6818551-1973_22_04.jpg
Digital In Arbeit

Das Hochschulpech

19451960198020002020

Am 11. April 1967 überreichten die Mitglieder des Wiener Stadtsenats im Bathaus dem Bundeskanzler Dr. Klaus ein sogenanntes Wiener Memorandum, in dem eine lange Reihe von Problemen genannt wurde, deren Lösung im Bereich der Bundespolitik liegt. In diesem Wiener Memorandum war von hochschulpolitischen Fragen mit keinem Wort die Rede. An derlei Dingen hatte die Wiener Stadtverwaltung nie ein besonderes Interesse; in den Budgets des Magistrats der Stadt Wien scheint keine einzige hochschulbezogene Budgetpost auf.

19451960198020002020

Am 11. April 1967 überreichten die Mitglieder des Wiener Stadtsenats im Bathaus dem Bundeskanzler Dr. Klaus ein sogenanntes Wiener Memorandum, in dem eine lange Reihe von Problemen genannt wurde, deren Lösung im Bereich der Bundespolitik liegt. In diesem Wiener Memorandum war von hochschulpolitischen Fragen mit keinem Wort die Rede. An derlei Dingen hatte die Wiener Stadtverwaltung nie ein besonderes Interesse; in den Budgets des Magistrats der Stadt Wien scheint keine einzige hochschulbezogene Budgetpost auf.

Werbung
Werbung
Werbung

Erstmals hat s'\ch die sozialistische Mehrheit im Wiener Rathaus in der Frage der Verbauung des Sternwarteparks an hochschulpolitische Probleme herangewagt. Bürgermeister Felix Slavik rief die Wienerinnen und Wiener dazu auf, ein Ja für die Errichtung eines Zoologischen Institute im Sternwartepark abzugeben. Die so spät ausgebrochene Liebe zu hochschulpolitischen Problemen fand keinen Widerhall. Die Wiener stimmten für die Bäume und dieses Votum dürfte die SPÖ-Mehrheit im Wiener Rathaus bis auf weiteres davon abhalten, neuerlich hochschulpolitische Aktionen zu wagen. Das ist neben anderem auch der bedauerliche Aspekt der ersten Volksbefragung in Wien.

Natürlich sind die Angelegenheiten des Hochschulwesens in Österreich traditionsgemäß in Gesetzgebung und Vollziehung Bundessache. Das kann jedoch Gemeinden und Landeshauptstädte und Länder nicht daran hindern, die in ihrem Gebiet liegenden Hochschulen und Akademien in verschiedenster Weise zu fördern. Im allgemeinen geschieht dies durch die Widmung beziehungs-

weise kostenlose Überlassung von Grundstücken zum Neubau und Ausbau von Hochschuleinrichtungen; ferner durch die totale oder punktuelle Mitwirkung bei der Neuerrichtung von Lehrkanzeln, Instituten, Laboratorien, ja ganzer...Fakultäten und Hochschulen; durch die Förderung des Baues von Wohnanlagen für Hochschullehrer, Studenten, Studentenehepaare und Hochschulangestellte; durch Stiftungen, Stipendien, Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses und vor allem durch die Erteilung von Behördenaufträgen im Interesse der wissenschaftlichen Forschung; durch zahlreiche Einzelmaßnahmen, die das Zusammenleben von Hochschule und Hochschulstadt intensivieren.

Dafür gibt es in Österreich Beispiele genug: Die Stadt Linz und das Land Oberösterreich haben zusammen eine neue Hochschule auf Kosten ihrer Gebietskörperschaften ins Leben gerufen; das Land Kärnten und die Stadt Klagenfurt beteiligten sich an einem ähnlichen Unternehmen; Stadt und Land Salzburg wirken bei der Erweiterung bestehender Hochschuleinrichtungen zu einer

Volluniversität mit; das Land Tirol .hat sich an der Erweiterung der dortigen Universität durch eine Fakultät der technischen Richtung beteiligt; das Land Steiermark und die Stadt Graz haben für die Unterbringung der Musikakademie gesorgt und zahlreiche und aufwendige Personal- und Sachausstattungen für dortige Hochschulen geleistet.

Nur Wien schläft! Noch immer fehlt es an einer für die nächsten Jahre geplanten, mit dem Bund und den Hochschulen kombinierte Förde-

rung der Hochschulen Wiens. Dementsprechend fehlt es an zentralen Projekten und dementsprechend fehlt es an niedergeschriebenen Überlegungen zur Frage der Hochschulpolitik in Wien.

Am Beispiel der Hochschule für Welthandel in Wien-Döbling lassen sich die Versäumnisse des Magistrats der Stadt Wien leicht zusammenstellen: Dort studieren heute an die 7500 Hochschüler auf einem Platz, der für rund 1000 Hochschüler ge-

dacht war, so daß heute pro Student nur noch sehr knapp ein Quadratmeter Raum zur Verfügung steht. Alle Rektoren und alle Studentenvertreter dieser Hochschule haben in den letzten Jahren die Kulturverantwortlichen im Magistrat der Stadt Wien auf diese unhaltbaren Zustände aufmerksam gemacht. Sie stießen dabei auf täube Ohren, vielfach wurden sie „nicht einmal ignoriert“. Ähnliches läßt sich von der Technischen Hochschule in Wien berichten und ähnliche Sorgen plagen jene Institute der Wiener Universität am Ring, die in den letzten Jahren neu eingerichtet wurde*h.

Darüber hinaus abeir Magerr sie' auch über einen großen Mangel an Forschungsaufträgen der Stadt Wien. Aus Gründen, die im Bereich der Parteipolitik hegen, wird das Soziologische Institut an der Universität Wien sehr selten mit Aufträgen betraut, während das sozialistische Blecha-Institut mit Meinungsforschungsaufträgen der Stadt Wien überhäuft ist. Kommunalpolitische Fragen werden von Prof. Jürgensen in Hamburg und im kommunalpolitischen Dokumentationszentrum des sozialistischen Abgeordneten Erwin Lanc behandelt. Einschlägig befaßte Wiener Hochschulinstitute und Professoren kommen nicht zum Zug. Hier paßt weder die politische Couleur noch ist seitens der Wiener Stadtverwaltung eine Bereitschaft vorhanden, mit und für die Hochschulen im Interesse einer funktionsfähigen Hochschulstadt Wien zu arbeiten.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung