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Parodie und Wirklichkeit

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Der große Meister des tschechischen Films Karel Zeman — lange Zeit unserem Publikum nur als hervorragender Trickfilmschöpfer bekannt — beweist in seinem großartigen Streifen „Narrenchronik“, daß Tricks und originelle filmtechnische Einfälle nicht selbstzweckhafte Effekte sein müssen, sondern dem Thema und der Ausage des Films als echte Elemente zugeordnet sein können. Es ist eine köstliche Chronik aus der so bewegten und auch düsteren Zeit des Dreißigjährigen Krieges, heiter gestimmt in seiner Grundtendenz und dennoch Krieg und Sieg und Heldentum unbarmherzig entlarvend. Zemans faszinierende Kunst, reales Spiel mit Trickzeichnungen im Stile alter Kupferstiche jener Zeit nahtlos zu verbinden, übt auch in diesem Streifen einen bezaubernden Reiz aus. Das Geschehen bleibt nicht an vordergründigen Ereignissen hängen, sondern weitet sich auch in das Reich einer aktivierten Phantasie aus.

Eine weitere Parodie versucht Deutschlands Fernsehshowmann Michael Pfieghar mit dem Streifen „Serenade für zwei Spione“. Pfieghar ist ein cleverer Mann und voller Einfälle, eigener und fremder, die er geschickt zu adaptieren weiß. Wie üblich, geht es um eine gestohlene, militärisch „schrecklich wichtige“ Erfindung, die nun wieder zurückerobert werden soll. Das Feuerwerk an Pointen leidet aber zuweilen an Fehlzündungen, wie überhaupt alles den Intellekt und nicht so sehr das Gemüt ansprechen will. Die sich überstürzenden und überschlagenden Ereignisse wirken aber durch optische Kameratricks und technische Spielereien nicht nur parodi-stisch verfremdet, sondern auch übertrieben gekünstelt. Die in ein Agentenleben obligatorisch einbezogene Erotik ist geschmacklos. Insgesamt ein mißglückter Versuch einer Parodie, durch die sich die „Parodierten“ kaum betroffen oder gar gefährdet fühlen dürften.

Die Parodie auf Gangster und Gangsterfilme ist Christian-Chaque in dem französischen Streifen „Der Gentleman von Cocody“ wesentlich besser geglückt. Jean Marais vermag alle Register seines Charmes und seiner vielseitigen artistischen Fähigkeiten zu ziehen, und Liselotte Pulver assistiert ihm prächtig. Dazu der exotische Hintergrund der Elfenbeinküste und eine turbulente Handlung mit viel Esprit ergeben eine brauchbare Abenteuerunterhaltung, die nicht am blutigen Detail hängt, sondern am köstlichen Witz, den auch die Filmroutine nicht zu überwuchern vermag.

Zwanzig Jahre nach Ende des letzten Weltkrieges zeigen leider viele Filme die entsetzliche Katastrophe des Krieges nur noch als Kulisse für blutige Abenteuergeschichten. Im „Geheimauftrag Dubrovnik“ kommt es wieder einmal ganz dick: Fünf ausgewachsene Verbrecher sollen um den Preis der Freiheit einen italienischen General aus der Festung Dubrovnik befreien. Man schreibt das Jahr 1943, und sämtliche Deutsche bestehen aus einer homogenen Mischung aus Sadismus und Dummheit, während eben die Alliierten unentwegt Helden sind. Man kann diesem farbigen Kriegsfllm des amerikanischen Regisseurs Roger Cor-man eine perfekte Gestaltung nicht absprechen, muß allerdings die Vorliebe für blutrünstige Einzelheiten in dieser den Völkerhaß nährenden Kriegskolportage anprangern.

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