6683359-1962_03_09.jpg
Digital In Arbeit

Die liebste aller Gründungen

Werbung
Werbung
Werbung

Wie hoch Pius XL die Bedeutung der christlichen Archäologie für die Theologie schätzte, geht schon daraus hervor, daß er in seiner richtunggebenden Studienkonstitution „Deus scientiarum Dominus“ für alle kirchlich-theologischen Lehranstalten einen eigenen Lehrstuhl für christliche Archäologie vorschrieb. Eine leider bisher nur sehr ungenau beobachtete Vorschrift! Diesem Gedanken und der historischen Entwicklung der Wissenschaft Rechnung tragend, hat er auch das eingangs erwähnte Institut gegründet, das er immer wieder als die liebste und teuerste aller seiner Gründungen bezeichnete. Als sichtbares Zeichen seiner Hochschätzung ernannte der Papst auch seinen damaligen Kardinalstaatssekretär, Eugenio Pacelli, zu dessen Großkanzler.

Selbstverständlich wurde dieses Institut mit allen notwendigen Einrichtungen ausgestattet und der Lehrbetrieb auf eine möglichst breite Basis, nämlich die der „christlichen

Altertumskunde“, und nicht nur auf, die oben etwas enggezogene Definition der christlichen Archäologie, gestellt. Der ganze Studienlehrgang umfaßt drei Jahre, und da es den Charakter eines Istituto superiore trägt, wird natürlich ein bereits abgeschlossenes Hochschulstudium als Aufnahmebedingung vorausgesetzt.

Neben einer eigenen Lehrkanzel für Hagiographie besteht für den historischen Teil eine solche für spezielle Kirchen-, Kult- und Literaturgeschichte, die seit der Gründung der derzeitige Nestor des Instituts, der deutsche Benediktiner P. Mohlberg, innehat. Ihm ist auch noch eine Einleitung in die Quellenkunde und die methodische Einführung der Studenten anvertraut.

Der Altmeister der christlichen Archäologie, Prof. E. Josi, der, ähnlich wie sein großer Vorgänger De Rossi, schon nahezu ein halbes Jahrhundert als Archäologe tätig ist, doziert klassische und christliche Topographie und hat dazu noch den wichtigen Lehrstuhl für christliche Cömeterien inne. Neben einer allumfassenden Sachkenntnis verfügt Professor Josi auch über ein einmaliges Gedächtnis, wodurch er seine Hörer immer wieder in Staunen zu setzen vermag. Dazu ist er gebürtiger Römer und erzählt noch gerne, wie er als Bub auf den „Campo vaccino“, das heutige Forum Romanum, Fußball cpielen ging)

Dem Conte B. Apollonij-Ghetti, der zugleich auch Professor an der staatlichen römischen Universität ist, ist die Lehrkanzel für Architektur und kirchliche Einrichtungsgegenstände anvertraut. Seine Vorlesungen und praktischen Exkursionen gewinnen gerade dadurch an Wert, daß Prof. Apollonij-Ghetti selbst praktischer und praktizierender Architekt ist. So vermag er seinen Hörern nicht nur einen guten Anschauungsunterricht zu bieten, sondern sieht die Probleme vor allem mit den Augen eines Architekten, wodurch er so manches viel leichter und eindeutiger zu lösen imstande ist.

Der bisherige Rektor des Instituts, Monsignore L. De Bruyne, ein gebürtiger Belgier, hat den Lehrstuhl für frühchristliche Ikonographie, das heißt Plastik und Malerei, inne. Monsignore De Bruyne, der unter den Schülern Wilperts an hervorragender Stelle rangiert, zeichnet sich nicht nur durch eine profunde, sondern auch allumfassende Kenntnis der * christlichen Malerei und durch seine besonders streng-kritische Methode aus.

