keine Frage, die sosehr in das Zentrale des Christentums führen könnte wie die Frage, was der Mensch denn eigentlich sei, von wannen er komme und was der Sinn seiner Existenz und das eigentliche Geheimnis seines Wesens sei.

Nun soll die theologische Woche im heurigen Jahr gerade den innersten Kern dieser Frage um den Menschen herausstellen und die wesentliche christliche Antwort. Diese christliche Antwort aber, das ist die Offenbarung Gottes über den Menschen, liegt nicht etwa in der Belehrung darüber, was des Menschen Wesen ausmache, auch nicht darin, welches Menschenbild etwa am ehesten diesem seinem Wesen entspräche, überhaupt ist es keine eigentliche Lehre, weder eine Sitten- noch eine philosophische Lehre, sie ist vielmehr die Enthüllung einer Tatsache: der eigentlichen und letzten Existenz des Menschen, daß er in der Sünde geboren ist und in der Gnade des Erlösers wiedergeboren wird von oben. Erbsünde und Erlösung heißt darum das eigentliche Kernproblem um den Menschen.

Vortragende der Theolögischen Woche: Professor E. Peterson, F. Mitzka, H. Rahner, J. Fischl, W. Schmidt, J. Dillersberger, Botschafter Martain, Abt Reetz, Silva-Tarouca, Suso Braun, DaJ Bianco, C. Kaiiba. *

Das Wesen des Menschen verweist in ein geheimnisvolle Tiefe, in die Tiefe des Geheimnissei Gottes selbst. In der Erbsünd wi in der Erlösung zeigt sich eine geheimnisvolle Einheit der Gesamtmenschheit an. Daß mit dem Fall Adams die gesamte Menschheit fiel und durch die Erlösung Christi befreit wurde, läßt einen Einheitsbezug in der Natur des Menschen aufleuchten, der auch die Geschichte der Menschheit unter einem großen Gesamtschicksal begreifen läßt.

Ist es nicht gerade unsere Zeit, in der di Völker, die Organe dieser Menschheit, di Enge und Begrenztheit ihrer nationalen und eigenstaatlichen Existeni zu spüren beginnen und zu tiberwinden trachten? Dit Sehnsucht der Völker geht nach dieser menschheitlichen Einheit hin. Die Souveränität der Staaten ist schwankend und di überstaatliche Einheit das Ziel der Menschen geworden. Dies ist der geschichtliche Augenblick, in dem wir stehen.

Der zweit Kurs der Hochschulwochen Ober Naturrecht und Völkerrecht wird sich mit dieser Thematik beschäftigen. Aufbauend auf dem Lex-alterna-Begriff des hl. Thomas werden die naturrechtlichen Grundlagen des Völkerrechtes untersucht und die Satzung der Vereinten Nationen als der gegenwärtige geschichtliche Versuch, die Einheit der Völker zu begründen, im Lichte des christlichen Naturrechtes betrachtet. Die christliche Ordnung ist eine Friedensordnung, der Friede aber ist nicht etwa, was letzten Endes auf Konferenzen beschlossen oder hergestellt werden kann, sosehr sich die Menschen immer darum bemühen müssen, sondern eine innere Verfassung der Menschheit selbst, für die der einzelne wie die Gesamtheit in gleicher Weise verantwortlich sind. In besonderer We'se interessiert in unserer Zeit, die eine solche des wirtschaftlichen Kampfes der Völ-

* Theologischer Kurs vom 3. bis 10. August, Juridischer Kurs vom 10. bis 17. August, Pädagogischer Kun vom 17. bis 24. und Medizinischer Kurs vom 24. bis 30. August.ker ist, die Frage einer ökonomischen Sicherung des Weltfriedens. Der Kurs wird durch eine Betrachtung über die besondere natur-und völkerrechtliche Stellung Österreichs zum Abschluß gebracht.

Vortragende des Juridischen Kurses: die Professoren A. Dempf, A. v. Verdroß, J. Dobretsberger, Botschafter Mautain, Doktor Funder, St. Verosta, Silva-Tarouca, Doktor Brandweiner.

