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Vietnam am Kanal?

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Die jahrelange Auseinandersetzung um einen neuen Panamävertrag nähert sich ihrem Höhepunkt. Die Regierung des Generals Omar Torrijos hat besonders durch die intensive Tätigkeit des Außenministers Juan Antonio Tack eine lateinamerikanische Einheitsfront gegen die USA geschaffen. Als „Akt kontinentaler Solidarität mit den Forderungen seines Landes nach einem neuen Kanalvertrag“, wie es der panamensische Botschafter Aquilino Boyd darstellte, hat die lateinamerikanische Gruppe in der UN einstimmig dieses Land als das neue regionale Mitglied für den Weltsicherheitsrat proklamiert, um ihm eine noch lautere Stimme im internationalen Konzert zu geben.

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Die jahrelange Auseinandersetzung um einen neuen Panamävertrag nähert sich ihrem Höhepunkt. Die Regierung des Generals Omar Torrijos hat besonders durch die intensive Tätigkeit des Außenministers Juan Antonio Tack eine lateinamerikanische Einheitsfront gegen die USA geschaffen. Als „Akt kontinentaler Solidarität mit den Forderungen seines Landes nach einem neuen Kanalvertrag“, wie es der panamensische Botschafter Aquilino Boyd darstellte, hat die lateinamerikanische Gruppe in der UN einstimmig dieses Land als das neue regionale Mitglied für den Weltsicherheitsrat proklamiert, um ihm eine noch lautere Stimme im internationalen Konzert zu geben.

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Das State Department ist von der Notwendigkeit überzeugt, den Forderungen Panamas nachzugeben. Aber Kissinger kämpft auf zwei Seiten.

38 Senatoren und 126 Repräsentanten faßten einen Beschluß, demzufolge sie jede Veränderung des Kanalvertrages von 1903 ablehnen. Dabei behaupteten sie, daß der neue Vertrag eine Kapitulation bedeute, da die USA auf ihre Souveränität über den Kanal verzichten sollten. Das State Department antwortete darauf, daß die Vereinigten Staaten ja niemals diese Souveränität besessen hätten.

Der Haupteinwand ist aber, daß durch die Veränderung des Vertrages die Sicherheit der Vereinigten Staaten gefährdet werde. Das Außenamt meint dagegen, daß ohne neuen Vertrag eine viel größere Gefährdung zu gewärtigen wäre, weil wütende Panamenser sehr leicht den Kanal zerstören könnten. Außerdem laufen die USA Gefahr, den Kanal gegen eine feindliche Bevölkerung verteidigen zu müssen.

Mit Recht müßten die USA die Gegnerschaft ganz Lateinamerikas befürchten, weil man dort in den sehr harten Bedingungen des früheren Vertrages ein Ergebnis der nordamerikanischen Gewaltpolitik der Jahrhundertwende und einen klaren Kolonialismus sieht. Offensichtlich hat der Sonderbotschafter Ellsworth Bunker, der als Leiter der nordamerikanischen Delegation die neuen Verhandlungen mit dem panamensi-schen Außenminister führt, Anweisung erhalten, möglichst flexibel zu bleiben. Aber die Anhänger des „Status quo“, zu denen die südlichen

Gouverneure gehören, geben Gegendampf. Als Kissinger ihnen gegenüber von dem einseitigen Recht der Vereinigten Staaten, den Panamä-kanal während eines längeren Zeitraumes zu verteidigen, sprach, antwortete Tack, daß Panama keinen Vertrag akzeptieren werde, der die dauernde Anwesenheit eines einzigen nordamerikanischen Soldaten in der Kanalzone erlaube. Offensichtlich bezieht sich Täcks Äußerung aber auf die Zeit nach 2000, dem Jahr, bis zu dem der neue Vertrag mit darin festgelegtem nordamerikanischen Verteidigungsrecht laufen soll.

Kissinger sprach von der Gefahr einer „Vietnamisierung“ der Kanalzone. In der Tat drohen Torrijos und Tack mehr oder weniger offen mit der Guerrilla, wenn die Vereinigten Staaten nicht nachgeben.

In den letzten Jahrzehnten haben die Freischärler überall dort, wo sie gegen koloniale Besatzungsmächte kämpften, ä lä longue Erfolg gehabt, weil das Volk auf ihrer Seite stand. Dagegen sind die Guerrilleros in allen Ländern, in denen sie ohne klare, konkrete politische nationale Zielsetzung, wenn auch jahrzehntelang, auftraten, an der fehlenden Unterstützung des Volkes gescheitert. Aus diesem Gesichtspunkt sind die derzeitigen Guerrilla-Herde in Argentinien und Mexiko ohne Chance, während eine von der panamensi-schen Regierung organisierte Guerrilla nicht nur eine sehr ernste Gefährdung der Anlagen des Panamä-kanals darstellen, sondern auch die Beziehungen zwischen den USA und Lateinamerika auf das schwerste belasten würde.

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