Fassungslose Gesichter bei Medienleuten, Meinungsbefragern und in den liberalen (d. h. in Amerika: gemäßigt linken) Zentren der Großstädte. In Washington beginnt die Carter-Bürokratie zu packen und die Häuser zu verkaufen.Der politische Beobachter steht voller Staunen vor einem politischen Erdrutsch, der die Wähler eines Kontinents - ungeachtet ihrer bisherigen politischen Bindung - zu einem neuen Konsens gedrängt hat. Nach außen war es ein gewaltiger Wahlsieg für Ronald Reagan.Es geht hier jedoch um mehr als nur um die Person Ronald Reagan: Die bis weit in die Arbeiterschaft
Während es zwei Wochen vor den amerikanischen Präsidentschafts wahlen zumindest riskant ist, einen Sieger vorauszusagen, kann man doch schon jetzt einige Feststellungen machen, die am 4. November mit größter Wahrscheinlichkeit Gültigkeit haben dürften:
Schon seit Monaten hatte eigentlich alles damit gerechnet, daß US-Präsident Jimmy Carter und sein republikanischer Herausforderer Ronald Reagan ihre Parteivölker in die Wahlschlacht vom November führen würden. Und doch war bis zuletzt vieles nicht klar, wußte man nicht sicher, was sich hinter den Kulissen von demokratischer und republikanischer Partei alles abspielte.Bei den Republikanern ging es bekanntlich nur noch um den Vizepräsidenten, der nach einem mißglückten politischen Manöver schließlich an den togischen Aspiranten George Bush fiel. Als das „Traum-Gespann"
Die amtliche Verbriefung des Iran-Debakels vor den Zeitgenossen und der Geschichte ist der Rücktritt von Außenminister Cyrus Vance. Wenn ein Diplomat vom Stil Vance und Repräsentant der alten Schule so stark von der Routine abweicht, daß er seinen Rücktritt mit einer von ihm als falsch erachteten Politik motiviert, so will er damit ein historisches Zeichen setzen.Sonst werden ja Rücktritte gewöhnlich mit angegriffener Gesundheit begründet, bei Vance übrigens ein durchaus zutreffender Bezug: Er hatte ja schon seit geraumer Zeit angekündigt, er wolle nach Ablauf dieser
In der Vergangenheit wurden amerikanische Präsidentschaftswahlen mit den Vorwahlen im Staat New Hampshire eingeleitet. In diesem kleinen New-England-Staat erlebte die Wählerschaft jeweils die erste Parade der Kandidaten und durfte erste Kostproben politischer Wahlkampf-Rhetorik über sich ergehen lassen.Anno 1980 ist das etwas anders: Das Rennen um die US-Präsidentschaft ist praktisch schon seit Monaten im Gang, nicht zuletzt weil die Wahlkampfstrategen aus den Ereignissen rund um den Kandidaten Jimmy Carter im Wahljahr 1976 abgeleitet haben, daß dessen Erfolg durch den frühzeitigen
Die Zeitzählung erfolgt immer noch nach Tagen der Festhaltung von 50 amerikanischen Geiseln in Teheran. Trotzdem beginnt man ein gewisses Nachlassen des Interesses an der Irankrise zu empfinden. Die Schlagzeilen der Boulevardblätter behandeln den Streik der Long Island Railroad, die Irankrise ist nur mehr „Seite 2“. Wohl betrifft dieser Streik hunderttausende Pendler, die jetzt Schwierigkeiten haben, ihren Arbeitsplatz in New York zu erreichen. Dennoch: Der amerikanische Alltag erhebt wieder Anspruch auf Priorität.
Einen Wendepunkt hatte US-Präsident Carter vor zwei Wochen in einer Fernsehansprache angekündigt - einen Wendepunkt in der Geschichte der amerikanischen Nation und in der Entwicklung seiner eigenen politischen Geschicke. Und viele glaubten es ihm auch, nachdem sie ihren Präsidenten mit entschlossenen Gesten und fester Stimme am Fersehschirm mitverfolgen hatten können. Doch die Euphorie hielt nicht lange an: Wenige Tage nach der „Wiedergeburt“ des politischen Führers der Vereinigten Staaten waren die Amerikaner verwirrter denn je zuvor. Ein von ihm selbst befohlenes Rücktrittsangebot seiner Regierung zerstörte die Hoffnung auf eine Wende.
Edmund Gerald Brown junior, als „Jerry“ Brown bekannt, ist Gouverneur des volkreichsten US-Bundesstaates Kalifornien und, neben Ted Kennedy, jener Demokrat, der Präsi- * dent Jimmy Carter die größten Sorgen bereitet. Anders als Kennedy, der immer wieder betont, er wolle Carter nicht aus dem Weißen Haus verdrängen, macht Brown aus seinen Präsidentschaftsambitionen kein Hehl.Brown trat 1976 in den innerparteilichen Vorwahlen um die demokratische Präsidentschaftskandidatur in sechs Bundesstaaten, darunter Kalifornien, gegen Carter an und schlug ihn in allen sechs Bundesstaaten. Aber
Wenn Politiker von der Bildfläche abtreten, sind sie meist bald vergessen. Bei Kissinger ist das anders. Er ist nicht bloß eine legendäre Gestalt, sondern ein aktiver und einflußreicher Faktor des politischen Lebens der USA. Er schreibt nicht nur Memoiren, hält nicht nur Universitätsvorlesungen, Kissinger sitzt in Bankgremien als wohlbestallter Berater und kassiert für jeden seiner stark besuchten Vorträge 10.000 Dollar.Als Redner ist er jedoch nicht nur in eigener Sache unterwegs. Für seine republikanischen Parteifreunde spart er keine Mühen, nicht mit seinem legendären politischen
Am Abend des Tages, an dem US-Präsident Jimmy Carter seinen Budgetvorschlag dem Kongreß zuleitete, legte er vor beiden Häusern in der „Botschaft über den Zustand der Nation“ einen Rechenschaftsbericht ab.Die Rede gebar zwar zu den zahlreichen politischen Leitworten der Vergangenheit („New Deal“ - F. D. Roosevelt, „New Frontier“ - J. F. Kennedy) ein neues: „New Foundation“ (Neues Fundament). Aber sie befaßte sich eigentlich ausführlich nur mit der Inflationsbekämpfung und dem Abrüstungsabkommen SALT II, das zwar noch nicht unterzeichnet ist, dessen Abschluß der
Das alte Dilemma „Butter oder Kanonen“ plagt die US-Regierung Jimmy Carters auf besondere Art: Nachdem der Präsident in den ersten beiden Jahren seiner Amtszeit fiskal ziemlich sorglos in den Tag gelebt und die Beiträge der Steuerzahler in laufende Sozialprogramme investiert hatte, steht jetzt plötzlich die Inflation mit einer Rate um die 10 Prozent wie ein Schreckgespenst im „Oval Office“ des Präsidenten.
