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Die stillen Teilhaber

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Für OAAB-Chef Herbert Kohl-maier ist das neue Beteiligungsfondsgesetz ein erster Silberstreif am Horizont, die Hoffnung, daß auch von einer sozialistischen Regierung marktwirtschaftliche Überlegungen akzeptiert werden. Wenn sie offenbar den letzten Ausweg aus der wirtschaftlichen Misere und einen Schutz vor noch größerer Arbeitslosigkeit bedeuten.

Der Sinn dieses Wortungeheuers, das aus den Gesprächen zwischen Bundeskanzler Bruno Kreisky und ÖVP-Obmann Alois Mock vor Weihnachten herauskam, ist, daß Betriebe nötwendige Investitionen durch Hereinnahme von Beteiligungen statt mit hochverzinsten Bankkrediten durchführen und damit dem Mangel an Eigenkapital entgegenwirken können.

Wenn etwa, erläutert Kohlmai-er, ein Unternehmen eine neue Fabrik errichten will, kann es sich nun an eine der zu bildenden Beteiligungsgesellschaften wenden, um sie als stillen Teilhaber oder als Kommanditisten zu gewinnen, mit deren Geld zu bauen und sie am Gewinn zu beteiligen, statt für Bankkredite 15 und mehr Prozent Zinsen zu zahlen. Denn diese Zinsen müssen auch gezahlt werden, bevor der neue Betrieb noch in die Gewinnzone kommt.

Im Ansatz entspricht diese neue Möglichkeit der Idee von einst,

Volksaktien bestimmter Betriebe auszugeben, erinnert sich Kohl-maier an die fünfziger Jahre. Nur werden jetzt die Geldgeber, die „Genußscheine” dieser Beteiligungsgesellschaften erwerben, nicht an einem bestimmten Betrieb beteiligt, sondern anteilsmäßig an einer Vielzahl, an denen die Gesellschaft Beteiligungen erwirbt.

Kohlmaier nennt zwei Voraussetzungen dafür, daß das Vorhaben gelingt: zunächst muß es genug Interessenten geben, die in die kommenden Beteiligungsgesellschaften einzahlen.

Der Anreiz dazu ist gegeben: Der Erwerb der Genußscheine ist steuerfrei. Bis zu 40.000 Schilling pro Jahr — für Frau und Kinder je 10.000 Schilling zusätzlich - können auf der Steuererklärung abgesetzt werden. Und wenn die Beteiligungen einmal Gewinn abwerfen, verzichtet auch bei ihnen der Fiskus auf Zugriff.

Die zweite Voraussetzung ist, meint Kohlmaier, daß es Konkurrenz unter den Beteiligungsgesellschaften gibt, ohne daß sie unter die „Patronanz” politischer Kräfte geraten.

Für den ÖAAB sichert dessen Chef zu, daß es keine solche Ver-politisierung geben werde. „Sinn jeder Vermögensbildung muß es sein, Selbständigkeit für die Wirtschaft und jeden einzelnen zu schaffen und von jedem politischen Machtanspruch zu befreidung und Führung dieser Gesellschaften mitzusprechen, da nur sie über die nötige Organisation verfügen.

Und es mangelt auch nicht am Interesse. Denn die Banken waren zuletzt weniger als je zuvor in der Lage, Risikokapital auf eigene Rechnung in großem Ausmaß bereitzustellen.

Noch ist nicht absehbar, wie sich das „Beteiligungsfondsgesetz” in der Praxis bewähren wird: Es bietet Rahmenbedingungen, die sicher noch ausgestaltet werden müssen.

Trotzdem empfindet es Kohlmaier als „Weichenstellung im Sinn marktwirtschaftlicher Strategien”. Offen ist noch die Frage, in welcher Weise eine Mitsprache der Geldgeber — direkt oder indirekt - an den finanzierten Betrieben zum Tragen kommen soll.

Da jede Art betrieblicher Beteiligung möglich sein soll, wird auch die Mitsprache sehr verschiedene Formen und Grade aufweisen.

Unbefriedigend ist auch noch die Tatsache, kritisiert der ÖAAB-Obmann, daß zwar die Einzahlungen in die Beteiligungsgesellschaften steuerbegünstigt sein sollen - und das in hohem Ausmaß —, daß aber der Arbeitnehmer Geld, das er seinem eigenen Betrieb als stiller Teilhaber zur Verfügung stellt, nach wie vor voll versteuern muß.

Wichtig wird auch sein, daß die Banken nicht versuchen, unsichere Kreditnehmer an die Beteiligungsgesellschaften abzuschieben, um das Risiko loszuwerden.

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