Über den Monotheismus im Judentum
Ein absoluter Monotheismus ist das Markenzeichen des Judentums. In zahlreichen Gebeten und theologischen Schriften wird betont, dass es nur einen Gott gibt. (Manchmal drückt dies eine subtile Irritation über den christlichen Dreifaltigkeitsglauben aus.) So lässt die Wochenlesung an diesem Schabbat aufhorchen: Exodus 15,11 kleidet den Lobpreis Gottes in die rhetorische Frage, „Wer ist wie Du unter den …“ – tja, unter wem? Im hebräischen Original steht „elim,“ der Plural von „el“, einem der Gottesnamen, der in Worten wie Isra-el (Streiter mit Gott) oder Immanu-el (Gott mit uns) vorkommt. Darin spiegelt sich das polytheistische Umfeld der Israeliten, die ihren Gott als mächtiger sahen als die Götter konkurrierender Völker, welche ihm dienen sollten. Spätere biblische Texte, etwa Psalm 82 und Jesaja, lehnen diese Vorstellung ab und beharren darauf, dass es immer nur einen wahrhaft göttlichen Gott gab.
Diese historisch-theologischen Variationen werden in den verschiedenen Übersetzungen von Exodus 15,11 erkennbar. Eine jüdische Fassung lautet, „Wer gleicht Dir unter den Götzen, Herr?“ Die „elim“ sind danach falsche Götter. Die katholische Einheitsübersetzung und die Luther-Bibel fragen nach „Göttern“, andere sprechen von „himmlischen Wesen“. Die Vorstellung von einem Gott, der einen himmlischen Hofstaat aus Engeln, Cherubim und Seraphim regiert, zeigt sich auch in der christlichen Theologie und manchem Kirchenlied.
Eine solche Bildwelt gehörte wohl kaum zur ursprünglichen Exodus-Theologie. Doch das Beispiel zeigt, wie sich Theologien verändern, langsam und oft erst im Rückblick erkennbar. Schade, dass wir es wohl nicht mehr erfahren werden, wie sich unsere heutigen Theologien gerade verändern, auch wenn im Judentum das Markenzeichen Monotheismus ein unverrückbares Fundament ist.
Der Autor lehrt jüdische Religions- und Geistesgeschichte an der Universität Potsdam.
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