Auf dem Papier sieht der „Sieg“ der Republikaner bei der letzte Woche in den USA abgehaltenen „Halbzeitwahl“ recht mager aus: zwölf zusätzliche Sitze im Abgeordnetenhaus, drei neue Senatoren und sechs neue Gouverneure nehmen sich eher dürftig aus, gemessen an der Tatsache, daß die Demokraten eine Mehrheit von 2 : 1 im Abgeordnetenhaus und 62:38 im Senat innehatten. Denn bisher verlor die jeweilige Regierungspartei bei den Kongreß- und Gouverneurswahlen zwischen Präsidentenwahlen immer weit stärker an Boden, ahndete der Wähler doch die übliche Nichterfüllung der bei der
Daß in Camp David „etwas“ herauskommen würde, war eigentlich schon zum Zeitpunkt der Einberufung dieser Konferenz klar. Selbst jene Kreise, die die Behandlung außenpolitischer Probleme durch das heutige Team im Weißen Haus als amateurhaft kritisiert hatten - und diese sind in der Mehrzahl -, waren sich darüber einig, daß Präsident Carter diesen „Summit“ von langer Hand und sehr präzise vorbereitet hatte und daß er nicht ohne Rückendeckung nach Camp David gereist ist. Die Risken, von denen der Präsident für seine Karriere vor der Konferenz sprach, sollten wohl dann das
Nicht zum ersten Mal mußte Präsident Carter seine Erklärungen und die Kommentare seiner engsten Mitarbeiter „interpretieren“, um Freund und Feind ein klares Bild darüber zu geben, was denn eigentlich offizielle US-Politik gegenüber der Sowjetunion sei. Daß hier ständig Meinungsverschiedenheiten auftauchen, hängt wohl damit zusammen, daß die State-Department-Gruppe um Außenminister Vance und Abrüstungschef Warnke das SALT-II-Abrüstungsabkommen mit der Sowjetunion um jeden Preis über die Runden bringen möchte, Sicherheitsdirektor Brzezinski hingegen die zuletzt in Afrika aufgeflammte sowjetische Aggressivität als Bedrohung des Weltfriedens ansieht.
Routiniers der amerikanischen Innenpolitik prophezeiten nach der Ratifizierung der Panama-Kanal-Verträge vermehrte außenpolitische Aktivität des Carter-Teams. Sie wurden in ihren Erwartungen bestätigt. Der „Panama-Kanal-Sieg“ im Senat diente als Basis und wurde schließlich auch zu einem Erfolg bei der Abstimmung über das „Flugzeugpaket“ an Nahost-Staaten ausgeweitet. Nun versucht der Präsident die seinen Vorgängern vom Kongreß auferlegten außenpolitischen Beschränkungen abzuschütteln.
Ist Präsident Carters Stern wieder im Aufsteigen? Bei oberflächlicher Betrachtung seines neuerlichen Abstimmungserfolges im Senat könnte man diese Frage bejahen. Nachdem der Senat die Panamaverträge mit der Mehrheit einer einzigen Stimme über die erforderliche Zweidrittelmehrheit ratifizierte, hat er jetzt eine Resolution mit zehn Stimmen Mehrheit abgelehnt, die den Verkaufmodernster Flugzeuge vom Typ F-5, F-15 und F-16 an Israel, Ägypten und Saudi-Arabien blockiert hätte.
In gewissen Phasen ihrer Amtstätigkeit ziehen US-Präsidenten eine Bilanz über ihre Leistungen und wie diese beim Wähler ankommen. Sie finden es dann mitunter angebracht, ihren Stil, ihre Taktik, ja sogar ihre Persönlichkeit zu ändern, was natürlich mit Schwierigkeiten verbunden ist. So gab es einen „neuen Nixon“, der nach der Wahlniederlage gegen Kennedy und dann gegen den Gouverneur von Kalifornien, Brown, als neuer Politiker-Typ aus der Versenkung stieg und auch gewählt wurde. Präsident Johnson versuchte ebenfalls kosmetische Eingriffe, als ihn der Sturm des Vietnamprotestes
Nun hat Präsident Carter seinen „Panama-Kanal-Sieg“. Er war äußerst knapp und reflektierte die Schwäche des „Weißen Hauses“ in verschiedenen Situationen wie auf einem Röntgenschirm, aber es ist das von der Regierung erhoffte Ende einer Kette von Niederlagen, die die Amtsführimg des Präsidenten, nicht zuletzt auch die Glaubwürdigkeit seiner Außenpolitik in Frage stellten. Carter wird nun versuchen, auf dieser kleinen Plattform aufzubauen und hat bereits eine Reihe von optimistischen Erklärungen abgegeben. Ja sogar die Administration im Weißen Haus soll „auf Vordermann“
Die Entscheidung über die Produktion der Neutronenwaffe, aus der schließlich eine „Nichtentscheidung“ wurde, hat Präsident Carters Ansehen im In- und Ausland neuen schweren Schaden zugefügt. Sie hat, wie die „New York Times“ schreibt, „das westliche Bündnissystem belastet, in der Regierung selbst Spannungen hervorgerufen und Zweifel an der Fähigkeit des bürokratischen Apparates, Entscheidungen zu treffen, entstehen lassen.“ Schließlich sei die Entschlußkraft des Präsidenten, seine Fähigkeit zu administrieren und die westliche Allianz zu führen, in Frage gestellt.
Eine Analyse der Situation, in der sich die katholische Kirche der USA heute, zwölf Jahre nach dem Ende des Zweiten Vatikanums, befindet, muß aus Quellen schöpfen, die oft erheblich voneinander abweichen. Da sind zunächst die offiziellen Äußerungen des höchsten Forums des amerikanischen Katholizismus, der „National Catholic Bishop Conference“, die periodisch zusammentritt und sich mit den wichtigsten Zeitproblemen sehr offen auseinandersetzt. Da sind aber auch die Stimmen der Kritiker, die als Kristallisationspunkte oppositioneller Bewegungen bisher wenig Bedeutung erlangten, die aber dochMeinungen wiedergeben, dieim amerikanischen Katholizismus weit verbreitet sind.
Politisch, militärisch und wirtschaftlich sei die amerikanische Nation gesund, stellte Präsident Carter bei seinem ersten Rechenschaftsbericht vor den beiden Häusern des Kongresses fest. Für Jimmy Carter, dessen Popularität in der letzten Zeit noch mehr gesunken ist, stand bei der Präsentation dieses Berichtes nicht wenig auf dem Spiel. Denn in letzter Zeit häuften sich die Vorwürfe, daß er zu vieles anpacke und zu wenig davon realisieren könne.Das Programm des Präsidenten für dieses Jahr ist deshalb kurz und bündig abgefaßt - oder es scheint zumin-* dest so. Seine drei
Daß US-Präsident Carters politische Büanz im abgelaufenen Jahr schlechter als erwartet ausfiel, mag seine Ursachen in den großen Erwartungen haben, die er zu Beginn seiner Amtsperiode erweckte und die - wie die meisten seiner zahlreichen Wahlversprechen - unerfüllt geblieben sind. WiU man einer der Komponenten, die zu diesem negativen Ergebnis führten, besonderes Augenmerk zuwenden, muß man sich eingehender mit Carters Beziehungen zur Legislative, zum Kongreß, beschäftigen.Was die bisherige Regierungstätigkeit Carters anbetrifft, stand diese bisher ganz im Zeichen einer andauernden
Zum besseren Verständnis dessen, was sich derzeit im Mittleren Osten abspielt ist es notwendig, den roten Faden der amerikanischen Außenpolitik freizulegen. Dazu muß man sich in Erinnerung rufen, daß Präsident Carter seine Außenpolitik schon im Wahlkampf gegenüber Ford und Kissinger zu profilieren versuchte, indem er die „Politik der kleinen Schritte“ ablehnte und ein „umfassendes Konzept“ für den Frieden im Mittelmeerraum propagierte. Das hegt in der Gesamtkonzeption seiner Regierung, die sich mit viel Ernst und Energie, und mit ebensoviel Weltfremdheit an die Lösung schier
Das vom Sicherheitsrat der UNO proklamierte unbefristete Waffenembargo gegen Südafrika dürfte sich als eines jener Kuckuckseier erweisen, an dem die Weltpolitik noch lange herumbrüten wird. Daß es auf die Entwicklung in Südafrika selbst keinerlei Einfluß ausüben wird, mußten inzwischen die meisten weißen und schwarzen Initiatoren bereits zugeben.
Die für viele Betrachter der Szene schwer verständlichen Ausfälle, Rückzieher und Zickzackbewegungen im Bereich der Außenpolitik Präsident Carters haben dennoch einen gemeinsamen Nenner: das innenpolitische „standing” des Präsidenten. Zumindest seit der „Lance-Affäre” fühlt das Weiße Haus, daß ihm die Kontrolle entgleitet, daß es nicht mehr initiiert, sondern nur reagiert.