Die dritte Woche wird unter dem Thema „Die christliche Bildungsidee im In- und Ausland“ im Zeichen der Pädagogik stehen. Die in der ersten Woche gewonnenen Erkenntnisse über das Wesen des Menschen werden erneut aufgegriffen und die Bedeutung einer christlichen Anthropologie für das Gesamtgebiet der Pädagogik in zwei Vorlesungsreihen zur Darstellung gebracht. Unter den Ursachen dafür, daß das pädagogische Denken nicht selten in die Irre ging und selbst eifriges pädagogisches Bemühen wirkungslos blieb, ist zweifellos der Mangel eines gültigen Menschenbildes als Fundament und Vorbild der Erziehung zu nennen. Eine christliche Pädagogik interessiert besonders die Frage „Der Heilige als Erzieher“, die an dem Beispiel des hl. Benedikt und seines Ordens zur Darstellung gebracht wird.

In einer weiteren Vorlesungsreihe wird durch ausländische Vortragende gezeigt, wie die christliche Bildungsidee bei anderen Völkern verwirklicht wurde. Es gehört zum Wesen einer auf christlicher Anthropologie aufgebauten Pädagogik, daß sie den ganzen Menschen erfasse, also keine wesentlichen Züge des Menschen unberücksichtigt läßt. In Einzelvorträgen werden daher audi Teilgebiete der Pädagogik durchleudttet unter Bezugnahme auf die Tatsache, daß auch die christliche Erziehungslehre vielfach dem „humanisme integral“ nicht voll Rechnungtrug. Solche Teilgebiete der Pädagogik sind zum Beispiel die Erziehung zur Kunst und durch die Kunst, Erziehung zur Sprache und durch die Sprache, Internatserziehung und ähnliches. Schließlich wird die Beziehung Religion und Erziehung und die moderne Form des Religionsunterridnes (Katedietik) von in- und ausländischen Vertretern dieser Sondergebiete behandelt werden. Österreichs Anteil an der Verbreitung abenländisch-diristlicher Bildung wird in einem Vortrag, der unser Land als Vermittler dieser Bildung nach Südosteuropa sdiildert, Redinung getragen werden. In einer Zeit, da die innere und äußere Organisation der Schulen in fast allen Staaten neu- oder umgebildet wird, liegt es nahe, audi einen der bedeutendsten europäisdien Sdiul versuche, die Schule nach dem Jenaplan, als anregendes Beispiel durch den Initiator dieser Schulreform schildern zu lassen.

Vortragende der Pädagogischen Woche: die Professoren F. Schneider, I. Betschart, J. Leycester-King, R. Strohal, P. Peterson, M. Pfliegler, W. Sduneider, J. D. Crichton, F. Delcuve, L. Prohaska, Staatsminister a. D. Frieden, J. Nuwer, Ministerialrat Stur, Hofrat Stix, Msgr. Fischer, Dr. Thierfelder, Dr. Eckhart.

Bei den diesjährigen Hochschulwochen wird zum erstenmal der Versuch unternommen, für Ärzte und Mediziner eine Vorlesungsreihe anzusdiließen. In der vierten Woche werden aus den Grenzgebieten der Medizin und Weltanschauung zeitnahe Fragen herausgegriffen. Das vergangene Regime ist geistig noch nidit überwunden. Zahlreiche Ideen, die auch ärztliches Denken und Handeln beeinflußt haben, wuchern noch weiter. In der Medizinischen Woche werden vor allem Fragen der Abstammung und Erblehre vom anatomischen und pathologischen Gesichtspunkt beleuchtet. Aus den vielfältigen Gebieten der Klinik der Erblehre wird ein Teilgebiet, das im Vordergrund des wissen-schaftlidien und praktischen Interesses steht, die Psychiatrie, herausgehoben. Besondere Augenmerk wird der ärztlichen Ethik gewidmet, die in den letzten Jahrzehnten der allgemeinen Umwertung der Werte mehr und mehr erlegen ist. Zusammenfassend soll vom naturphilosophischen Standpunkt Einheit und Harmonie von Körper und Geist sichtbar gemacht werden.

Vortragende der Medizinisdien Woche: die Professoren G. Sauer, H. Hamperl, Mainx, H. Urban, Feron, A. Wenzel.

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