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Jimmy Carter nach dem Einzug ins Weiße Haus

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Jimmy Carter ist nun seit wenigen Tagen offiziell Präsident und residiert im Weißen Haus. Er wird jetzt nicht nur einem Kabinett Vorsitzen, das verhältnismäßig wenige Gegner hat, sondern auch einen Plan zur Stimulierung der Wirtschaft dem Kongreß zuleiten können, der vielen etwas gibt, ohne alle zu befriedigen.

Bei der Wahl seines Kabinetts hat es die ersten Verstimmungen mit dem linken Flügel der Demokraten gegeben und der bekannte Tribun der Konsumenteninteressen - Ralph Nader - ein Mann, der Carter im Wahlkampf lautstark unterstützte, hat sich bereits ebenso lautstark gegen Carter gewendet. Die Negerführer, deren Gefolgschaft Carter seinen Einzug ins Weiße Haus sehr wesentlich verdankt, sind enttäuscht, weil sie im Kabinett fast nicht vertreten sind und der Parade-Neger der Carter-Administration als zukünftiger UNO-Botschafter eine

Position erhalten hat, die ihn zwangsläufig in einen Konflikt mit den afrikanischen Staaten und anderen farbigen Vertretern der unterentwickelten Länder bringen muß. Und der neue Justizminister Bell aus Atlanta mußte erst seine Mitgliedschaft in gegenüber Juden und, Neger diskriminierenden Country-Clubs zurücklegen, um mini- strabel zu werden.

Das Wirtschaftsteam - Lance als Budgetchef, Blumenthal als Finanzminister und Schultze als Chefeconomist - vertritt konservativ-konventionelle Maßnahmen und Ideen, während es nun, laut Nader, an der Zeit wäre, mit neuen, kreativen Maßnahmen gegen die Stagnation und die schier unlösbaren Probleme der Städte anzukämpfen. Die Führer der Außenpolitik, Vance und Brzezinsky, seien nichts weiter als Routiniers aus der nicht sehr geschätzten Johnson-Epoche und der Verteidigungsminister Brown sei zu sehr Waffenexperte, als daß er Carters Versprechen, den Rüstungsetat um fünf bis sieben Milliarden zu kürzen, ernst nehmen könne.

Die Gewerkschaften kämpften zwar um ihren Vertrauensmann Dunlap im Arbeitsministerium, fielen aber durch, weil Dunlap für führende Negerkreise ein rotes Tuch war, und die Frauenbewegung wurde mit einem in den USA relativ unbedeutenden Kabinettsposten, dem Handelsministerium, abgespeist.

Ist die Linke also enttäuscht, so hat auch die Rechte keinen Grund zum Jubilieren. Blumenthal giltais brillantes, arrogantes Überbleibsel der in diesen Kreisen gar nicht beliebten Ära Kennedy, und Verteidigungsminister Brown als viel zu schwach, um ein Vorkämpfer gegen die wachsende sowjetische Bedrohung zu werden, die sich in den neuen Studien der CIA andeutet Der Champion der Konservativen, Fords Verteidigungsminister Schlesinger, ein Mann, der weiß, worum es geht, ist auf eine „Konstruktion” abgeschoben worden, von der es noch gar nicht sicher ist, ob sie jemals zu einem Gebäude werden wird. Denn Schlesinger soll Energiezar Amerikas werden, was aber voraussetzt, daß der Kongreß zuerst die vielen heterogenen Ämter und Komitees, die sich mit dem Energieproblem befassen, in einem Superamt vereint.

Zeichnet sich also Carters „eklektische” Politik in seiner Kabinettsbildung deutlich ab, so findet sie ihre Fortsetzung in dem Plan, der zur Stimulierung der amerikanischen Wirtschaft vorgelegt wurde. Da ja in der Ära Carter die überwiegende Mehrheit des Kongresses im gleichen politischen Lager steht wie der Präsident* kann man schon heute damit rechnen, daß diese Vorschläge im wesentlichen auch Gesetz werden.

Aber die Priorität liegt jetzt beim Abbau der Arbeitslosigkeit und selbst ein Prediger für knappe Haushalte, wie der deutsche Kanzler Hellmut Schmidt, wird neuerdings in den USA als ein Politiker hingestellt, der einse- hen gelernt habe, daß es ohne „spending1 nicht gehe und der jetzt auf das Heil aus Washington warte. Wohl wird es auch einen gewissen Steuerabbau geben. Aber dadurch, daß man die Soziallasten minimal herabsetzt, hofft man, daß die Wirtschaft mehr Arbeiter einstellen und die Ersparnisse nicht in technische Erneuerung und arbeitsparende Maschinen stecken werde.

Außenpolitisch steht der neue CIA-Bericht im Vordergrund, der diesmal unter Teilnahme von nicht der CIA angehörenden Experten ausgearbeitet wurde und der besagt, daß die Sowjetunion die Vereinigten Staaten auf fast allen militärischen Gebieten überholt habe und die Beherrschung der gesamten freien Welt innerhalb der nächsten zehn Jahre anstrebe. Wie dieser Bericht mit den Bestrebungen Carters, den Rüstungsetat einzuschränken, vereinbart werden kann, ist eine Preisfrage.

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