Die christüche Presse der Vereinigten Staaten ist ideologisch wie geographisch zerstreut und daher auch schwer überschaubar. Da vor allem die protestantischen Bekenntnisse in eine Vielzahl kleiner und großer Kirchen zerfallen, sind auch ihre Pubükationen meist nur von lokaler Bedeutung.Eine Schlüsselposition unter der großen Zahl muß jedoch der Wochenzeitschrift „Christian Century“ eingeräumt werden, ein Organ, das man als liberal im amerikanischen Sinne bezeichnen kann. Protestantisch-konservativ könnte man die zweite wichtige, vierzehntägig erscheinende Publikation
Der Skandal um Präsident Carters Freund und engsten Wirtschaftsberater, Budgetdirektor Bert Lance, ist zwar noch keine amerikanische Staatsaffare, trotzdem wurde dadurch das Ansehen des Präsidenten im Lande erheblich geschwächt: Innerhalb von zwei
Als Präsident Carter den aus Peking heimkehrenden Außenminister Vänce auf den Stufen der Staatsmaschine begrüßte, betonte er mehrmals, die Gespräche mit den neuen Machthabern in Peking seien lediglich informativer Art gewesen, in diesem Rahmen auch ein voller Erfolg. Einmal mehr stand der Präsident offensichtlich unter Erfolgszwang, obwohl selbst außenpolitische Experten nicht erwartet hatten, daß der Besuch des amerikanischen Außenministers in der vollen Normalisierung der diplomatischen Beziehungen zwischen beiden Staaten gipfeln würde.Denn die Normalisierung der Beziehungen mit
Präsident Carter und sein Team sind nun seit mehr als sechs Monaten im Amt; so daß eine Bewertung dieser Periode nicht nur angebracht ist, sondern von der amerikanischen Presse auch allerorten angestellt wurde.Geht man vom Allgemeinen ins Spezielle, so sprechen die Befragungsziffern zunächst von einer hohen Anerkennungsrate für den Präsidenten - einer Rate, die noch immer über 60 Prozent liegt. Dann aber ließ sich bereits eine nicht unwesentliche Verschiebung erkennen, die einem Trend nicht unähnlich ist. Denn während Präsident Carter wegen seines „Regierungsstils“ einen hohen
Als Präsident Carter seine Regierungstätigkeit vor etwas mehr als sechs Mo’naten begann, ließ er durch- blicken, daß seine ersten Anliegen innenpolitischer Natur seien. Daß er das Land nicht verlassen wolle und sich vordringlichen Aufgaben der Wirtschaftsbelebung und der Behebung sozialer Mißstände widmen werde. Jetzt, nach sechs Monaten, gewinnt man den Eindruck, daß Carter der Außenpolitik mehr Aufmerksamkeit und Arbeit widmet, als den inneramerikanischen Problemen und daß ihn diese Aufgaben auch stärker faszinieren.Ein intimer Beobachter der Arbeitsmethoden im Weißen Haus hat
Nicht so provinziell wie erwartet, nicht so schlecht informiert wie angenommen, nicht so arrogant wie befürchtet - so empfanden die europäischen Staatsmänner Präsident Carter bei den Londoner Gipfelgesprächen. Von diesen positiven Überraschungen profitierten Carters Zensuren in der US-Presse. Die europäischen Staatsmänner kamen zwar mit leeren Händen nach Hause, aber im stillen sagten sie sich wohl, Carter sei gar nicht so arg, wie er oft geschildert werde.Daß Carter die komplizierten Verhältnisse in Berlin verballhornte und sie auf West- sowohl wie auf Ostdeutschland übertrug,
Nun hat der große Katzenjammer in Washington begonnen. Nach der schockierenden Abfertigung des amerikanischen Außenministers in Moskau und nach der eindeutig groben und auch sonst ganz ungewöhnlichen Pressekonferenz Außenminister Gromykos („Die Amerikaner wollten uns täuschen und hintergehen“) steht man im Weißen Haus vor dem Scherbenhaufen der sowjetisch-amerikanischen Beziehungen. Was Kissinger und andere in Jahren zielstrebiger Diplomatie aufgebaut haben, scheint von Carter binnen weniger Wochen eingerissen worden zu sein.Dabei kommt dem Präsidenten noch zugute, daß sich hinter
James Reston von den linksliberalen „New York Times“, Nestor der amerikanischen Leitartikler, charakterisierte Präsident Carters Außenpolitik kürzlich als eine „Politik des offenen Mundes“ und spielte damit auf eine Reihe von Erklärungen an, mit denen der Präsident Freund und Feind gleichermaßen schockiert hat. Reston zitierte auch Rosalynn Carter, die Gattin des Präsidenten, die angeblich über ihren Mann gesagt haben soll: „Er redet leider, bevor er denkt.“ (Worauf der Präsident indigniert geäußert haben soll: „Sie irrt. Ich denke immer.“)Während aber Reston dem
Nach wie vor gibt die Regierungstätigkeit Präsident Carters dem Analytiker zahlreiche Rätsel und Ungereimtheiten zu lösen auf. Nichts jedoch ist undurchsichtiger, unlogischer und so sehr in Widersprüche verstrickt wie Seine Behandlung des Verhältnisses der USA zur Sowjetunion. Es hat den Anschein, als ob die einzige Möglichkeit, dieses Gewirr aufzulösen, ein Rückblick auf die Wahlkampagne Carters wäre.Unfähig, den Glauben der Wähler an die Qualitäten Außenminister Kissingers wesentlich zu erschüttern - Kissingers Popularitätskurve ist nie unter 50 Prozent gefallen - versuchten
Wie ein Tornado fegen Präsident Carter und sein Team über die politische Landschaft, hinter sich viele Scherben, mitunter aber auch bebaubares Land zurücklassend. Nach Carter sollte womöglich alles schon gestern gelichtet sein, was in vielen Regierungsperioden vor ihm zaghaft angepflanzt und oft auch überwuchert worden ist. In vier Wochen soll ein neues Energiewirtschaftsprogramm dem Kongreß vorhegen, das Stimulierungskonzept für die langsam sich erholende Wirtschaft wurde den Parlamentariern bereits zugeführt. An Verwaltungsreformen wird gebastelt, die Auswüchse der Sozialprogramme
Präsident Carter hat seine Regierungstätigkeit mit einer Vietnam-Amnestie eingeleitet, wie er es während der Wahlkampagne versprochen hatte. Der Erfolg dieser der inneren Heilung geltenden Maßnahme besteht allerdings darin, daß sie fast niemandem gefällt und daß sie die Schwierigkeiten erkennen läßt, denen der neue Präsident in Hinkunft ausgesetzt sein wird. Carter versuchte auf die für ihn typische Art, beide Lager zu versöhnen. Das war den einen zu viel, den anderen zu wenig und hat, zumindest im Augenblick, sein Ziel verfehlt. Die Amnestie betrifft im wesentlichen junge Männer,
Jimmy Carter ist nun seit wenigen Tagen offiziell Präsident und residiert im Weißen Haus. Er wird jetzt nicht nur einem Kabinett Vorsitzen, das verhältnismäßig wenige Gegner hat, sondern auch einen Plan zur Stimulierung der Wirtschaft dem Kongreß zuleiten können, der vielen etwas gibt, ohne alle zu befriedigen.Bei der Wahl seines Kabinetts hat es die ersten Verstimmungen mit dem linken Flügel der Demokraten gegeben und der bekannte Tribun der Konsumenteninteressen - Ralph Nader - ein Mann, der Carter im Wahlkampf lautstark unterstützte, hat sich bereits ebenso lautstark gegen Carter
Das Wiedersehen mit dem UNO-Ge- neralsekretär Kurt Waldheim (das letzte Pressegespräch des FURCHE- Mitarbeiters mit ihm fand vor drei Jahren im Februar des Jahres 1973 statt) war die Begegnung mit einer wesentlich sicherer gewordenen, erfahrenen Persönlichkeit.Damals noch erpicht, Verdienste aus allen Winkeln zu holen, zugleich aber nirgends anzustoßen - und der Ecken gibt es in einer 147 Mitglieder umfassenden Organisation zahlreiche - ist Waldheim heute ein selbstsicherer Politiker, der über eigene Leistungen ebenso frei und bereitwillig berichtet, wie er Versagen und Rückschläge
Nach jedem Regierungswechsel in Washington gleichen die Wochen, die auf die Wahl folgen, einem echten Interregnum. Jegliche Regierungstätigkeit unterbleibt, die Verlierer packen ihre Koffer, die Sieger sind noch nicht ernannt. Die Medien haben Hochsaison, und ihren Spekulationen stehen Tür und Tor offen.Amerika ist ein von Politikern geführtes Land, so daß Revirements, wie sie jetzt bevorstehen, viel tiefer einschneiden als in Europa. In Frankreich führte etwa die Bürokratie das Land, während Kabinette kamen und gingen. Die amerikanischen Politiker kommen aber aus den verschiedensten
Mit Jimmy Carter ziehen die Demokraten nach achtjähriger Abwesenheit wieder in das Weiße Haus ein. Es hat sich wieder einmal bewahrheitet, daß Wahlen des öfteren nicht gewonnen, wohl aber verloren werden. Carter siegte nicht, Ford verlor. Carter wird im Jänner nicht deshalb in Washington einziehen, weil er ein starkes, universales Mandat erhalten hat. Ford wird ausziehen, weil er die schwere politische Hypothek, mit der er sein Amt angetreten hat, nicht mehr über diese Wahl tragen konnte.Aber es war nicht nur wegen des noch immer fühlbaren Mißtrauens gegenüber den Republikanern, der
Die erste der drei großen Debatten zwischen Ford und Carter hat stattgefunden. Die Reaktion der Wähler? Es hat sich nicht viel geändert. Nach wie vor herrschen Apathie und Desinteressement, und ein ungewöhnlich großer Prozentsatz von Wählern hält mit seiner Meinung zurück oder möchte am 2. November nicht wählen.
