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Keine Zukunft in Sicht

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Als ob die mit sparsamsten Subven-tionsmitteln operierende Leitung des 7 Internationalen Science-fiction-Festivals in Triest, deren Improvisationsgeist zu bewundern ist, dies geahnt hätte: Von Raumschiffen und anderen Planeten war nicht mehr die Rede, die Science-fiction wurde auf unsere Welt verlegt. Nicht mehr der von der Eroberung fremder Sterne war die Rede — ist dies noch Utopie? —, sondern von der Zukunft unserer Erde, eine Zukunft, die allerdings weitaus pessimistischer beurteilt wird als der Fortschritt der Technik; der „Film di Fantascienza“, eine Bezeichnung, die weitaus umfassender und somit treffender alles einschließt, was mit Phantasie und Utopie zusammenhängt als der prä-

zisierte Begriff Science-fiction (wissenschaftliche Erdichtung), geht von der Gegenwart aus und verlegt ihre Probleme in eine unbestimmte Zukunft.

Allerdings konnte kein Filmautor eine Lösung anbieten, nur Vermutungen oder Definitionen. Ungarn stellte die Frage der Verantwortung in seinem Beitrag „Das Fenster zur Zeit“ zur Debatte, indem es den Schuldigen an einem totalen Weltkrieg „eingefroren“ überleben läßt, weil erst Jahrhunderte später diese Frage vor der Geschichte gelöst werden könne; Frankreich läßt in „Der letzte Mensch“ nur eine Frau und ihr Kind den Atombrand überleben — beide Filme jedoch lassen die Hoffnung auf ein neues Menschen-

geschlecht offen... Und Frankreichs „Mister Freedom“ behandelt als Pop-Satire das Verhältnis Amerikas zu Europa, zum Kommunismus, zu China und zur Religion — ist dies noch Science fletion? Die Antwort lautet: Nur mehr im Trivialflim, in der Unterhaltung für das breite Publikum... Japans Monsterspezialist Inoshiro Honda vereinigt nach altem Rezept (ob sich dieses aber auf die Dauer bewähren wird?) gleich eine ganze Ungeheuermenagerie aus Japans Legendenwelt, Ebirah, Godzilla, Rodan, Mothra, Manda und wie sie alle heißen, um in einem mehr komischen als erschreckenden Trickalptraum die Erde zu zerstören: „Vernichtet alle Ungeheuer“ — doch werden diese vermutlich einmal ohnedies aus Publikumsteilnahmslosigkeit ihr Filmleben beenden! Und Englands „Menschen-Stehler“, eigentlich nur durch eine wunderschön-ätherische Dame von einem anderen Planeten verkörpert, die zuerst junge Männer einfach raubt, dann — durch die Liebe zu einem attraktiven Spezial-agenten bekehrt — ihr „unrecht Tun“ einsieht und In Hinkunft diese zur Aufzüchtung ihrer Rasse notwendige neue Blutzufuhr „legal anwerben“ will — diese Primitivstory war in Triest nur noch Außenseiter, weder vom Publikum noch von der Kritik ernstgenommen. Die Wirklichkeit fegt alle diese Phantome hinweg, Godzilla, Rodan und die schöne Dame von einem anderen Stern müssen nüchternen Gedanken weichen; da der Schritt ins All bereits getan ist, kann sich die Science-fiction mit anderen Problemen befassen, die vielleicht noch schwerer lösbar, aber naheliegender sind: Unsere Welt von morgen — das Filmfestival in Triest machte daau den ersten Schritt... .

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