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Nach „Panama-Kanal-Sieg“: Außenpolitik im Aufwind?

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Nun hat Präsident Carter seinen „Panama-Kanal-Sieg“. Er war äußerst knapp und reflektierte die Schwäche des „Weißen Hauses“ in verschiedenen Situationen wie auf einem Röntgenschirm, aber es ist das von der Regierung erhoffte Ende einer Kette von Niederlagen, die die Amtsführimg des Präsidenten, nicht zuletzt auch die Glaubwürdigkeit seiner Außenpolitik in Frage stellten. Carter wird nun versuchen, auf dieser kleinen Plattform aufzubauen und hat bereits eine Reihe von optimistischen Erklärungen abgegeben. Ja sogar die Administration im Weißen Haus soll „auf Vordermann“ gebracht werden.

Was die Kanalverträge betrifft, muß davon ausgegangen werden, daß noch immer 60 bis 70 Prozent der Amerikaner das „Herschenken“ ablehnen. Die von der Opposition unter dem Exgou-verneur von Kalifornien, Regan, formulierte Aussage - „Wir haben ihn erworben, wir haben ihn gebaut, wir wollen ihn behalten“ - hat nach wie vor Zugkraft. Da von den 68 Senatoren, die für die Ratifizierung stimmten (eine Stimme über der erforderlichen Zwei-drittel-Majorität), 17 im November die Hürde ihrer Wiederwahl nehmen müssen, werden die Amerikaner eigentlich erst dann ihr Votum zu diesen Verträgen abgeben. 52 Demokraten und 16 Republikaner stimmten für die Ratifizierung, 22 Republikaner und zehn Demokraten dagegen. Die Enttäuschung über die Niederlage ist besonders unter den Republikanern groß, da ihr rechter Flügel den Kampf gegen die Ratifizierung angeführt hat und dieser von den Gemäßigten im Stich gelassen wurde. Ex-Präsident Ford und Henry Kissinger, ausnahmsweise auch der profilierte rechts stehende Journalist Buckley unterstützten Carter und trugen so zu seinem Erfolg bei. Barry Goldwater, Champion des konservativen rechten Flügels, hat daher verkündet, daß Howard Baker - Führer der Republikaner im Senat, der ebenfalls für die Ratifizierung stimmte - als Präsidentschaftskandidat für 1980 bereits tot sei. So haben die Panama-Kanal-Verträge den latenten Riß im Lager der Republikaner wieder geöffnet und lassen erbitterte Kämpfe um die Präsidentschaftskandidatur erwarten.

Der Weg zum Abstimmungserfolg war auch für Carter mit Rückschlägen aller Art gepflastert. Der zweiteilige Vertrag, das Ergebnis von 13jähriger Verhandlungstätigkeit, wäre nicht einmal mit der einen Stimme über die notwendige Zweidrittel-Mehrheit angenommen worden, hätte der Präsident nicht schwankende Senatoren gewissermaßen „bestochen“: Hier die Zustimmung zu einer angestrebten Bestimmung im Energiegesetz, dort die Gewährung einer Sonderfinanzierung lokaler Anliegen. Als selbst diese Manipulation keine Mehrheit für die Verträge zu sichern schien, sprang ein junger Senator aus Arizona, der Demokrat de Concini in die Bresche und proponierte zwei „Reservationen“, die den Sinn der Verträge umgestoßen und ein Vertragswerk übrig ge-

lassen haben, das zweideutig erschien und viel Konfliktstoff in sich barg. Diese beinhalteten ein militärisches Interventionsrecht der Amerikaner bei einer möglichen Blockierung des Kanals, ja selbst im Falle eines Streiks. Carter schluckte diese Reservation de Concinis, um das Schicksal der Verträge zu retten.

Das wiederum schien dem paname-sischen Führer Torrijos zu viel: Er drohte mit der Ablehnung der Verträge, wobei der Verdacht nicht zerstreut werden konnte, daß Präsident Carter diesen Protest selbst unterstützt, wenn nicht sogar bestellt hatte. In dieser Situation, in der die meisten Senatoren das Vertragswerk am liebsten dem Weißen Haus zur Neuverhandlung zurückgeschickt hätten, trat mit Frank Church, dem zukünftigen Vorsitzenden des mächtigen außenpolitischen Ausschusses, ein Politiker auf den Plan, der die Verträge rettete. Die de Concini-Reservation wurde durch den Zusatz entschärft, daß eine Einmischung in interne panamesische Angelegenheiten niemals erwogen oder beabsichtigt sei, worauf sich Torrijos befriedigt zeigte, de Concini und seine Anhänger die Verträge aber immer unterstützten.

So bestehen die Verträge nach der Ratifizierung aus der Bereitschaft der USA, die Operation der Kanäle im Jahr 2000 an Panama abzugeben, die Hoh-heitsrechte über die Zone jedoch bereits innerhalb der nächsten 30 Monate. Dessen ungeachtet behält sich die USA jedoch das Recht militärischer Intervention vor, wenn der Betrieb des Kanals bedroht oder blockiert wird. Ebenso besitzt die USA Priorität bei der Durchfahrt ihrer Schiffe im Falle einer Krise. Selbst die Stationierung amerikanischer Truppen und Basen nach dem Jahre 2000 ist vorgesehen, wenn Panama und die USA es für notwendig erachten. Die ursprünglich vorgesehene Informationspflicht beider Staaten im Fall des Baues eines neuen Kanals außerhalb des paname-sischen Hoheitsgebietes wurde auch aufgehoben.

Scheint also die panamesische Souveränität in der letzten Version der Verträge weitgehend beschnitten, so kann die Ubergabe des Kanals der amerikanischen Außenpolitik - vor allem in Lateinamerika - starken Aufschwung geben; vor allem wenn man sie mit der Intervention der Sowjets in Afrika vergleicht. Nicht zuletzt wurde bewiesen, daß es in den USA möglich ist, die Zustimmung im Kongreß für großzügige selbstlose Gesten zu finden, so daß die Manövrierfähigkeit der amerikanischen Außenpolitik erhöht wurde.

Schon wenige Stunden nach der Ratifizierung warnten die Senatoren den Präsidenten jedoch, aus dieser Ab-stimmurfg Folgerungen für die Ratifizierung der SALT-Abrüstungsver-träge zu ziehen, um die sich derzeit Außenminister Vance und sein äußerst umstrittener Abrüstungsspezialist Warnke in Moskau bemühen.

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