Der amerikanische Wahlkampf beginnt traditionsgemäß am labour day anfangs September. Heuer hat er bereits viel früher eingesetzt — nicht zuletzt, weil die Republikaner bis Mitte August um die Nominierung ihres Kandidaten Ford rangen und weil Jimmy Carter, der Bannerträger der Demokraten, bereits seit seiner Nominierung im Juli ein pausenloses Propagandafeuerwerk abzieht.
Zwei Dinge lassen sich feststellen, wenn man den bunten und zeitweise aufregenden Film des Republikanischen Parteikonvents in Kansas-City vor dem inneren Auge abrollen läßt: der knappe Sieg.des amtierenden Präsidenten Ford über seinen konservativen Herausforderer Ronald Reagan, und Fords überraschende Nominierung des Senators Dole zum Mitstreiter und Kandidaten für: das Amt des Vizepräsidenten.
Die Gründe für. Carters Fävoritenposition sind bekannt. Er vermochte die mit Abstand stärkste Partei Amerikas — die Demokratische? Partei — hinter sich zu vergattern, und wenn keine Ereignisse eintreten, die seine Position innerhalb der Demokraten schwächen, müßte diese Stellung schon genügen, ihm im November den; Sieg zu geben. Innerhalb seiner Partei vermochte er durch die Wahl des linksliberalen Senators Mondale zum Kandidaten für das Amt des Vizepräsidenten die linke Opposition zu beschwichtigen, die ohnedies so gut wie „gefangen“ war. Denn kein linker Demokrat würde
Das große Fest ist gefeiert, die Segelschiffe aus fernen Ländern sind wieder davongerauscht, nachdem die Besatzungen sich davon überzeugt hatten, daß man in New York nicht regelmäßig bestohlen, ausgeplündert oder überfallen wird, wie das viele in Interviews mit einigem Erstaunen zugaben.Das große Ereignis dieses 200. Geburtstages der USA waren aber nicht die bunten Fregatten aus aller Herren Länder, die Feuerwerke, die abends den Himmel von New York bis San Francisco erhellten und angeblich 250 Millionen Dollar verschlungen haben — es war vielmehr die veränderte Einstellung der
Während sich Jimmy Carter — De-facto-Präsidentschafts-kandidat der Demokraten — mit Muße und Schläue auf den Hauptwahlkampf im November vorbereitet, geht das Ringen um die Nominierung des republikanischen Kandidaten zwischen Präsident Ford und Exgouverneur Reagan erbittert in die Endrunde. Da die Entscheidung auf dem Parteikonvent erst im August fällt, ist noch genügend Zeit übrig, um die kleinere und an Mitgliedern ärmere republikanische Partei in feindliche Lager zu spalten, was ihre Chancen für den November nur noch mehr herabsetzt. Schon heute hat der Kampf um die republikanische Nominierung vieles an Aktualität verloren, weil die auf Meinungsumfragen beruhenden Prognosen weder Ford noch Reagan Chancen gegen Carter einräumen. Die Stimmung kann man daher etwa mit der Frage wiedergeben: „Warum sich überhaupt noch mit Verlierern befassen?“
Es bleibt bei Ford gegen Carter im November. Den Parteikongressen der Demokraten im Juli und der Republikaner im August wird es überlassen sein, dieses Ergebnis zu sanktionieren und die beiden Vizepräsidentschaftskandidaten zu bestimmen, die in Wirklichkeit von den Kandidaten selbst ausgewählt werden.
Diese Frage, wer Jimmy Carter ist, stellen sich heute nicht nur Nicht-amerikaner, sondern auch ein noch überwiegender Teil des amerikanischen Elektorates, das Carter sich im Sturm zu erobern anschickt. Die Nominierung zum Präsidentschaftskandidaten der Demokratischen Partei, die vor kurzem bekannte Politiker wie Jackson, Udall oder Humphrey einander streitig machten, ist ihm so gut wie sicher — und das mehr als zwei Monate vor dem Parteikonvent, auf dem man einen „demokratischen Bürgerkrieg“ erwartet hatte. Er hat jetzt Zeit, die sonst vor Präsidentschaftswahlen hoffnungslos
Wird dieser Wahlkampf ein .außenpolitisches Erwachen bringen? Wird die Diskussion über das weltpolitische Abgleiten Amerikas und des Westens der Bevölkerung die Augen öffnen? Wird sie den Blick von innenpolitischen Belanglosigkeiten auf die großen weltpolitischen Entwicklungen lenken?Wenn man die kleinkarierte Einstellung der Amerikaner von heute kennt, möchte man diese Frage sofort verneinen. Und doch hat noch selten ein Wahlkampf die weltpolitische Bedeutung dea Landes so stark in das Zentrum der Diskussion gerückt wie dieser.Zunächst einmal sind diese Fragenkomplexe Gegenstand der
Schwingt das Pendel wieder in die andere Richtung? Wächst der Unmut in den Vereinigten Staaten über exzessive Macht und Mißbrauch der Medien? Gewisse Entwicklungen sprechen dafür.
