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MARGARET CHASE SMITH / VOLLE GLEICHBERECHTIGUNG

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Zum erstenmal in der Geschichte der USA will sich in diesem Jahr eine Frau um die Nominierung als Präsidentschaftskandidat einer großen amerikanischen Partei bewerben. Es ist der republikanische Senator des Staates Maine, Margaret Chase Smith, die ihre Absicht dieser Tage in Washington bekanntgab.

Margaret Chase Smith, die sich selbst als „gemäßigten“ Republikaner bezeichnet, ist 66 Jahre alt. Sie will sich zunächst bei den Vorwahlen in den Bundesstaaten New Hampshire und Illinois um die Nominierung ihrer Partei bemühen. Der republikanische Senator George Aiken, einer der -führenden Politiker seiner Partei im US-Senat, bezeichnete das Vorhaben als „überaus anregend und erfreulich“ und erklärte, seiner Ansicht nach erwachse den anderen republikanischen Bewerbern damit eine emsthafte Konkurrenz. Bisher haben Senator Barry Goldwater aus Arizona, der Gouverneur des Staates New York, Nelson Rockefeller, und der frühere Gouverneur von Minnesota, Harold Stassen, ihre Kandidatur angekündigt.

„Der Senator sitzt auf der Treppe und pudert sich die Nase“, konnte man vor Jahren hören, wenn man sich im amerikanischen Senat nach Margaret Chase Smith erkundigte. Denn erst einige Zeit nachdem Mrs. Smith in den amerikanischen Senat eingezogen war, hatte man ihr im Kapitol ein eigenes kleines Büro eingerichtet,in das sie sich zum Ausrühen oder zur Erledigung ihrer Korrespondenz zurückziehen konnte. Ihrer Meinung nach genügte es bisher durchaus, daß sich die Mitglieder des „vornehmsten Herrenklubs der USA“, wie man den Senat in Amerika nennt, an die Anwesenheit einer Frau während der Arbeitsstunden gewöhnen mußten.

Mrs. Smith stammt aus der Stadt Skowhegan im Staate Maine. Von früher Jugend an regte sich bei ihr ein starker Trieb zur Selbständigkeit. 1916 absolvierte sie die Mittelschule und arbeitete anschließend als Telephonistin, Lehrerin, Journalistin und Bürovorsteherin. In all diesen Berufen kam sie viel mit Menschen zusammen, und die dabei gesammelten Erfahrungen halfen der klugen Frau bei ihrer späteren politischen Karriere.

1930 heiratete sie — im Alter von 32 Jahren — den damals 53jährigen Clyde H. Smith, einen der aktivsten Politiker der Republikanischen Partei von Maine, der 1937 in das Repräsentantenhaus gewählt wurde. Als er 1940 starb, entschieden sich die Wähler seines Distrikts dafür, daß Mrs. Smith seinen fiatz im Kongreß einnehmen solle. Weitere dreimal wurde sie daraufhin in das Repräsentantenhaus und 1948 in den Senat gewählt.

So zurückhaltend Mrs. Smith bei Problemen ist, die ihre eigene Person betreffen, so zäh und unnachgiebig ist sie, wenn es um Vorschläge oder Fragen geht, die ihr für die Allgemeinheit wichtig erscheinen. Sie trat unter anderem dafür ein, daß die weiblichen Angehörigen der US-Navy und der Armee dieselben Rechte wie ihre männlichen Kameraden erhielten. Sie war eine der eifrigsten Fürsprecherinnen des Marshall-Planes und unternahm 1955 eine Weltreise, die sie über 80.000 Kilometer in 23 Länder führte, wo sie nicht nur mit offiziellen Persönlichkeiten zusammentraf, sondern auch Kontakt mit den kleinen Leuten suchte.

Zum erstenmal in der Geschichte der Vereinigten Staaten bewirbt sich nun eine Frau um die Nominierung als Präsidentschaftskandidat einer großen Partei. Die mutige Senatorin hat damit einen wesentlichen Sehritt nach vorn auf dem Weg zur vollen Gleichberechtigung der Frau getan.

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