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Autoren, leicht verwirrt

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Wenn man sich erwartet, daß Schriftsteller über die Religion sensibler, genauer und erfahrungsnäher zu reden verstehen als beispielsweise Theologen, wird man enttäuscht. Die Mehrzahl der Beiträge des Sammelbandes „Die Botschaft hör' ich wohl“ sind genau von jener Kopf- -lastigkeit geprägt, die man zu Recht an den professionellen Rednern des Glaubens monieren darf.

Wäre da nicht der Beitrag von Margarete Hannsmann, die einfach berichtet, was sie während ihrer Gallenoperation erlebt und was dieses Erlebnis für sie bedeutet hat („Träume sind anders. Wie soll ich's erklären? — Die Ohnmacht der Wörter ließ mich seit zwölf Jahren schweigen.“), so wäre es schier zum Verzweifeln.

Offensichtlich fehlt den meisten Schriftstellern (entsprechend dem unausgesprochen gebliebenen zweiten Teil des Faust-Zitates im Titel) tatsächlich der Glaube, so daß sie daher auch keine Erfahrung damit machen — geschweige denn über solche Erfahrungen schreiben können; einige jedenfalls sind auch als erwachsene Männer nicht mit dem fertig-geworden, wassrein ihrerKte“ heit als religiöse Erziehung erlebten. ,i

Selbst Adolf Muschgs vornehmer Beitrag hinterläßt einen zwiespältigen Eindruck: auf der einen Seite klug differenzierende Überlegungen, ob es wohl richtig war, den eigenen Kindern die Entscheidung zu überlassen, ob sie sich konfirmieren lassen wollen oder nicht, auf der anderen Seite ein Argumentationsgang, in dem der Autor im Ausspielen des Buddhismus gegen das Christentum plötzlich unter sein Niveau steigt.

Walter Jens' Meditationen zu den sieben Worten Jesu am Kreuz haben sich — wie der Auszug aus dem ebenfalls diesen Herbst erschienenen Vaterroman Ludwig Harigs - wohl nur aus Mangel an sonstigen geeigneten Beiträgenin diese von Martin Gregor-Dellin nicht so sehr herausgegebene als vielmehr eher lieblos zusammen-geschusterte Anthologie hineinverirrt.

DIE BOTSCHAFT HÖR“ ICH WOHL. Herausgegeben von Martin Gregor-Dellin. Kreuz Verlag. Stuttgart 1986.157 Seiten, kart. öS 193.50.

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