Das politische Szenarium, in dem sich der Wahlkampf dieses Jahres 1976 abspielt, unterscheidet sich wesentlich von dem, was noch vor sechs Monaten Politiker verschiedenster Schattierungen veranlaßte, zu kandidieren oder, wie es hierzulande heißt, „den Hut in den Ring werfen“. Die wesentliche Änderung betrifft den Zustand der amerikanischen Wirtschaft.Lastete im vorigen Herbst noch Ungewißheit über die Entwicklung der Wirtschaft schwer auf dem Lande, so ist es heute bereits jedermann klar, daß der Tiefpunkt der Rezession schon weit zurückliegt. Diese Feststellung treffen nicht nur
Mit der Vorwahl von New Hampshire hat der amerikanische Wahlkampf begonnen. Es wird jedoch noch viele Monate dauern, bis sich ein klares Bild bei Republikanern sowohl wie bei Demokraten entwickelt haben wird. Vermutlich werden erst die Parteikonvente im Sommer darüber Auskunft geben, welche beiden Kandidaten am 4. November 1976 einander begegnen werden.Der Grund hiefür liegt vor allem darin, daß sich auf demokratischer Seite viele Kandidaten bewerben und daß es viele Vorwahlen gibt, deren politische Bedeutung unterschiedlich ist. Nicht alle Kandidaten nehmen an allen Vorwahlen teil — ein
War die US-Innenpolitik schon im abgelaufenen Jahr durch die politische Rivalität zwischen dem Weißen Haus und dem Kongreß gelähmt, so versprechen die komplizierten Vorwahl- und Wahlkämpfe ein Netz zu ziehen, durch das kaum mehr als die allernotwendigsten Gesetze durchschlüpfen kann. Gouverneur Reagans Schatten am rechten Flügel der Republikaner drängt Präsident Ford weit nach rechts und gefährdet damit die Position des Präsidenten in der Mitte des politischen Spektrums. Denn nur ein Mann der Mitte wird die eigentlichen Präsidentschaftswahlen im November gewinnen.Der Kampf
Zionismus mit Rassismus gleichzusetzen, heißt nachgerade auch jegliche nationalistische Initiative, somit auch antikoloniaiistische Bewegungen oder die Bestrebungen der Palästinenser um einen Nationalstaat verurteilen. Es ist daher müßig, über das Meritorische der historischen antizionistisehen Resolution der UNO nachzudenken. Man könnte über das Eigentor lächeln, das sich die arabischen Initiatoren dieser Resolution schössen, als sich herausgestellt hatte, daß die überwiegende Mehrzahl der westlichen Nationen diesmal geschlossen ihre Sympathien für Israel ausdrücken würden, was
Die amerikanische Innenpolitik ist über Nacht in Bewegung geraten, die Wahlen von 1976 werfen ihre langen Schatten voraus. Scheinbar inkongruente Ereignisse lassen sich lediglich mit politischen Fäden zusammenhalten und politisch interpretieren: Präsident Fords brüske Ablehnung, die Stadt New York vor dem Bankrott zu retten. Vizepräsident Rockefellers Verzicht, 1976 mit Ford auf dem gleichen „Wahlticket“ zu kandidieren. Die Entlassung des Verteidigungsministers Schlesinger und des CIA-Chefs Colby. Die Neubesetzung dieser Posten durch Freunde Fords, durch Rumsfeld, Bush und
Die ewige Streitfrage, ob zuerst das „Fressen“ kommt, oder die „Moral“, scheint sich in diesem Herbst gegen das „Fressen“ zu entscheiden. Denn niemand kann mehr bestreiten, daß es in den USA nun wieder wirtschaftlich aufwärts geht; aber dessenungeachtet kann auch niemand die Malaise übersehen, die sich über das große Land gebreitet hat.Die Arbeitslosigkeit sinkt langsam — vielleicht zu langsam —, und die Spirale der Preise hat sich bei etwa 7 Prozent eingependelt. Das ist etwa die Hälfte der Inflationsrate von 1974. Die Produktion steigt langsam, und die Handelsbilanz
Außenminister Kissingers jüngste Reise nach Peking galt in erster Linie der Vorbereitung eines Besuches Präsident Fords in der Hauptstadt Rotchinas. Aus dieser Vorbereitungsreise wurde jedoch ein gegenseitiges Pulsfühlen und Aushorchen. Man wollte feststellen, ob die Grundlagen, auf denen der Modus vivendi zwischen Peking un,d Washington beruht, noch existieren. Kissinger hat die rotchiriesische Hauptstadt mit dem Gefühl verlassen, daß die Beziehungen noch intakt seien, daß sie aber verstärkter Pflege und einer Interpretation der amerikanischen Einstellung zu den verschiedensten internationalen Problemen bedürfen.
Ist New-York-City zahlungsunfähig? Bahnt sich eine Kette finanzieller Zusammenbrüche amerikanischer Städte und Bundesstaaten an? Eine geplante Überbrückungshilfe wird die Stadt bis Ende des Jahres zwar über Wasser halten können. Aber die Kräfte, die so einer halben Lösung entgegenstehen, sind sehr stark, so daß es zumindest fraglich ist, woher die Stadtverwaltung 900 Millionen Dollar herzaubern wird, um Zinsen, Schuldverschreibungen und anderes zu bezahlen. Daß die Stadt am 7. September nicht bereits bankrott wurde, daß sie in der Lage war, Gehälter und Löhne auszuzahlen und die bereits ausgesandten Schecks an Arbeitslose und Empfänger von Sozialleistungen decken konnte, das verdankt die Administration ihren Freunden in den Reihen der Gewerkschaften, die aus den Pensionskassen 100 Millionen Dollar vorschössen. Ein finanzieller Zusammenbruch der Stadt würde die Kassen dieser Institutionen sowieso geleert haben.
Der Erholungsprozeß der amerikanischen Wirtschaft scheint ins Stocken zu geraten und Vom erhofften Kurs abzuweichen. Die Inflation — der wahre Krankheitsherd aller westlichen Wirtschaftskrisen — beginnt sich wieder auszubreiten und bedroht einen wirtschaftlichen Aufschwung, der seit dem ersten Quartal dieses Jahres zu berechtigten Hoffnungen Anlaßgegeben hat.
Noch traut man seinen Augen nicht, noch wagt man nicht zu hoffen! Aber es hat zumindest den Anschein, als ob auch Kommunisten schlechte Taktiker sein und ein Inr strument überdrehen könnten. Überdreht haben sie den revolutionären Prozeß in Portugal. Die Automatik scheint nicht mehr zu ihren Gunsten zu laufen, sondern weg von ihnen. Den Kommunisten in Portugal droht eine revolutionäre Welle — aber eine Welle von stärkstem Druck, die sie hinweg zu schwemmen droht. Denn die große Masse der nicht Entschlossenen, der politisch Ungebundenen, sieht die Opportunität nicht mehr links,
Während die Volkswirtschaften der westlichen Staaten 1973/74 ziemlich gleichzeitig in eine rezessionäre Phase schlitterten — Österreich, das die Rezession erst jetzt zu spüren bekommt, dürfte eine Ausnahme sein —, ist der Erholungstrend von Land zu Land völlig unterschiedlich. Die Vereinigten Staaten, deren Wirtschaft schon gegen Ende 1973 die ersten Zeichen einer Konjunkturabschwächung zeigte, scheinen eines der ersten Länder der freien Welt zu sein, in denen der Erholungsprozeß sich schon abzuzeichnen beginnt. — Wieder einmal hat sich die New Yorker Börse als richtiger Prognosensteiler erwiesen, als sie schon vor sechs Monaten den Gesundungstrend der Wirtschaft durch steil ansteigende Kurse vorankündigte.
Im heutigen Zeitpunkt einen nur einigermaßen akkuraten Vorausblick auf die amerikanischen Präsidentschaftswahlen im November 1976 zu geben, erscheint nahezu unmöglich und unseriös. Trotzdem ist eine analytische Untersuchung der Kandidaten und ihrer Aussichten wichtig, da sich Amerika eigentlich in einem permanenten Wahlkampf befindet, der jedes zweite Jahr zu den Kongreß wählen und jedes vierte Jahr, wenn das Weiße Haus neu besetzt oder bestätigt wird, seinen Höhepunkt erreicht. Ohne diesen Aspekt wäre die amerikanische Innen- und zuweilen auch Außenpolitik kaum verständlich.
Das Rätselraten um die Zukunft des amerikanischen Außenministers Henry Kissinger ist eines der Hauptkonversationsthemen politischer Cocktailparties in Washington.
