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Genesung durch das Buch

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In seiner Ansprache anläßlich der Internationalen Konferenz katholischer Verleger Und Buchhändler 6agte der Heilige Vater: „Wir leben in der Epoche des Films und des Fernsehens. Zweifellos haben beide einen wesentlichen Teil der Zeit an sich gezogen, die früher dem gedrudcten Wort gehörte. Und doch ist es so, daß gerade sie dem guten Buch einen erhöhten Wert verleihen. Denn bei voller Anerkennung der Bedeutung von Fihntechnik und Filmkunst bringt der einseitige Einfluß, den der Film in seiner fast rein visuellen Wirkung auf den Menschen und besonders auf die Jugend ausübt, doch eine solche Gefahr des geistigen Verfalls mit 6 ich, daß manihnschon als eine Gefahr für das ganze Volk zu betrachten beginnt. Um so mehr ist es daher die Aufgabe des guten Buches, das Volk zu einem tieferen Verständnis der Dinge, zum Denken und Nachdenken zu erziehen.“

In dem Maße, wie die genannten Einflüsse feindlich einbrechen, sind Seelsorge und Katholische Aktion gezwungen, Mittel einzusetzen, die diesem Zerstörungsprozeß zu steuern suchen.

In diesem neuartigen Kampf der Geister sind gegen die aufgezeigten Gefahren auch wirksame Gegenkräfte erstanden: die Autoren der religiösen Bestseller etwa in Amerika und Frankreich; Dichter im Range eines Greene, der noch in weiteren Kreisen gehört wird als etwa Bernanos, Claudel, Le Fort. Sehen wir es — mit Freude und Sorge zugleich —, daß hier eine neuer Arm religiöser Verkündigung wirksam wird; sehen lie Dichter und Schriftsteller selbst, welche Verantwortung ihnen zugewachsen ist?

Wenn man sich nun in Österreich nüchtern umsieht,.so gilt vorerst die harte Feststellung: Das Buch ist heute Ware geworden, Zeit und Geld zu rar, als daß man es darauf verwenden wollte. Wir sprechen von einer Krise der Jugend- und Erwachsenen-bildung-und. wissen genau, daß dasVerhältniszumBuchdabei eine wichtige Rolle spielt.

Was tun wir, diese unausgetragene Situation zu lösen? Diese Überlegungen als Begründung eines Versuches: W i r wollen hundert Menschen In ösierreich sammeln — vielleicht werden es auch mehr sein —, die das Buch als einen Weg zu Geist und Religion ansehen, die glauben, daß man dem Unheil von Desinteresse, Oberflächlichkeit, SUndpunktlosigkeit, von Mangel an Uber-legung und Entschlußkraft das Heil der persönlichen Meinungsbildung und Gewissensentscheidung entgegensetzen müsse.

Der „Lehrgang für Büch erkunde“ wendet sich an Katholiken, die haupt- oder nebenberuflich mit dem Buch zu tun haben: an Bibliothekare in Pfarr-und Pjrvatbüchereien, in Schulen und Krankenhäusern bis hinunter zum Bücherverwalter der Jugendgruppe, an Buchhändler, verlegerisch Tätige, Kritiker. Er wendet sich aber auch an jene, denen das Buch Mittel der Mission und Bildungsarbeit in anderem Sinne ist: an den Klerus und die Lehrerschaft, an die in Seelsorgehilfe und Katholischer Aktion Tätigen. Diese alle könnten sich zu einem geistigen Stoßtrupp zusammenfinden, in dem jeder an seinem Platz unkontrolliert und auf eigenständige Weise gemeinsam erarbeitete Aufgaben vollzieht. Eine gewisse Schwierigkeit wird es freilich sein, Menschen verschiedenster Bildungsstufen „unter einen Hut“ zu bringen. Sie ist nicht unüberwindbar: jeder gibt, jeder empfängt. Die in Form von Unterrichtsbriefen gegebenen Diskussionsgrundlagen sollen in Werkwochen zum Teil gemeinsam und zum Teil in durch Bildung und Beruf vorgegebenen Gruppen durchgearbeitet werden. Grundsatz ist: Es dürfen nicht bereits vorhandene Bücher „ausgeschrieben“ und „ausgeredet“ werden. Fragestellung und Durchf ü'h rungderThemen ist auferlegt durch die konkrete Situation von Kirche und Welt: eine missionarische Bemühung, dem konkreten Menschen von heute das konkrete Buch als Heilung zu bringen. In den zwei Werkwochen 1951 und 1952 wird als Hauptaufgabe wahrgenommen: Schulung des Unterscheidungsvermögens — Erarbeitung gemeinsamer Maßstäbe (durch Interpretation, Diskussion, Gegenüberstellung von Kitsch und Kunst) — Information (Charakterisierung von Verlagen und Autoren — Überblick über die Bemühungen auf dem Gebiet der Bucharbeit in Österreich und im Ausland — Auseinandersetzung mit dem Inhalt der Unterrichtsbriefe — Aneignung — Ausstellung des Buchgutes, das christlich-abendländischen Geist repräsentiert). Theorie und Praxis sollen sich gegenseitig völlig durchdringen, so daß jeder Teilnehmer mit der Vertiefung der Überlegungen auch konkrete Berufshilfe mitbekommt.

Die Herausgabe eines kleinen Handbuches soll gewonnene Erfahrungen sammeln, vielleicht für einige Zeit Grundlage katholischer Bucharbeit sein. *

Der „Lehrgang für Bücherkunde“ dauert vom 1. April 1951 bis zum 1. September 1952 und wird vom Komitee „Buch und Schrifttum“ der Arbeitsgemeinschaft der Katholischen Aktion Österreichs veranstaltet. (Für die rein bibliothekarischen Anliegen wurde das österreichische Borromäuswerk zur Mitarbeit eingeladen.) Je eine Werkwoche 1951 und 1952 wird mit gleichem Programm jeweils an zwei bis drei verschiedenen Orten in Österreich und zu verschiedenen Terminen veranstaltet. Die Zusendung der Unterrichtsbriefe beginnt in der ersten Aprilwoche und erfolgt weiter alle

14 Tage bis 4 Wochen. Die Termine und Orte für die Werkwoche werden noch bekanntgegeben. Der Lehrgang kann durch Prüfungen abgeschlossen werden. Die Veranstaltung erstreckt sich über ganz Österreich. Die Teilnehmer müssen sich für die ganze Kursdauer (Studium der Unterrichtsbriefe und Teilnahme an je einer Werkwoche 1951 und 1952) verpflichten und eine priesterliche Empfehlung beibringen. Die Kosten werden voraussichtlich durch einen monatlichen Beitrag von zirka

15 S (für Skripten, für Regiebeitrag, für Prüfungstaxen, für die Werkwoche ausschließlich Pensionspreis) gedeckt sein. Verlangen Sie Prospektel Die Anmeldung erfolgt vom 12. bis 30 März im Sekretariat des Lehr-' ganges für Bücherkunde, Wien I, Stephansplatz 3/III/54.

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