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Sie hören seine Stimme

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Fast gleichzeitig haben vor etwa Jahresfrist ein deutschsprachiger und ein englischer Verlag je ein Werk veröffentlicht, das selbstverfaßte Zeugnisse von Menschen unserer Tage enthält, die sich auf irgendeinem Gebiete menschlichen Schaffens besonders hervorgetan haben und die in Form einer selbstbiographischen Skizze den Weg ihres langen Suchens und Zweifeins beschreiben, bis sie sich zur Annahme des katholischen Glaubens entschlossen (B. S c h a f e r, Sie hörten seine Stimme, Räber, Luzern; O'Brien, The road to Damaskus, W. H. Allen, London; von letzteren ist eben ein zweiter Band erschienen). Bei der Lektüre dieser schlichten, interessanten und zum Teil ergreifenden Konfessionen fällt einem unwillkürlich auf, wie groß die religiöse Unwissenheit vieler Menschen mit höherer Bildung Ist; andererseits zeigt sich, wie sehr die verschiedensten Begegnungen mit Menschen, die ihren Glauben mit Verstand und Herz leben, den Stein ins Rollen bringen. Es ist sonderbar, wie verhältnismäßig selten Priester, Predigten, Diskussionen mit den offiziellen Vertretern der Kirche den Anlaß zur Conversio geben. Es sind Vielmehr Begegnungen mit Laien, die durch ihr Beispiel Künder der unsichtbaren Werte und Wirklichkeiten wurden. In seiner säkularisierten Umwelt ist der Geistliche oft derjenige, dem man von vornherein mißtrauisch begegnet, zu dem die Wege verschüttet sind, bevor man sie zu gehen versucht. Die Bezeugung, die in seinem Leben liegt, hält man für eine Maske oder für eine Berufsangelegenheit. Die entscheidende Bekundung und Bezeugung der Existenz einer religiösen Welt, der Kirche, des Glaubens an eine Offenbarung usw., geschieht „in der Welt“ immer mehr durch den Laien. Das wird um so wirksamer und eindrucksvoller sein, wenn er über das entsprechende Wissen verfügt und eine darauf beruhende Überzeugung ins Leben umgesetzt wird.

Die Vorbereitung für diese Aufgabe ist durchschnittlich unzureichend. Die religiöse Erziehung endet für den größten Teil mit dem 14. bis 15. Lebensjahr. Aber erst mit dem 16. bis 17. Lebensjahr beginnen religiöse Fragen persönliche Lebensfragen zu werden. Von diesem Zeitpunkte an fehlt in der Regel die Möglichkeit, sich die für die Klärung dieser Fragen nötigen Erkenntnisse zu verschaffen, und so bleibt alles in kindlichem Wissen stecken und versiegt.

Die unzureichende geistige Vorbereitung, die wachsende Rolle des Laien, als persönlicher Zeuge für die religiöse Wirklichkeit einzutreten, der gute, aber unzureichende Wille, dem Nächsten in geistigen Nöten zu helfen — solche oder ähnliche Dinge waren der Anlaß, daß man in Österreich durch die Einrichtung von .Fernkursen für theologische Laienbildung“ einen neuen und, wie die erste Erfahrung zeigt, fruchtbringenden Weg im vergangenen Jahr zum erstenmal beschritten hat. Damit wurden die an den Hochschulstädten schon bestehenden theologischen Vorlesungen und „Laienjahre“ erweitert und auch den in der Provinz Wohnenden grundsätzlich die Möglichkeit eines systematischen theologischen Studiums geboten. Es wird sich die Erkenntnis durchsetzen, daß Theologie nicht ein ausschließliches Fachstudium für den Theologen sein soll wie Jus für den Juristen und Medizin für den Mediziner. Je mehr Nichttheologen mit entsprechender Vorbildung sich ein durch gründliches und eindringendes Studium umfassendes religiöses Wissen erwerben, desto besser ist das nicht nur für den Stand des Laien und die Erfüllung seiner Missionsaufgabe, sondern auch für den Priester, den Seelsorger, das religiöse kirchliche Leben selber. Es wäre sehr kurzsichtig, darin eine Konkurrenz für den in der Seelsorge arbeitenden Priester zu sehen. Müßte nicht gerade von solchen Laien die Kritik an der Predigt, an der Beichtpraxis, am religiösen Schrifttum viel verständiger, positiver, mittragender ausfallen? Würden es nicht gerade theologisch gebildete Laien sein, die die „Aktualität“ der Antworten auf die letzten Lebensfragen, die Grundsätze der Moraltheologie, der christlichen Lebensführung am wirksamsten bezeugen könnten?

Vor einiger Zeit hat man von einer „TheologiederVerkündigung“ gesprochen, die der traditioneilen Darbietung der theologischen Lehre Anregungen geben sollte für eine lebendige Verbindung von theologischer Wissenschaft und Leben. Bei dem engen Kontakt von theologiestudierenden Laien mit der wissenschaftlichen Theologie, die durch persönliche Reife, ihre Berufserfahrung ganz andere Voraussetzungen mitbringen als der Maturant des Gymnasiums oder Realgymnasiums, wird manche Anregung von der Theologie selber aufgenommen werden hinsichtlich der Darbietung des kirchlichen Lehrgutes. Dem Theologiestudenten, der nach der Reifeprüfung sich dem Theologiestudium als Berufsstudium zuwendet, muß notwendigerweise vieles, das Gegenstand der theologischen Vorlesungen ist, als graue Theorie erscheinen, dessen innersten Lebensbezug er wegen der fehlenden Erfahrung noch nicht deutlich sehen kann. Darum regt sich ja beim jungen Kaplan so oft im Trubel der Seelsorgsarbeit, die ihm zu einem stillen Studium keine Zeit mehr läßt, die Sehnsucht, in Ferienwochen für Theologen die Verbindung zwischen wissenschaftlicher Theologie und Leben enger gestalten zu lernen.

Den Dozenten einer solchen Ferienwoche gibt sich nicht nur die Möglichkeit eines sehr regen persönlichen Kontakts,sondern er empfängt auch Anregungen durch die aus den verschiedenen Berufen und Ständen aufgeworfenen Fragen, die ihn zu einem Durchdenken seines Stoffes zwingen und neue Gesichtspunkte herausstellen lassen. Die Aufgabe einer solchen Woche bringt es mit sich, alle zweitrangigen Fragen beiseite zu lassen und die großen Linien eines einheitlichen, geschlossenen weltanschaulichen und religiösen Weltbildes hervortreten zu lassen. Daraus folgt weiter, daß dem Theologen vom Fach die doppelte Aufgabe der wissenschaftlichen Theologie neu eingeprägt wird: nicht nur eine Summe von Wahrheitserkenntnissen zu vermitteln, sondern auch eine Labensordnung und einen Heils-we,g zu erschließen.

Wenn die religiöse Unwissenheit der große Feind einer lebendigen religiösen Lebensdurchdringung ist, wenn für den höher Gebildeten die besondere Pflicht besteht, ein seinem sonstigen Bildungsgang entsprechendes religiöses Wissen sich zu verschaffen, wenn die Stellung und das Beispiel des Akademikers von so großer seelsorglicher Bedeutung ist, kann man sich nur freuen, daß der „Fernkurs für theologische Laienbildung“ ein neuer Weg zu werden verspricht, um durch eine Beschäftigung mit der wissenschaftlichen Theologie eine Verbindung zwischen Beruf und Religion, zwischen Glauben und Wissen so vielseitig wie nur möglich aufzubauen.

Das Österreichische Seelsorgeinstitut veranstaltet im Einvernehmen mit den Bischöfen und Seelsorgeämtern der einzelnen Diözesen einen „Fernkurs für theologische Laienbildung“. Der Lehrgang wird in zwei Abteilungen geführt: eine für Maturanten und Akademiker und eine, die keine bestimmte Schulbildung voraussetzt. Zielsetzung ist, einen systematischen Uberblick über das gesamte Glaubensgut der Kirche zu geben. Beide Kursarten können mit Prüfungen aus allen Fächern abgeschlossen werden? auf Grund derer der Bischof für Akademiker und Maturanten das Anrecht auf die missio canonica erteilen kann, das heißt die kirchliche Eignung zu jenem Dienst an der Verkündigung, der dem Laien grundsätzlich möglich ist: lehrhafte Tätigkeit im Rahmen der Seelsorgehilfe und Katholischen Aktion, wie etwa Konvertiten- und Revertitenunterricht, Seelsorgestunden, Vorträge, nach Ergänzung durch katechetische Methode eventuell auch Religionsunterricht an Volks- und Hauptschulen. Die Kurse beginnen am 15. Februar 1951 und dauern bis 15. Juli 1953.

Prospekte, Auskunft und Anmeldungen im Sekretariat der Theologischen Kurse für Laien, Wien I, Stephansplatz 3, 3. Stock, Tür 54. Schluß der Anmeldezeit ist der 15. Februar. Einzusenden ist eine beglaubigte Abschrift des Matura-, beziehungsweise Schulabgangszeugnisses und eine priesterliche Empfehlung.

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