Nichts ist so erfolgreich wie der Erfolg. Diese Binsenwahrheit hat sich wieder einmal ini Zwischenfall urn; das Frachtschiff Mayaguez erwiesen und ist Präsident Ford innen- und außenpolitisch sehr zugute gekommen. Wäre die Rettung mißlungen, wären unter der gekidnappten Besatzung Opfer oder Verluste zu beklagen geWeseh, so wären alle jene, die nur darauf warten, aus einem Atisrutscher des Präsidenten Kapital zu schlagen, aufgestanden und hätten an ihre, moralische Brust geschlagen, wie das der linksprientierte, Leitartikler der „New York Times“, Lewis, tat. Wie es für diese Zeitung typisch ist, veröffentlichte sie einen Leitartikel zugunsten der Intervention (von Saphire) und einen gegen die Intervention (von Lewis). Man kann ja nie wissen, wie so etwas ausgeht, und wer.vieles bringt, wird manchem etwas bringen.
Der in vollem Gang befindliche amerikanische Rückzug aus Südostasien wirft nicht nur außenpolitische Probleme auf, er stellt auch die demokratische Basis des Landes in Frage. Es steht nicht mehr zur Diskussion, wie man die Einbrüche abriegeln und isolieren könnte, sondern ob die amerikanische Demokratie in der Lage ist, mit den sich auf-türmenden innen- und außenpolitischen Problemen fertig zu werden.Auf Grund der oft angestellten Meinungsumfragen kann es darüber keinen Zweifel geben, daß der Rückzug aus den vorgeschobenen Positionen in Asien populär ist und von der überwiegenden
Mit der unerbittlichen Folgerichtigkeit einer griechischen Tragödie fallen die amerikanischen Einflußsphären: Südostasien, der Nahe Osten, Südwesteuropa. Es scheint, daß sich diese Gebilde, gewebt aus Vertrauen in die Demokratie, materiell^lus militärischer Hilfe sowie Zuversicht, in die erfolgreich*.^wirtschaftliche Zukunft, durch die USA in.die Einzelteile auflösen und in den Sog kollektiver Kräfte geraten.
Der Fluch von Vietnam, der die Vereinigten Staaten seit mehr als zehn Jahren verfolgt, ist trotz des physischen Rückzugs aus diesem Raum noch keineswegs gebrochen. Die Debatte hat sich jetzt neuerlich entzündet. Zur Frage steht, ob man dem am Rande des militärischen und physischen Zusammenbruchs torkelnden Kambodscha noch geringfügige finanzielle Hilfe zukommen lassen soll, um ein völliges Desaster temporär aufzuhalten, oder ob man die Augen schließen und, wie viele meinen, so die Leiden und Zerstörungen schnellstens beenden lassen soll. Denn niemand, auch nicht die Regierung, gibt
Zukünftige Historiker werden die jetzige Phase der amerikanischen Innenpolitik als eine Belastungsprobe der demokratischen Institutionen bezeichnen. Niemand kann heute schon voraussagen, ob die Demokratie diese Prüfung bestehen wird. Noch halben die Streiter für reine Demokratie die Oberhand. Sie haben die Übergriffe eines Präsidenten mit der Schwächung des ganzen Amtes geahndet und sind daran, die Geheimdienstorganisation — überall auf der Welt als CIA bekannt — zu „säubern“. Aber es ist die Tragik, daß diese Puriifikaitoren die wichtigsten Einrichtungen des Staates
Hat sich das Blatt gewendet? Geht es wieder aufwärts? Oder durchleben wir bloß eine Periode der Täuschung, narrt uns eine Fata Morgana? Wie immer bei der Beurteilung von Stimmungen, ist äußerste Vorsicht angebracht. Aber daß die Stimmung in den USA in den letzten Wochen umgeschlagen hat, ist kaum zu verkennen.
Während Präsident Fords wirtschaftliches Programm zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, der Inflation und der Energieknappheit im Zentrum der allgemeinen Diskussion steht, widmen Medien und Öffentlichkeit in den USA der Entwicklung der Beziehungen zur Sowjetunion wenig Aufmerksamkeit. Allgemein ist die Ansicht verbreitet, daß die Detente noch gelte, obgleich die Sowjets das kürzlich vom Präsidenten Unterzeichnete Handelsabkommen gekündigt und den Botschafter Do- brynin aus Washington zu längeren Konsultationen nach Moskau abberufen haben. Aber weil gerade jene demokratischen
Das Erstaunlichste an der neuen Wirtschaftspolitik der amerikanischen Regierung ist der 180gradige Wechsel, der ohne Vorwarnung eingeschlagen wurde. Der Präsident nannte diese totale Kehrtwendung von der Inflationsbekämpfung zur aktiven Wirtschaftsankurbelung ironisch 179gradig, und gab damit zu, daß es ihm nicht leicht gefallen ist, in knapp drei Monaten das Gegenteil von dem in der State-of-the-Union-Botschaft vom neuen Kongreß zu verlangen, was er im Oktober gepredigt hatte. Aber die Wirtschaftsberater des Präsidenten geben in ebenso entwaffnend offenem Stil wie ihr Chef zu, daß sie mit einem so radikalen Verfall der amerikanischen Wirtschaft, wie er zwischen Oktober und jetzt eingetreten ist, nicht gerechnet hatten und daß die Priorität heute klar auf Seiten der Verhinderung größerer rezes- sionärer Schäden liegt, und nicht bei weiterer Inflationsbekämpfung.
Wie ein roter Faden zieht sich durch die internationale Energiepolitik eine immer schärfer werdende Trennungslinie zwischen amerikanischen und europäischen Interessen. Sie ist gezogen durch die unterschiedliche Stellung der beiden VVirtschaftsräume gegenüber den .ölproduzierenden Staaten und ihrer Politik, aber auch durch das Bemühen, eine europäische Identität zu schaffen. Zwischen den Sorgen an der US-Wirtschaftsfront und dem Sieg von Kreml-Falken über den US-Handelsvertrag scheint Präsident Ford derzeit die ölfront als „Auffangstellung” zu sehen.
Kissingers Drohung an die Araber für den „Fall der Fälle”, nämlich militärisch die Ölversorgung des Westens (im übrigen auch der Dritten Welt) sicherzustellen, könnte das Ende der Sehwächeperiode der US-Administration andeuten; es könnte aber auch ein Zeichen sein, daß Washington mit dem normalen Instrumentarium der Diplomatie der größten Macht der Erde am Ende des Lateins ist.
Bei der Beurteilung der ersten großen Auslandsreise Präsident Fords ist zuerst eine Analyse der innenpolitischen Position des Präsidenten und dann eine solche der gegenüber der Nixon-Ära veränderten Weltlage am Platz.Nicht gewählt, sondern ernannt und vom Kongreß bestätigt und schließlich in den kürzlich abgehaltenen „Halbzeitwahlen“ abgewiesen, scheint Präsident Ford zur Zeit nur eine geringe Verwurzelung im amerikanischen Elektorat zu besitzen. Die Krebsoperation seiner Frau hatte überdies eine Kandidatur für das Jahr 1976 in Frage gestellt. So war es überaus wichtig, daß
Nach den soeben entschiedenen amerikanischen „Halbzeitwahlen“ scheint es wichtig, eine Bestandsaufnahme der politischen, wirtschaftlichen und inneren Lage der westlichen Führungsmacht durchzuführen, weil ja von hier die Impulse für die übrige freie Welt ihren Ausgang nehmen.
Prophezeite Revolutionen bleiben oft aus. Nicht so im Fall der amerikanischen Halbzeitwahlen. Der seit Watergate vorausgesagte „demokratische Erdrutsch“ ist eingetreten. ~ Präsident Nixons Abdankung hat ihn nicht aufhalten können. ‘Neun der zehn größten Gäit/d »laaten der Union werden künftig von demokratischen Gouverneuren geführt werden. Dief Ausnahme ist Michigan. In der Entscheidung über die Posten der öffentlichen Ankläger der höheren Finanzadministratoren und Bürgermeister zeigten die Wähler, wem sie den Vorzug gaben. Ihre Gunst kam diesmal überwiegend den Kandidaten der demokratischen Partei zugute.