Christliche Epigraphie doziert der aus Piemont stammende P. A. Fer-rua SJ., der zugleich Sekretär der Kommission für christliche Archäologie und der Fachwelt besonders durch seine vielen Schriften und Veröffentlichungen bekannt ist. Neben seinen großen Fachkenntnissen besitzt P. Ferrua auch eine ausgezeichnete philologische Bildung, die seinen Hörern den Unterricht und seine epigraphischen Übungen nicht gerade immer leicht machen.

Schließlich kommt dazu noch der französische Dominikaner P. Darsy, dessen Hauptaufgabe die Vorlesungen über den „Orbis christianus antiquus“ sind. Dazu hält er einen Kurs über allgemeine Einleitung in die christliche Archäologie, einen weiteren über Museographie und praktische Aus-grabungs- und Restaurationstechnik und einen solchen über Kunstgeschichte. P. Darsy ist übrigens im letzten Herbst zum neuen Rektor des Instituts ernannt worden.

Im vergangenen Jahr ist Professor E. Peterson, der ja als Patrologe und Theologe internationalen Ruf besaß, gestorben. Prof. Peterson hatte an diesem Institut einen persönlichen Lehrstuhl für spezielle christliche Literaturgeschichte inne.

Drei Aufgaben

Der Aufgabenkreis dieses Instituts geht aber über den einer spezialisierten Lehranstalt noch weit hinaus, und wurde bei seiner Gründung vom ersten Rektor der Anstalt, Monsignore Joh. Kirsch, nach folgenden drei Gesichtspunkten entworfen: erstens sollte hier das ganze wissenschaftliche Material dieser Disziplin nach modernsten Gesichtspunkten zusammengetragen werden (Photothek, Reproduktionen, Abgüsse, Bibliothek usw.), um so ein wirklich arbeitsfähiges Studienzentrum zu schaffen. Eine zweite Aufgabe ist die Anregung und Förderung wissenschaftlicher Arbeiten über die gesamte Altertumskunde, wobed der ganze „orbis christianus antiquus“ in allen seinen Fachgebieten miteinbezogen werden sollte. Und schließlich kam als dritter Punkt noch die Bildung des wissenschaftlichen Nachwuchses hinzu.

Von den wissenschaftlichen Publikationen ist die bekannteste wohl die „Rivista dl Archeologia Cristiana“, das wissenschaftliche Jahrbuch des Instituts; diese hatte im „Bullettino di Archeologia Cristiana“, deren Anfänge in die Zeit De Rossis zurückgehen, und im „Nuovo Bullettino“ ihre Vorgänger. Dazu kommen noch fünf große Reihen bedeutender Veröffentlichungen, die bereits nahezu 30 Bände umfassen.

In der ersten Serie allein, die den Titel „Monumenti dell'Antichitä Cristiana“ trägt, sind bisher zehn Bände erschienen. Dazu zählt eine monumentale Inschriftensammlung von Professor Silvagni (vier Bände), das große „Corpus basilicarum christianarum Romae“ Professor Krautheimers (bisher zwei Bände); diesem folgten zwei Werke über Christliche Sarkophage von Professor Bovini, ein weiteres über die frühesten Papstbildnisse von G. Ladner und schließlich ein interessantes Werk Professor Zovattos, das die Christlichen Monumente von Julia Concordia zum Gegenstand hat.

Die zweite Reihe „Roma sotteranea cristiana“, in der als erstes Professor Josi ein großes, zusammenfassendes Werk über die römischen Katakomben aus dem Nachlaß von O. Marrucchi veröffentlichte, hat gerade in letzter Zeit durch die interessante Publikation über die 1956 neuentdeckte Katakombe an der Via Latina eine wertvolle Bereicherung erfahren. Binnen kurzem wird auch das Werk von P. Fasola über das „Cömeterium majus“ in Druck gehen.

Ein riesiges Werk, wohl auch das bedeutendste von allen Veröffentlichungen, sind die „lnscriptiones christi-anae urbis Romae septimo saeculo antiquiores“ von den Professoren A. Silvagnd und A. Ferrua, die in der

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung