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Sieger in der Sackgasse

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Noch viel ungelegener kam es den Hauptbewerbern, als Anhänger von Richard Nixon und John Cabot Lodge die Wähler aufforderten, die Namen dieser Männer auf die Wahlzettel zu setzen. Im allgemeinen verschmäht der Wähler, dem es schwer genug fällt, sich in der verwirrenden Vielfalt von Namen und Vorlagen auf dem Wahlzettel zurechtzufinden — gerade New Hampshire verbindet präsidentielle und örtliche Entscheidungen —, diese zusätzliche Mühe. Es machte daher einen gewaltigen Eindruck, als Lodge 35.459 Stimmen erzielte, und Goldwater, der 21.745 Stimmen erhielt, mit weitem Abstand auf den zweiten Platz verwies.

Nixons Erfolg von beinahe 16.000 Stimmen ist achtbar, aber in Anbetracht seiner Prominenz als Parteiführer nicht besonders eindrucksvoll.

Welchem Umstand ist Lodges Erfolg zuzuschreiben? Ganz gewiß einem: Da sich die Wähler weder für Goldwater noch für Rockefeller begeistern konnten, wurden sie von ihrem allzu intensiven Liebeswerben abgestoßen. Unzweifelhaft sagte es ihnen zu, daß der in Saigon festgehaltene Lodge den Staat überhaupt nicht betrat

An Goldwater mißfiel den Wählern besonders seine Kriegslust und sein eklatanter Mangel an Sozialgefühl. Ungleich anderen Politikern macht der Senator aus seinem Herzen keine Mördergrube. Außerdem deckte der harte Kampf schonungslos die Unfähigkeit Mr. Goldwaters auf, klar zu denken. Die „New York Times“ traf den Nagel auf den Kopf, als sie schrieb: „...wenn immer er (Goldwater) sich über das Niveau von Rotary Losungen erhebt, verwickelt sich der Senator

in solche Widersprüche und Verwirrung, daß der Gedanke, ihm das Land anzuvertrauen, Entsetzen erregt“

Der umgekehrte Test

Es ist sehr bezeichnend, daß in einer Umfrage unter den Wählern von New Hampshire, für welchen Kandidaten sie unter keinen Umständen stimmen würden, Goldwater mit 25 Prozent den ersten Platz einnimmt. Dabei sind die Republikaner dieses Staates konservativer als der Durchschnitt der östlichen Republikaner. Zu Beginn des Wahlkampfes lehnten nur

15 Prozent Goldwater unter allen Umständen ab. Merkwürdigerweise steht Mrs. Smith mit 18 Prozent an zweiter Stelle der Unpopularitäts-kurve. Sie hatte jedoch anfänglich auf 26 Prozent gestanden. Rockefeller konnte die negativen Stimmen gegen ihn von 16 Prozent auf 14 Prozent herabsetzen. Für Lodge wollten dagegen nur 2 Prozent unter keinen Umständen stimmen. Es verdient also festgehalten zu werden, daß Goldwater als einziger es fertigbrachte, die Feindseligkeit gegen sich im Verlauf des Wahlkampfes bedeutend zu vergrößern.

An Rockfeller mißfiel den Wählern seine Ehescheidung und Wiederverheiratung sowie die Tatsache, daß er „zu sehr wie ein Demokrat auftritt“. Der führende Baptistenpfarrer des Staates hatte anfänglich die Opposition gegen Rockefeller angeführt. Nach einem fünfund-vierzigminütigen Kreuzverhör des Kandidaten über die Eheaffäre hatte er ihm jedoch „mildernde Umstände“ zugestanden. Anscheinend kam dies zu spät.

Die weitere Entwicklung des Wahlkampfes wird so vor sich gehen: Am 14. April wird Senator Goldwater in Illinois, das für ihn als sicher gilt, die Klinge mit Mrs. Smith kreuzen. Einen Monat später findet in Oregon der Kampf aller gegen alle statt. Am 14. Juni wird die wichtigste Wahlschlacht ausgetragen, um Kalifornien, den volkreichsten Staat der Union. Wer dort verliert, scheidet aus.

Und die Demokraten

Nicht nur die Republikaner in New Hampshire waren einschreibfreudig, sondern auch die Demokraten. 22.000 Wähler setzten Robert Kennedy für das Amt des Vizepräsidenten auf die Liste. Da auch Präsident Johnson nicht offiziell aufgeführt wurde, inszenierten seine Anhänger ihrerseits eine „Schreib-in“-Kampagne, die dem Präsidenten glücklicherweise doch 2000 Stimmen mehr als Kennedy eintrug. Begreiflicherweise will sich der Präsident seinen Vizepräsidenten nicht vorschreiben lassen. Daher hat die Angelegenheit, bei der man nicht weiß, ob Robert Kennedy oder seine übereifrigen Anhänger verantwortlich sind, den niemals herzlichen Beziehungen zwischen dem Präsidenten und seinem Justizminister keinen Auftrieb gegeben.

Am Ende seiner ersten hundert Tage genießt Präsident Johnson noch die Billigung von 72 Prozent der Bevölkerung und sieht daher unschlagbar aus. Aber an seinem politischen Horizont zeigen sich Wolken. Sie kommen von den schon erwähnten unzufriedenen Gruppen.

Zu ihnen gehören an erster Stelle die Farmer. Ihr Einkommen wird dieses Jahr eine empfindliche Verminderung erfahren, in schroffem

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