Es darf als bekannt vorausgesetzt werden, daß die Vereinigten Staaten im wesentlichen jedes zweite Jahr wählen, eigentlich, infolge des Ablaufs gewisser Ämter, sogar jedes Jahr. Jeder erste Dienstag; im November ist also Election day. Jedes vierte Jahr ist Präsidentenwahl, jedes zweite Jahr Kongreßwahl..
Das „Deja vu, dejä entendu” liegt wie ein bleierner Vorhang zwischen Präsident Fords Kampfruf gegen die Inflation und der pessimistischen Stimmung der amerikanischen Bevölkerung, die nach Watergate richtungslos dahintreibt. Als weitere Wand ist ein Kongreß dazwischen geschoben, der soeben seine Arbeit einstellt, weil er sich am 5. November in seiner Mehrheit den Wählern stellen muß. Es ist daher fraglich, was von Fords Antiinflationsprogramm wirklich die Bevölkerung erreicht und was der Kongreß — immer groß im Ausgeben und klein im Sparen — davon schließlich bewilligen wird.
Man sollte meinen, die Amerikaner hätten andere Sorgen, als sich auch noęh um die politische Leiche Richard Nixons zu balgen. Das stille Begräbnis, das ihr Präsident Ford durch seinen weitreichenden Bcgh’atligupgsakt gewähren wollte, hat jedoch die Leidenschaften nur neuerlich entfacht.
Der König ist tot, es lebe der König.Der tote König ist allerdings eines unnatürlichen Todes gestorben und der neue König entbehrt der demokratischen Sanktion, der Volkswahl. Aber Washington befindet sich seit Nixons Rücktritt und Fords ersten Gehversuchen in einer Euphorie besonderer Art. Die Agonie der nicht enden wollenden Watergate-Explosionen ist vorbei und an die Stelle des selten lachenden, dunklen Nixon ist ein lichter, freundlich winkender, unformeller Sportstyp getreten, der für jedermann da ist, für alle ein freundliches Wort hat und das Weiße Haus für Freund und Feind —
Die Geschichte allein wird über Nixon urteilen. Nicht die Presse, nicht seine Zeitgenossen — seine zahlreichen Hasser und Anhänger. Man wird sich vermutlich an den Kopf greifen und sich fragen, wie es möglich war, daß eine erfolgreiche Regierung, die Amerikas Großmachtstellung in der Welt wieder hergestellt hat, den Vietnamkrieg beendet, das Feuer im Nahen Osten gelöscht und trotz innerer Müdigkeit der jungen Generation einen tragbaren Modus vivendi mit der kommunistischen Welt etabliert hat — an den Water-gate-Banalitäten gescheitert ist. Man mag Watergate einen politischen
Das jetzt so häufig zitierte „Drama“ um die politische Zukunft Präsident Nixons ist an einem Punkt angelangt, von dem es kein Zurück mehr gibt. Die Aussichten, daß Nixon schließlich im Senat von einem Drittel der Mitglieder exkulpiert wird und daher im Amt bleibt, sind nach wie vor besser als 50 Prozent. Aber die Schwächung der Präsidentschaft durch das Impeachmentver-fahren, durch den Spruch des Obersten Gerichtshofes und schließlich durch die gesamte Anti-Nixon-Kampagne sind nicht mehr aus der Wert zu schaffen. Daß sich Nixon in diesem von Scheinwerfern und Fernsehkameras .
Präsident Nixon hat eine wichtige Wahl verloren. In einem gemischt industriell-agrarischen Wahlkreis im Staate Michigan gab es eine Nachwahl zum Repräsentantenhaus, wobei der demokratische Kandidat über einen menschlich weit überlegenen und beruflich besser qualifizierten Republikaner siegte. Die Presse und die Mehrzahl der politischen Kommentatoren sind der Ansicht, daß „Watergate“ und Präsident Nixon für den Republikaner eine zu große Hypothek dargestellt hätten.
Die intensive Diskussion über Erfolg und Mißerfolg der amerikanischen Detentepolitik gegenüber der Sowjetunion berührt im allgemeinen bloß die Oberfläche der zwischenstaatlichen Beziehungen. Alle die oft analysierten Fragen, wie Handelspolitik, das Problem der Emigration aus der Sowjetunion, die umstrittene europäische Sicherheitskonferenz, ja selbst die explosiven Nahostprobleme, sind eigentlich bloß Sekundärerscheinungen, an denen sich der Stand der zwischenstaatlichen Beziehungen kaum messen läßt. Der wahre Prüfstein ist die atomare Rüstungspolitik, denn wirkliche Entspannung kann es nicht geben, wenn beide Supermächte mit dem Finger am Abzug der Atomwaffen leben.
Am 1. Marz hat die seit zwei Jahren arbeitende Grand Jury Daß diese Wahlen wahrscheinlich in Washington in der Watergate-Af f äre die ersten Anklagen er- wegen der Inflation und der Energiehoben. Sie richten sich vorerst gegen sieben ehemalige enge Mit- krise ebenso verlorengingen wie we-arbeiter des Präsidenten. gen Watergate, wird in der Analyse __der New York Times einfach verdrängt. Es paßt denn auch ganz har-
Obenauf in der amerikanischen Liste der Gegner steht momentan wieder Frankreich. Das emotionelle Verhältnis zwischen den beiden Nationen im Laufe der Geschichte wird durch einen Zyklus von Haß und Liebe gekennzeichnet. Im Zweiten Weltkrieg standen die Sympathien Amerikas eindeutig auf Seiten der französischen Demokratie, als eines Opfers deutscher Aggression, obgleich schon damals viel Spott auf die angebliche „Operettendemokratie“ gehäuft wurde. Dann kamen die Jahre des harten Wiederaufbaus in Europa, der für die nach größeren Lösungen suchenden Amerikaner schon immer mit dem
Es ist wohl bezeichnend für unsere Zeit, daß der Kitsch des Melodramas und der Kitzel des Thrillers über allen unseren Alltagssorgen zu schweben scheinen. Zumindest war dies der Fall, bevor Präsident Nixon seine Botschaft „über die Lage der Nation“ gesprochen hatte. Wie würde sich das seit über einem Jahr gejagte Wild verhalten? Wieweit hatte der unvermeidliche Blutverlust die Neigung zur Resignation verstärkt?Nach einer bemerkenswert sachlich und analytisch klar vorgetragenen Rede war es jedoch Feind und Freund bald klar: dieser Mann gibt nicht auf, er wird seinen Gegnern im
War 1973 ein Jahr der UNO?Diese Frage wird von Fürsprechern und Kritikern unterschiedlich beantwortet. Übereinstimmung besteht jedoch darüber, daß sich die Weltorganisation im Krisenmanagement des Nahostkonfliktes bewährt hat. Als es darum ging, die noch nach dem offiziellen „Schlußpfiff“ weiterkämpfenden Einheiten zu trennen und die Feuereinstellung zu untermauern, gelang es Generalsekretär Waldheim innerhalb kürzester Zeit, 1000 Mann UNO-Truppen aus Zypern an die Suezfront zu werfen und damit einen Cordon Sani-taire zwischen die noch wenige Stunden vorher kämpfenden Armeen zu
Man kann nicht behaupten, daß 1973 eines der erfolgreichsten Jahre der relativ kurzen amerikanischen Geschichte gewesen wäre. Innenpolitisch zerrissen und emotionell aufgewühlt, ökonomisch geschwächt und außenpolitisch kaum verankert, so geht die führende Nation des Westens in ein neues Jahr, dessen Motto Unsicherheit heißt.
