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Gewählt wurde vor allem konservativ

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Auf dem Papier sieht der „Sieg“ der Republikaner bei der letzte Woche in den USA abgehaltenen „Halbzeitwahl“ recht mager aus: zwölf zusätzliche Sitze im Abgeordnetenhaus, drei neue Senatoren und sechs neue Gouverneure nehmen sich eher dürftig aus, gemessen an der Tatsache, daß die Demokraten eine Mehrheit von 2 : 1 im Abgeordnetenhaus und 62:38 im Senat innehatten. Denn bisher verlor die jeweilige Regierungspartei bei den Kongreß- und Gouverneurswahlen zwischen Präsidentenwahlen immer weit stärker an Boden, ahndete der Wähler doch die übliche Nichterfüllung der bei der Präsidentenwahl gegebenen Versprechungen.

Demokraten warben mit

republikanischem

Gedankengut

Die Lage scheint sich seit der Wahl Präsident Carters aber doch wesentlich geändert zu haben. Nicht daß Carter so populär wäre, daß er die demokratische Partei in erheblichem Maße aufgewertet hätte. Vielmehr herrscht seit seiner Wahl zwischen dem Weißen Haus und dem Kongreß ein Zustand permanenter Spannungen, so daß man kaum von einer geschlossenen Regierungspartei sprechen kann, geschweige denn von einer harmonischen Zusammenarbeit zwischen dem demokratischen Präsidenten und der demokratischen Mehrheit.

Größtes Augenmerk muß daher auf die Motive der Wählerentscheidung und die von den Kandidaten abgegebenen Versprechungen gelegt werden. Analysiert mäh dieWahl von ^diesem Gesichtspunkt auskann man von einem konservativen Triumph sprechen. Denn die Stimmung im Land ist so gesehen vor allem auf Sparen, den Ausgleich des Haushaltes und Steuerkürzungen ausgerichtet. Alle Kandidaten - ob Demokraten oder Republikaner - trugen dieser Stimmung Rechnung. Deklarierte Liberale gibt es im Grunde genommen keine mehr, und wo sie vereinzelt auftraten, wurden sie besiegt. ■

Dafür warben die sonst ausgabenfreudigen Demokraten mit republikanischem Ideengut und wurden auch gewählt. Sie modifizierten wohl die republikanische Forderung nach einer Steuerkürzung von 100 Milliarden Dollar, was dem Wähler aus dem unteren Mittelstand auch zu radikal

erschien, aber sie strebten im Prinzip doch das gleiche an.

Daß die Republikaner nicht besser abschnitten, liegt wohl an der grundsätzlich konservativen Grundhaltung der Wählerschaft: sie hat sich an die alten Gesichter gewöhnt und erwartet sich auch von diesen die erforderlichen politischen Kursänderungen.

Es wurden aber nicht nur Kandidaten gewählt oder abgewählt. Es gab auch zahlreiche Volksabstimmungen über wichtige politische Anliegen, das wichtigste wohl über die obligatorische Begrenzung der Besteuerung oder des Staatsbudgets. Diese Idee hatte im Juni in Kalifornien Feuer gefangen und wurde nun in teilweise abgeänderter Form in acht weiteren Staaten angenommen, in mehreren jedoch abgelehnt. Immerhin war diese „Proposition 13“, wie sie ihr Proponent Jarvis nannte, überall präsent, auch wenn sie nicht formell zur Abstimmung kam. Denn es ist in den USA Mode geworden, für Sparsamkeit einzutreten und für Steuersenkung zu plädieren.

Weil alle Kandidaten dieses Lied sangen - an sich ein republikanisches Lied seit alten Zeiten -, haben die Republikaner schlgchter als erwartet abgeschnitten. Dort, wo sie jedoch, wie das der ehemalige Präsident Ford empfohlen hatte, die bereits erreichte Inflationsrate in den Vordergrund stellten, waren sie erfolgreich.

Carters Wahleinsatz brachte wenig Erfolg

Was Präsident Carter betrifft, so hat sein Wahleinsatz wenig geholfen. Seine Popularitätskurve ist seit dem Abkommen vqn Camp David wieder faUend^das Land igt nicht^erade in bester Stimmung. Es leidet unter der Inflation und befürchtet die Rezession. Carter kann sich selbst unter dem Druck der Gewerkschaften nicht zu verpflichtenden Lohn- und Preiskontrollen entschließen. Und im Hintergrund droht der bürokratische Apparat ins Gigantische anzuwachsen.

So befinden sich die USA nach dieser Wahl eigentlich dort, wo sie auch vor der Wahl standen. Der neue Kongreß, um einige Republikaner vermehrt, wird unter dem Eindruck dieser Wahlnacht ^noch vorsichtiger operieren. Und Präsident Carter wird weiterhin die größten Schwierigkeiten haben, seine Programme durchzusetzen.

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