Ein kurzer „Abstecher“ nach Europa enthüllt klar den Unter-« schied der Auswirkungen der Energiekrise hüben und drüben. In London und Paris, beide Hauptstädte von Ländern, die von den Arabern bevorzugt mit ölprodukten beliefert werden, blicken einem echte Angst und Ansätze krisenhafter Verknappung entgegen. In London schleichende Streiks, die die an sich schon schwierige Situation fast aus.den Angeln heben, in Paris ein Generalstreik, der einem unlogischen Trotzausbruch gleichkommt.
Die erste Runde der auf den militärischen Konflikt im Nahen Osten folgenden diplomatischen Auseinandersetzung ging einstimmig an die USA. Ob es nun Außenminister Kissingers Geschick oder Präsident Nixons hektische Bemühungen waren — der Ausbruch neuer Kämpfe wurde vermieden, Ägypter und Israelis haben zum erstenmal nach direkten Verhandlungen ein Stück Papier unterzeichnet. Das allein, weniger der Inhalt der Abmachung, hat Gewicht. Die Eile, mit der diese Unterzeichnung förmlich durchgepeitscht wurde, hat die andere Großmacht in diesem strategischen Raum, die Sowjetunion, so
Präsident Nixons Watergate-Probleme schienen Anfang August überwunden zu sein. Das Publikum war von den einseitig geführten Televisionshows des Senatsausschusses unter Senator Erwin angewidert und in seiner Mehrheit bereit, zum Alltag zurückzukehren. Der Alltag stellte genügend Fragen, als daß man sie zugunsten politischer Nahkämpfe übersehen konnte. Watergate war von den Titelseiten verschwunden.Das war der Moment, in dem der Präsident eine falsche Kalkulation anstellte. Er verwechselte die Ruhe mit Desinteressement und versuchte, durch einen Kompromiß, verbunden mit einem radikalen
Der neuerliche militärische Ausbruch des arabisch-israelischen Konflikts hat die amerikanische Öffentlichkeit und das offizielle Washington ebenso überrascht wie die Israelis selbst. Wohl wird jetzt zugegeben, daß man die Konzentration ägyptischer und syrischer Kräfte schon längere Zeit mit Besorgnis beobachtet habe — man habe auch die Israelis gewarnt —, doch wurde dieser Aufmarsch als Begleitmusik für die UNO-Generalversammlung gewertet, als eine Geste, die den arabischen Drohungen mehr Nachdruck verleihen sollte. Überrascht hat in den USA nicht bloß der militärische Anfangserfolg der Ägypter und Syrer, sondern auch die kompetente Vorbereitung des Angriffes — sowohl was seine Durchführung als auch was seine Geheimhaltung anlangt. Niemals hätte man den Ägyptern so komplizierte Manöver zugetraut wie den Brückenschlag über den Suezkanal innerhalb weniger Stunden. Somit haben die Araber sicherlich von negativen Klischees profitiert, die ihnen seit dem israelischen Blitzsieg von 1967 nachhängen.
Die mit großer Spannung erwartete Erklärung Präsident Nixons zu den Watergate-IIearlngs des Senatsausschusses bedeutete für Freund und Feind eine gewisse Enttäuschung. Enttäuscht wurden jene, die eine detaillierte Zurückweisung aller erhobenen Anschuldigungen, verbunden mit «inem Gegenangriff, erwartet — enttäuscht wurden aber auch jene, die ein konziliantes Einlenken erhofft hatten. Das Schwarzweißende des Western-thrillers ist ausgeblieben, weil der schlaue Politiker Nixon erkannt hatte, daß es nicht in seinem Interesse liegt, öl in das allmählich ausgehende Watergate-Feuer zu schütten.
Wöchentlich 22 Stunden Television-Watergate-Show, 7500 Seiten Zeugenaussagen, die nicht mehr aufnehmbare Flut von Presseberichten, bei denen man Fakten von Annahmen und Verdächtigungen nicht mehr unterscheiden konnte, haben das Publikum abgestumpft und die anfängliche Empörung in Zynismus A'erwandelt.
Wenn außer den endemischen Nixon-Hassern heute auch andere, dem Präsidenten im Grunde freundlicher gesinnte Gruppen in den USA seinen Rücktritt diskutieren, so geschieht das, weil sie befürchten, daß ein schwer angeschlagener Präsident dem Lande die notwendige Führerqualität nicht mehr vermitteln könnte. Und trotzdem geht die Arbeit weiter und sind die Vorbereitungen für den Breschnew-Besuoh nahezu abgeschlossen.Breschnew kann in den USA — ausgestattet mit aller Machtvollkommenheit — auftreten. Er hat seine politischen Gegner in der Partei an die Kandare gelegt und hat das Land
Es ist nicht Aufgabe dieses Kommentars, die oft verwirrenden Zusammenhänge von Watergate nachzuziehen. Es soll auch hier nicht über den Ausgang spekuliert werden. Wenn in den USA Emotionen ihren Lauf nehmen, ist es unmöglich, vorauszusagen, was passieren wird.Was jedoch wichtiger erscheint, ist eine Ausleuchtung des Hintergrundes, der Mentalität, der Kräfte am Werk und der möglichen Auswirkungen auf die USA und die freie Welt.Zum Verständnis der Situation muß zunächst einmal die grund-verschiedene Einstellung Europas ind Amerikas zur Demokratie untersucht werden. Die Mehrzahl der
Im Trommelwirbel der Zeitungen und Fernsehkommentatoren über Watergate geht momentan die Außenpolitik der Regierung Nixon unter: selbst C. L. Sulzberger, der angesehene Außenpolitiker der New York Times, warnt, daß die Lähmung der Regierungstätigkeit durch Watergate die Gegner der USA in West- und Ostasien zu riskanten Abenteuern ermuntern könnte. Eine neue OffenstaiBe in Vietnam ei wahrscheinlich, eine Explosion im Nahtnl^teh möglich. Der amerikanische Trieb zur Selbstrerfleischung für die Reinhaltung idealistisch gesehener Prinzipien und Von Demokratie scheint momentan vor nichts haltzumachen.
Vor einigen Tagen veröffentlichten die „New York Times“ einen Artikel, in dem Verwunderung darüber ausgesprochen wird, daß das Ausland und seine Presse nicht die gleiche Empörung über „Watergate“ äußere wie die amerikanische Presse. Und wenn man den „New York Times“ und ihren ideologischen Geschwistern folgt, so habe es in der Geschichte der Vereinigten Staaten noch selten einen so abscheulichen Skandal gegeben, der die Grundlagen und Einrichtungen des Landes erschüttere und in Frage stelle.Watergate ist die Bezeichnung für einen großen Wohnblock in der Hauptstadt
Nach nunmehr vollendetem Abzug aller Soldaten und Kriegsgefangenen aus Vietnam sieht Nixon ein Kapitel abgeschlossen: Es sei seiner Regierung gelungen, den Konflikt zu beenden, doch hätte sie niemals Erfolg gehabt, wäre nicht die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung („im Gegensatz zu all den Schreiern in Presse und sonstwo“) hinter dem Präsidenten gestanden. Die Mehrheit des Volkes habe sich der heroischen und patriotischen Haltung der trotz Terror ungebrochenen Kriegsgefangenen als würdig erwiesen und den Feind gezwungen, sein Ziel, die Eroberung des Südens, zumindest fürs erste
Der 38. Stock der riesigen Zündholzschachtel am East River beherbergt den Generalsekretär der UNO und seinen Stab. Das große quadratische Vorzimmer ist nüchtern eingerichtet, gelbe Lederfauteuils, ein „ärarischer“ Mantelständer und, ganz verloren an den langen Wänden, eine asiatische Skulptur und ein kleines, anspruchsloses Landschaftsbild des französischen Malers Lavieille. Ringsherum Schreibtische und die Telephonzentrale. Gemessen an dem Raffinement in den Arsenalen moderner Terroristen sind die Sicherheitsvorkehrungen im 38. Stock des UNO-Gebäudes bescheiden.